Ein offener Brief an die Bischöfe

05.11.2011, Hans Chocholka

Der Sprecher der steirischen Priester ohne Amt schrieb einen offenen Brief an die Bischöfe:

Die Pressekonferenz Kardinal Christoph Schönborns nach der Bischofkonferenz zeigt die ganze Unsicherheit der Bischöfe. Auf der einen Seite hängen sie wie kleine Kinder am Rockzipfel Roms, dürfen keine eigene Meinung haben, sonst werden sie abgesetzt wie Bischof Morris, auf der anderen Seite wollen sie es sich mit dem Volk Gottes nicht ganz verscherzen. So stehen sie zwischen zwei Fronten, und so fallen auch die Antworten aus. Sie bieten den Reformern Gespräche an, beileibe keinen Dialog, sondern unverbindliche Gespräche, ad infinitum. Aber Reformen werden dezidiert ausgeschlossen. Wozu dann Gespräche, wenn Reformen ausgeschlossen sind? Ist der Wille Roms die einzige Richtschnur? Wer die Kirchengeschichte kennt weiß, wie oft Rom geirrt hat.

Ähnlich alle anderen Antworten. Dürfen Frauen zu Priestern geweiht werden? Nein, denn Jesus hat nur Männer zu Aposteln ausgewählt. Ein äußerst schwaches und fragwürdiges, rein historisches Argument. Gibt dieses den unveränderlichen Willen Jesu für alle Zeit wieder? Dürfen Priester verheiratet sein? Nein! Wir (wer?) wollen es so! Kein Wort davon, dass die Apostel verheiratet waren. Hier spielt das historische Argument auf einmal keine Rolle mehr. Zwiespältiger geht es nicht mehr.

Doch wer gibt Rom überhaupt das Recht, von den Priestern die Ehelosigkeit zu verlangen. Die Heilige Schrift gibt ihnen dieses Recht nicht. Diese sagt doch, dass z. B. ein Bischof verheiratet sein muss (1 Tim 3). Das Naturrecht gibt ihnen dieses Recht auch nicht, und das Naturrecht ist göttliches Recht. Auch das Menschenrecht gibt ihnen dieses Recht nicht. Jeder Mensch hat das Recht auf Ehe. Auch das Volk Gottes gibt ihnen dieses Recht nicht. Das Volk Gottes will in seiner überwiegenden Mehrheit auch verheiratete Priester, wie alle Studien zeigen. Gott beruft viele zum Priesterdienst, die nicht das Charisma der Ehelosigkeit haben. Müssen wir da nicht Gott gehorchen?

Der Aufruf zum Ungehorsam ist angeblich eine Kampfansage. Apropos Ungehorsam. Hätten die deutschen Generäle zur rechten Zeit Hitler den Gehorsam verweigert, wäre nicht nur Deutschland, sondern der ganzen Welt unendliches Leid erspart geblieben. Auch mit Reformen, die dem Willen Jesu entsprechen, würden wir der Kirche viel Leid ersparen.