Was haben Kirche und Olympiade gemeinsam?

von Martha Heizer; 9.8.2024
LapinVert/pixabay

„Es ist nicht zu fassen“, dachte ich mir beim Lesen des STANDARD vom 22. Juli 20241 , „da gibt es einen Artikel über Olympia und Olypionik*innen, der sich direkt, nämlich wirklich eins zu eins, auf die Katholische Kirche umlegen lässt.“

Wie das?

Vor 100 Jahren fand schon mal eine Olympiade in Paris statt. Bis dort war es unvorstellbar gewesen, dass daran auch Frauen teilnehmen könnten. Aber zwei Jahre vorher hatte ALICE MILLIAT „Female Olympic Games“ organisiert und 20 000 Frauen waren gekommen. Und plötzlich waren auch bei den „offiziellen“ Spielen 1924 135 Frauen dabei (bei insgesamt 3 089 Teilnehmenden). Die Zahl der teilnehmenden Sportlerinnen stieg seither ständig an. Heuer sind es 5000.

Ein paar Frauen als Teilnehmerinnen zu Beginn mit der Tendenz, die Zahl zu steigern? Lässt das hoffen für Kirchenversammlungen wie Synoden, Konzile, Bischofskonferenzen? Aber bei Olympischen Spielen hat es so furchtbar lange gedauert. Noch 1960 in Rom war der Anteil der Frauen nur ein Zehntel, - aber immerhin.

Interessant auch die Argumente für eine Nicht-Zulassung der Frauen. Pierre de Coubertin, der Gründer der neuzeitlichen Olympischen Spiele, sagte 1912, Frauen dabei zu haben, sei „unpraktisch, uninteressant, unansehnlich und – ich zögere nicht hinzuzufügen: - unschicklich“. Die doppelte Teilnehmerzahl wäre organisatorische Schwerarbeit; es sei unpassend, wenn sich Frauen in der Öffentlichkeit bekämpfen; die Olympiade ist eine Zurschaustellung der weltbesten Athleten – und da gehören Frauen nun mal nicht dazu….

Man findet Argumente für den Ausschluss von Frauen, wann immer man (Mann) sie braucht. Eines der schlimmsten Beispiele stammt aus den 1950er Jahren von einem deutschen Universitätsprofessor, der fand, Frauen stören im Hörsaal wegen ihres Menstruationsgeruches. Auch Kirchenmänner sind durchaus kreativ in der Begründung ihrer Ablehnung von Geschlechtergerechtigkeit. „Die Frau ist das Tor zur Hölle“ (Kirchenväter), „Nichts erniedrigt den Geist eines Mannes mehr als die Liebkosungen einer Frau“ (Augustinus) – oder schlicht: „Jesus war ein Mann“.

1921 veranstaltete ein (männliches) Mitglied des Olympischen Komitees, Sigfrid Edström, einen internationalen Wettbewerb für Frauen. Gut gemeint? Alice Milliat fand das nicht sinnvoll: die sportlichen Leistungen von Frauen ausschließlich von Männern begutachten und kontrollieren zu lassen, war bloß ein Weg für Männer, die Kontrolle zu behalten. Auch hier die Parallele: Frauen für die derzeitige Form des Priesteramtes zu weihen, würde männliche Dominanz nicht ausschalten…

Die Wettbewerbe, die Milliat organisierte, nannte sie demonstrativ Olympische Spiele. „Wenn sie uns schon nicht teilhaben lassen, machen wir sie uns eben selbst.“ Also wenn wir das Gleiche tun, können wir es auch gleich benennen, oder eben nicht? Wie wär‘s also mit einem „Konzil der Frauen“? Einer „Synode der Frauen“? Oder auch einfach: wir feiern Eucharistie? Milliat hat auch gekämpft dafür, dass Frauen anziehen dürfen, was sie selber wollen. Sich bewegen, wie man will, anziehen, was man will – dafür kämpfen Frauen an vielen Orten unserer Erde immer noch.

Der Weg zur weltweiten Geschlechtergerechtigkeit wird noch ein weiter sein. Aber wir sind schon mal unterwegs….auch in der katholischen Kirche.

___________________________________

1 Female Olympians: ‚Improper To Integral’, The New York Times, International weekly, In
Collaboration with DER STANDARD, July 22, 2024, S. 1 & 3.