Verleihung des Herbert Haag Preises 2018

Die Herbert-Haag-Stiftung für Freiheit in der Kirche steht im Dienst eines aufgeschlossenen und ökumenisch gesinnten katholischen Glaubens. Sie richtet Auszeichnungen an Personen und Institutionen aus, die sich in Kirche und Welt durch freie Meinungsäußerung und mutiges Handeln exponiert haben.

Am Sonntag, dem 11. März 2018 fand im Schweizerhof in Luzern die feierliche Preisverleihung an die beiden Preisträger des

Herbert Haag Preises 2018
für schöpferische Freiheit in Bild und Wort statt.

Volker Hesse (geb. 1944 im Hunsrück/ BRD), gilt als Meister der Aktualisierung und Dramatisierung religiöser Geschichten und Mythen auf den Bühnen der Welt. Er ist aktuell am Schauspielhaus in Graz engagiert.

Zitat aus dem Programm des Grazer Schauspielhauses: Regiemeister Volker Hesse („Geächtet“), der bekannt ist für seine Großprojekte, holt mit der Bibelbearbeitung „Das Alte Testament“ das monumentale Werk auf die Bühne von HAUS EINS, die dafür umgebaut wird und eine neue Perspektive auf die alten Texte ermöglicht. (Premiere: 12. 5. 2018). Das „Buch der Bücher“ wird er mit SchauspielerInnen und Laien umsetzen.

„Theaterkunst vermag neu sehen lehren. Eingespielte Vorstellungen und fest gefügte Betrachtungsweisen können im Erlebnis einer Aufführung aufbrechen, sich verändern, neue Verbindungen eingehen.“ (Volker Hesse)

Andreas Knapp (geb. 1958 im badischen Hettingen/BRD) ist Sprach- und Gottsucher. Seine Gedichtbände zählen zur eindrucksvollsten und meistgelesenen spirituellen Poesie unserer Zeit.
Er lebt als Priester und Mitglied der „Kleinen Brüder vom Evangelium“ (im Geist von Charles Foucauld) in einem Plattenbau in Leipzig und arbeitet als Gefängnisseelsorger.

  • das Menschsein beginnt mit der Sprache; sie macht uns heimisch und deutet das Vieldeutige.
  • Sprache ist auch ein Herrschaftsinstrument. Wem gute Worte ver-sagt bleiben, der fühlt sich als Ver-sager.
  • Wenn es um das göttliche Geheimnis geht, zerbrechen alle unsere Formeln und Dogmen. Die Ausdrucksform der Religion muss frei und erfinderisch sein.
  • In einer Sprache, die nur die Begriffe der Physik und Verwaltung kennt, kann das Staunen und das Bewundern des Schönen nicht vorkommen. Religiöse Erfahrung muss diese Monokultur durchbrechen.
  • Die Theologie ist in Gefahr, die Sprache inflationär zu gebrauchen, weil man Gott sprachlich nicht fassen kann. Lyrik ist vieldeutig und darum dem nie fassbaren Gott angemessen.“ (Andreas Knapp)

Als Vertreter von Wir sind Kirche Österreich durfte ich mit meiner Frau an dieser Preisverleihung teilnehmen. Wir waren begeistert sowohl von den einführenden Worten des Präsidenten der Stiftung Dr. Erwin Koller als auch von den Laudatoren, dem ehemaligen Schweizer Präsidenten und Bundesrat Moritz Leuenberger und dem Tübinger Prof. Dr. Karl-Josef Kuschel.
Die Reden sind auf der Homepage www.herberthaag-stiftung.ch nachzulesen.

Meine Frau hat spontan gemeint, das war jetzt ein Hochamt der Sprache.

Am nächsten Tag hat die Herbert-Haag-Stiftung zu einem Vernetzungstreffen der deutschsprachigen Reformbewegungen geladen. Hier wurde von den schweizerischen, deutschen, slowakischen und österreichischen Vertretern über Aktivitäten und Pläne berichtet und es fand ein interessanter Gedankenaustausch statt. Ich habe für mich persönlich mitgenommen:

Gesucht soll ein neues Narrativ der Kirche werden;

ohne tiefgreifende Reform der Theologie (Hermann Häring) werden wir keinen Erfolg haben;

und das Problem der Frauenfrage. Wir wollen, dass Frauen zum Priesteramt zugelassen werden und gleichzeitig aber den Klerikalismus reduzieren.

Männer und Frauen sollten gleichberechtigt als „LaienpriesterInnen“ zur Gemeindeleitung berufen werden.

Dr. Wolfgang Tscherne
WsK Diözesansprecher f. St. Pölten