Zwei unrühmliche Jubiläen der katholischen Kirche

Pressemeldung, Linz, Wien, Salzburg, 13. Mai 2024

Am 22. Mai 1994 versuchte Papst Johannes Paul II. mit dem Apostolischen Schreiben „Ordinatio sacerdotalis“ (dt.: „Die priesterliche Weihe“) die Diskussion um die Weihe von Frauen zu katholischen Priesterinnen kraft eines päpstlichen Machtwortes zu beenden. Seit der darin geäußerten Behauptung, „dass die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden“ und der hochproblematischen Ergänzung, „dass sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben“ befindet sich das katholische Lehramt in der Geiselhaft eines Papstes, der zu seiner Zeit meinte, den Weg der Kirche für alle Zukunft im Voraus bestimmen zu können.

Die vergangenen drei Jahrzehnte legen freilich ein beeindruckendes Zeugnis von der Erfolglosigkeit dieser päpstlichen Machtdemonstration ab: Die Forderungen nach der Gleichberechtigung der Frauen in der katholischen Kirche wurden im Lauf der Jahre auf dem ganzen Erdkreis immer lauter und werden mittlerweile sogar im Vatikan intensiv diskutiert. Papst Franziskus fördert die Frauenquote im Vatikan, indem er Frauen immerhin in der dritten oder vierten Reihe gewisse Leitungsaufgaben überträgt. Von einem Ende der Frauendiskriminierung in der katholischen Kirche – wie es auch dem Galaterbrief des Neuen Testaments entspricht (Gal 3,28) - kann freilich erst gesprochen werden, wenn Frauen wirklich zu allen Ämtern der Kirche Zugang erhalten oder aber jene Ämter, die Frauen verwehrt bleiben, im Nebel der Geschichte verschwunden sind. Die immer populärer werdende Rede von einer „priesterlosen Kirche“ scheint in diese zweite Richtung zu deuten.

Dass sich viele Menschen aus dem Kirchenvolk von kirchlichen Denkverboten in ihrem Glaubensleben nicht mehr behindern lassen, zeigt das zweite denkwürdige Jubiläum dieser Tage: Zum 10. Mal jährt sich nun die Exkommunikation von Martha und Gert Heizer, die ohne Beisein eines geweihten Priesters in einem privaten Freundeskreis Eucharistie („heilige Messe“) gefeiert hatten und auf Anfrage des ORF damit in die Öffentlichkeit gegangen waren. Als Resultat eines daraufhin eingeleiteten langwierigen kirchenrechtlichen Verfahrens überbrachte ihnen am 21. Mai 2014 der damalige Bischof von Innsbruck, Manfred Scheuer, die Nachricht ihrer Exkommunikation, wodurch Martha und Gert Heizer kirchenrechtlich betrachtet zwar weiterhin als Mitglieder der katholischen Kirche gelten und ihren Kirchenbeitrag zahlen, aber von der kirchlichen Gemeinschaft ausgeschlossen sein sollen (was immer das bedeuten mag).

Doch auch dieses traurige Jubiläum zeigt der kirchlichen Obrigkeit nur ihre Grenzen auf: Mögen Kirchenrecht und Bischöfe noch so sehr betonen, dass Exkommunizierte von den Sakramenten ausgeschlossen sind, erhält das Ehepaar Heizer in den Gottesdiensten doch nach wie vor ganz selbstverständlich die Kommunion und fühlt sich ebenso selbstverständlich immer noch als Teil der katholischen Kirche, mit der sie sich von jeher verbunden fühlen. Martha Heizer ist sogar nach wie vor hoch engagierte Vorsitzende der Kirchenreformbewegung „Wir sind Kirche, Österreich“ und mahnt in dieser Funktion ohne Unterlass notwendige Reformen in der Kirche ein.

All das zeigt: Was die Kirche heute anstelle von Denkverboten und Maulkorb-Erlässen wirklich braucht, ist eine aufrichtige und ehrliche Gesprächskultur auf der Basis des Evangeliums. Die Frage „Wie wollen wir Kirche sein?“ darf nicht mehr so sehr von kirchengeschichtlich gewachsenen Normen gedacht werden, sondern sie ist in aller Einfachheit und Ehrlichkeit auf der Grundlage der Botschaft Jesu zu klären und ins heutige Leben zu übersetzen. Dazu fordern die Kirchenreformbewegungen die Kirchenleitung auf, ebenso aber auch die Christinnen und Christen an der Basis der Kirche.

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Harald Prinz („Wir sind Kirche“): "'Ordinatio Sacerdotalis' ist ein brutales Foul von Papst Johannes Paul II an jedem seiner Nachfolger, weil in der Frauenfrage seither kein Papst mehr die Freiheit hat, die er bräuchte, um die Kirche gut in die Zukunft führen zu können."

Gidi Außerhofer (Pfarrer-Initiative): "Der 'Aufruf zum Ungehorsam' vor 13 Jahren hat die Thematik bereits zur Diskussion gestellt. Die Bischöfe täten gut daran, sich in ehrliche Gespräche auf Augenhöhe - auch in Rom - zu begeben, damit die Eucharistiefeier in den Gemeinden (als Mitte christlichen Lebens) nicht weiter ausgehöhlt wird."

Herbert Bartl (Priester ohne Amt): "Die Heizers haben auch dann noch
Hauskirche gefeiert, als ihr Vertrauenspriester nicht mehr da war. Die Kirche
müsste angesichts des Priestermangels eigentlich dankbar sein, wenn Gruppen
und Gemeinden ihren Glauben selbständig weiterfeiern."

Harald Niederhuber (Laieninitiative): "Gedenken an vergangene Ereignisse?
Wer tut sich diesen Diskurs heute noch an? Haben wir uns abgefunden oder geht
noch was?"