Nach der Synode 2023 ist vor der Synode 2024

Wir sind Kirche Österreich zum Ende der Synodenversammlung 2023 in Rom am 29. Oktober 2023

Der höchst ambitionierte weltweite Vorbereitungsprozess und die heute beendete knapp vierwöchige Synodenversammlung in Rom haben unsere Kirche schon jetzt verändert, aber der von Papst Franziskus initiierte Reformprozess muss auf allen Ebenen der Kirche weitergehen: Nach der Synode 2023 ist vor der Synode 2024.

Wir haben gesehen: Die Synode lebt. Kontroversen und Spannungen waren angesichts des gegenwärtigen Reformstaus in der Kirche zu erwarten. Aber trotz der immer noch gegebenen Männer- und Klerikerlastigkeit entwickelte sich in den knapp vier Wochen eine zukunftsgerichtete Dynamik, wie sie bisher bei Synoden noch nie beobachtet werden konnte. Die hohen Zustimmungsergebnisse zum Abschlusspapier, das einige gute Ansätze enthält, zeigen dies.

Die Einbeziehung von getauften Männern und Frauen, die keine Bischöfe sind, stellen eine grundlegende Entwicklung von einem starren, hierarchischen System zu einer inklusiven synodalen Kirche dar, auch wenn der Frauenanteil, der etwa ein Siebtel ausmachte, noch viel zu gering ist. Stark unterrepräsentiert war bei der Synode jedoch die Jugend. Hier ist der Synodale Prozess gefordert, Sorge zu tragen, dass junge Christ:innen in Zukunft in angemessenem Maß mitreden und mitentscheiden können.
Nichtsdestotrotz wurde mit der Öffnung der Synode weg von einer reinen Bischofsveranstaltung ein Systemwechsel vollzogen, der nicht mehr rückgängig gemacht werden darf.

Alle drängenden Fragen auf dem Tisch

Auch wenn es noch lange nicht genügend konkrete Beschlüsse gibt, die Synode in Rom war ein wichtiger Lernprozess, für manche eine ungewohnte Herausforderung. Sie ermöglichte intensive Dialoge auf Augenhöhe über alle drängenden Fragen. In diesem Klima des Vertrauens muss die traditionelle Lehre der Kirche zu Fragen der Leitung, der Gleichberechtigung von Frauen, der Einbeziehung von Minderheitengruppen, der Gewaltenteilung und zu anderen Themen theologisch und kirchenrechtlich weiterentwickelt werden. Das wird nicht einfach werden. Schon beim Europäischen Vorbereitungstreffen in Prag hatten sich die Differenzen und Kontroversen gezeigt, die das so harmlos klingende Gesamtthema „Für eine synodale Kirche – Gemeinschaft, Teilhabe und Mission“ zu Tage gefördert hat.

Gemeinsame Aufgabe aller Reformkräfte

Für die Reformkräfte ist die Aufgabe in den kommenden elf Monaten bis zum abschließenden Teil der Synode im Oktober 2024 klar: Den Reformgeist, der in Rom innerhalb und außerhalb der Synodenaula sichtbar wurde, weiter voranbringen; die Chance liegt in einem Transformationsprozess, der alle Ebenen ergreift.

Wie schon bei der Europäischen Synodalversammlung im Februar 2023 in Prag begleitete Wir sind Kirche auch die Weltsynode im Oktober 2023 in Rom aktiv, diesmal gemeinsam mit vielen anderen internationalen Reformgruppen (https://www.we-are-church.org/123/index.php/activities/synod-rome-2023).
„Equality – Gleichberechtigung für alle“ war das Motto der Wir sind Kirche-Mahnwache am Abend des 12. Oktober auf dem Petersplatz und „Human Rights in the Emerging Catholic Church“ das Thema einer von Spirit Unbounded (Bristol) organisierten einwöchigen Konferenz mit über 100 Referent:innen.
Auch bei Veranstaltungen anderer Gruppierungen und Initiativen (Catholic Women’s Council, Women‘s Ordination Conference, DACHS-Bau, etc.) wurden wertvolle Erfahrungen ausgetauscht und Kontakte geknüpft.
Die Zahl der vielfältigen Kirchenreformgruppen aus aller Welt, die während der Synode in Rom sichtbar wurden, ist erstaunlich. Zu hoffen ist, dass ihre Botschaft auch in die Synodenaula hineingehört wurde.

Österreichs Rolle in der Weltkirche

Angesichts der Tatsache, dass es mit dem „Fall Groer“ in Österreich schon viel früher als in anderen Ländern eine öffentliche Diskussion von Missbrauch durch (höchste) kirchliche Würdenträger gab, stellt sich die Frage, warum die österreichischen Bischöfe in Reformfragen immer noch so leise und zurückhaltend sind. Längst wird der deutsche Synodale Weg von Reformkräften aus aller Welt mit Interesse und Hoffnung betrachtet, das Schweigen der Österreichischen Kirchenleitung hingegen mit Unverständnis quittiert.

Die österreichischen Bischöfe – allen voran die Synodenteilnehmer Kardinal Schönborn und Erzbischof Lackner – sind daher gefordert, sich endlich laut und deutlich für notwendige Reformen von Struktur und Lehre einzusetzen und so ihrer Aufgabe zum Wohle der Kirche in Österreich und der ganzen Welt nachzukommen.
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„Diese Synode hat vermutlich etlichen Bischöfen zum ersten Mal klar gemacht, dass es viele Nicht-Kleriker gibt, die ihnen in allen Bereichen ebenbürtig, und in manchen sogar überlegen sind.“ – Dr. Martha Heizer, Vorsitzende Wir sind Kirche – Österreich

„Jetzt Stehenbleiben ist verboten. Dieser Prozess muss mutig fortgeführt werden – auf schöne Worte müssen Taten folgen!“ – Marlies Prinz, Jugendvertreterin Wir sind Kirche – Österreich

„Dass wir mit dieser Synode halbwegs zufrieden sind, zeigt leider auch, wie bescheiden unsere Erwartungen an Rom geworden sind.“ – Dr. Harald Prinz, Sprecher Wir sind Kirche – Oberösterreich
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Pressekontakt:

Dr. Martha Heizer, Vorsitzende Wir sind Kirche – Österreich
martha@heizer.at; +43650/4168500

Marlies Prinz, Jugendvertreterin Wir sind Kirche – Österreich
marlies.prinz15@gmail.com; +43650/5301090