Wir müssen pflügen und säen, Gott lässt es wachsen

04.02.2011

„Wir sind Kirche“ begrüßt das Memorandum „Kirche 2011: Ein notwendiger Aufbruch“ und unterstützt die darin genannten Reformvorschläge. Mit den mehr als 160 Universitätsprofessorinnen und -professoren der Theologie die das Memorandum bisher unterzeichnet haben ist „Wir sind Kirche“ solidarisch und dankt ihnen für diese Initiative. Wir freuen uns über das Signal zur Erneuerung.

„Wir sind Kirche“ lädt die Bischöfe ein, dieses Gesprächsangebot aufzugreifen und einen ernstgemeinten und lösungsorientierten Dialog zu beginnen. „Wir sind Kirche“ ruft die Kirchenbürgerinnen und Kirchenbürger auf, die Bischöfe daran zu erinnern, wo immer sie können.

Die Zeit ist über-reif. Seit vielen Jahrzehnten versuchen Kirchenbürgerinnen und Kirchenbürger die Kirche zu erneuern, damit sie heute zeitgemäß im Geist des II. Vatikanischen Konzils endlich ihre Aufgaben im Dienst an den Menschen erbringen kann. Dieses Memorandum ist dabei eine große Hilfe und spricht der großen Mehrheit der Gläubigen aus der Seele.

„Wir sind Kirche“ sieht in dem Memorandum „Kirche 2011: Ein notwendiger Aufbruch“ den Beginn einer neuen Zeit. Es entfaltet die biblische Botschaft und aktualisiert die Forderungen des Kirchenvolks-Begehrens, das vor 16 Jahren von mehr als 505.000 Österreichischen Katholikinnen und Katholiken unterstützt wurde. Das Memorandum atmet den Geist des II. Vatikanums. Die große Mehrheit des Kirchenvolkes ist mit den Vertreterinnen und Vertretern der Theologischen Wissenschaft einmütig verbunden. Jetzt ist die Zeit, den Boden zu pflügen und die Saat zu legen, damit die Zeit der Ernte kommen kann.

Im Memorandum geht es um „tief greifende Reformen“. Damit diese eingeleitet werden können, ist ein „offener Dialog über Macht- und Kommunikationsstrukturen“ wie ihn die UnterzeichnerInnen und „Wir sind Kirche“ seit langem vorschlagen notwendig. Es muss über die „Gestalt des kirchlichen Amtes und die Beteiligung der Gläubigen an der Verantwortung, über Moral und Sexualität“ gesprochen werden, damit nicht die „vielleicht letzte Chance“ vertan wird um Kirche als glaubwürdige Gemeinschaft in der Gesellschaft sichtbar zu machen.

Fast 90.000 Gläubige haben im vergangenen Jahr die Kirche in Österreich verlassen, weil jeder Dialog über Reformen in unserer Kirche von der Kirchenleitung unterbunden, Reformen verhindert und Missbrauchsfälle vertuscht wurden. Gerade im gemeinsamen Gespräch wird die „Freiheit der Menschen als Geschöpfe Gottes“ anerkannt, wie die TheologInnen feststellen. Der „unbedingte Respekt vor jeder menschlichen Person, die Achtung vor der Freiheit des Gewissens, der Einsatz für Recht und Gerechtigkeit“, sowie die Solidarität mit den Armen und Bedrängten, innerhalb und außerhalb unserer Kirche sind Grundpfeiler der Botschaft Jesu.

„Wir sind Kirche“ fordert mit den Theologinnen und Theologen die Kirchenleitung auf, „die Anerkennung von Freiheit, Mündigkeit und Verantwortung der Einzelnen“ endlich in die Tat umzusetzen. Unsere Kirche braucht Strukturen, in denen Laien Verantwortung tragen und in der Folge Entscheidungen treffen können. Die Strukturen sind die Körpersprache der Kirche. Es ist daher höchst an der Zeit, das Subsidiaritätsprinzip nicht nur zu predigen sondern im eigenen „gläsernen Haus“ auch zu leben.

„Wir sind Kirche“ sieht es als vordringlich an, alles zu tun, um die Gemeinden auf ihrem Weg zu Selbständigkeit und Eigenverantwortung mit allen Mitteln zu unterstützen. Deshalb unterstützen wir die Forderung, dass „das kirchliche Amt dem Leben der Gemeinden dienen muss - nicht umgekehrt“. Seit langem erheben wir die Forderung, dass „die Kirche auch verheiratete Priester und Frauen im kirchlichen Amt braucht.“ Die Achtung der Würde und die grundsätzliche Gleichheit aller Menschen sowie die Not der Gemeinden lassen uns diese Forderungen unterstützen.

„Faire Verfahren“ im Kirchenrecht gehören zu den Eckpunkten einer neuen Kirchenverfassung, wie sie „Wir sind Kirche“ gemeinsam mit den anderen Reformgruppen im Juni 2010 vorgestellt haben. „Wir sind Kirche“ begrüßt ausdrücklich die Forderung der TheologInnen, dass „ die Gläubigen ihre Rechte tatsächlich geltend machen können“ müssen.

Im Einklang mit den TheologInnen steht „Wir sind Kirche“ auch in den Forderungen „Gewissenfreiheit“, „Versöhnung“ und „Gottesdienst“. Das Herabwürdigen von Lebensformen wie in „Liebe, Treue und gegenseitige Sorge in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft oder als wiederverheiratete Geschiedene verantwortlich“ lebender gegenüber der Ehe ist nicht weiter vertretbar. Ebenso unterstützt „Wir sind Kirche“ die Forderung der TheologInnen, „die Kirche kann nicht Versöhnung mit Gott predigen, ohne selbst in ihrem eigenen Handeln die Voraussetzung zur Versöhnung mit denen zu schaffen, an denen sie schuldig geworden ist“. Wer heute vernünftig Gottesdienst feiern möchte braucht „Ausdrucksformen der Gegenwart“ um nicht in Kitsch und Lächerlichkeit abzugleiten.

Wir sind Kirche“ erwartet von den Österreichischen Bischöfen ebenfalls eine Unterstützung des Memorandums, weil es um die Menschen geht, um ihre Würde und damit um das Antlitz Gottes.

Für den Vorstand der Plattform „Wir sind Kirche“: Hans Peter Hurka