Kommunion und Abendmahl sind keine „Erfindung“ des Christentums: Im Alten Orient und auch im Palästina der Antike waren religiöse Mahlfeiern gang und gäbe. Das ergibt sich aus dem neuen Themenheft der Zeitschrift „Welt und Umwelt der Bibel“. „Zu Tisch mit den Göttern“, heißt diesmal der Titel, und darunter „Heiliges Mahl“. Das Heft aus dem Katholischen Bibelwerk belegt ausführlich und auf oft überraschende Weise, dass nicht nur Liebe, sondern auch Religion immer schon „durch den Magen“ ging.
Die wie gewohnt fundierten, aber gleichzeitig gut lesbaren Aufsätze führen uns zunächst in einen Orient, in dem die Götterstatuen als Tischgenossen der Menschen angesehen wurden, täglich (wie für zwei babylonische Götter belegt) einen Maststier, einen Ochsen, und 16 Schafe verspeisten – und auch mal ihren Tempel verließen, um zu einem Bankett des (assyrischen) Königs in dessen Residenz überzuwechseln. Das war der Hintergrund, auf dem im alten Israel der Opferkult florierte: Schlacht- und Brandopfer für JHWH, bei denen unter Umständen auch für seine Priester etwas abfiel. Allerdings verblasste (vom identitätsstiftenden Pessachfest einmal abgesehen) der Mahlcharakter im Volk Israel immer mehr; die Tieropfer galten Gott allein, und das gemeinsame Essen mit Gott verlegte eine Vision des Propheten Jesaja in die Endzeit.
Hochinteressant fällt in den Aufsätzen dieses Themenhefts dann der Sprung ins frühe Christentum aus. Ist die Kontinuität zwischen Jesu Abendmahl mit den Aposteln und unserer Messfeier wirklich so bruchlos? Darauf wird hier eine nuancierte Antwort gegeben. Deutlich wird zunächst, dass die ersten Christen „keineswegs die Mahlkultur des antiken Mittelmeerraumes verließen“ und ein erstaunlich breites Spektrum von Mahlfeiern entwickelten (und zwar mit Sattessen!). Dass heute die Messe in der Regel morgens zelebriert wird, scheint auch mit einem römischen Brauch zu tun zu haben, nach dem sich „die Klienten eines Patrons, zum Beispiel eines Senators“, jeden Morgen vor seinem Haus trafen. Dementsprechend holten sich offenbar, so legt Cyprian von Karthago (+258) nahe, Christen in Karthago in der Regel morgens etwas Brot und Wein beim „Vorsteher ihrer Gruppe“ ab.
Das ist nur eine der erstaunlichen Erkenntnisse, die man bei der Lektüre von „Zu Tisch mit den Göttern“ gewinnt. Wie immer: ein sehr bereicherndes Themenheft, auch was die Übersicht über neue Ausgrabungen und Funde im Heiligen Land betrifft.
Zu Tisch mit den Göttern, Heiliges Mahl. Themenheft von „Welt und Umwelt der Bibel“, Verlag Katholisches Bibelwerk Stuttgart, ca. 11 Euro.
(rv 11.02.2017 sk)
http://de.radiovaticana.va/news/2017/02/11/unser_buchtipp_zu_tisch_mit_den_g%C3%B6ttern/1290124