Vatikan stellt Abschlussbericht der Untersuchung der U.S. Frauenorden vor

Pressekonferenz der Kongregation für das religiöse Leben in Rom

Der folgende Bericht ist dem Newsletter der Organisation "Pink Smoke Tour - Roy Bourgeois: Vom Schweigen zur Solidarität - Initiative für Frauenrechte in der Kirche" vom 16.12.2014 entnommen.

In einer Pressekonferenz stellte der Vatikan heute den abschließenden Bericht einer langjährigen Untersuchung der U.S. Ordensfrauen vor.

Der Bericht liest sich vornehmlich positiv, ja lobt das Leben der Ordensfrauen und ihre Arbeit, aber er enthält auch versteckte, bissige Kritik.

Der Bericht kommt von der Kongregation für das religiöse Leben - nicht von der Glaubenskongregation, die in einem parallelen Vorgang die Dachorganisation LCWR der U.S. Ordensfrauen heftig gemaßregelt hat und eine Reorganisation des Verbandes angeordnet hat.

Die Untersuchung wurde 2008 begonnen und erstreckte sich auf 341 Orden mit 50.000 Mitgliedern. Bisher wurden wenig Informationen zum Stand der Untersuchung veröffentlicht.

Als Grund für die Untersuchung wurden heute die Herausforderungen genannt, denen sich das apostolische Ordensleben in den USA gegenüber sieht. Der Vatikan wollte mehr darüber erfahren, was die Ordensfrauen zur Kirche und zur Gesellschaft beitragen und was die Güte des religiösen Lebens und die Existenz der Orden gefährden könne.

Kardinal Rodé, der die Untersuchung vor 6 Jahren in die Wege leitete, sagte damals, dass es um Unregelmäßigkeiten und Unterlassungen seitens der Frauenorden ginge. Er meinte, dass sich in den Orden eine weltliche Mentalität und vielleicht auch ein gewisser 'feministischer' Geist breit gemacht hätten. Von diesen anfänglichen Anschuldigungen Rodés war heute nicht die Rede.

Der Bericht beklagt die starken Rückgänge in der Anzahl der Ordensfrauen in den USA in den letzten 50 Jahren, stellt jedoch fest, dass die hohe Anzahl der Mitglieder in den 60er Jahren eine kurzzeitiges Phänomen war und untypisch für die kirchliche Geschichte in den USA.

Der Bericht lobt die Schwestern dafür, dass sie die Charismen ihrer Gründer/innen leben und ihre Charismen in den Dienst der Kirche und der Welt stellen. Er nimmt Bezug auf die zunehmende Anzahl von "Laien", die in der Arbeit der Orden zu finden sind, und er fordert die Orden auf, dass der wesenhafte Unterschied zwischen Ordensfrauen, die ein Gelübde abgelegt haben, und "Laien" respektiert und zelebriert wird.

Der Bericht dankt den Ordensfrauen, dass sie neue Arbeitsfelder für ihre Orden erschlossen haben, kritisiert jedoch diejenigen Orden [und dabei handelt es sich um die überwältigende Mehrzahl der Orden in den USA], die sich nach Vatikan II entschlossen, die Ordenstrachten abzulegen.

Viele Kandidatinnen, die sich für das Ordensleben interessieren, möchten von einer Gemeinschaft geformt werden und viele möchten gerne äußerlich als gesegnete Frauen erkennbar sein, so der Bericht. Das sei für diejenigen Orden schwierig, deren Lebenstil diese Aspekte des religiösen Lebens nicht betont. [Geweiht werden im Sinne von "ordiniert" dürfen in der römisch-katholischen Kirche nur Männer. Das Wort "gesegnet" wird hier benutzt, um den Unterschied zu den klerikalen Männerweihen deutlich zu machen. Auf englisch heißt es "ordained" für den männlichen Klerus und "consecrated" für Ordensfrauen.]

In dem Abschnitt "Mit der Kirche beten" bestätigt der Bericht, dass die Orden in ihren Verfassungen Anweisungen für den Empfang der Sakramente [ausschließlich männliche Domäne!] und für eine gesunde spirituelle Praxis aufgenommen haben. Doch der Bericht ruft alle Ordensfrauen auf, die Praxis ihres liturgischen und gemeinschaftlichen Gebets zu prüfen. Sie sollen herausfinden, welche Schritte notwendig sind, um die innige Beziehung zu Christus und eine gesunde gemeinschaftliche Spiritualität auf Basis des sakramentalen Lebens der Kirche und der Heiligen Schrift zu fördern.

Im nächsten Abschnitt "Berufen zu einem auf Christus zentrierten Leben" warnt der Bericht, dass darauf geachtet werden müsse, dass Christus stets der Mittelpunkt der Schöpfung und unseres Glaubens bleibt. Die Orden werden aufgefordert, ihre spirituelle Praxis und ihren Ordensdienst sorgfältig zu prüfen, um die Übereinstimmung mit der katholischen Lehre über Gott, die Schöpfung, die Fleischwerdung und die Erlösung zu gewährleisten.

Der Bericht weist darauf hin, dass eine Anzahl von Ordensfrauen sich mehr Anerkennung und Unterstützung von den Gemeindepfarrern wünscht. Es gäbe fortlaufend Bedarf für einen ehrlichen Dialog mit den Bischöfen und dem Klerus. Manche Ordensfrauen sind der Meinung, dass ihre Mitwirkungsmöglichkeiten bei pastoralen Entscheidungen, die sie betreffen und in denen sie beträchliche Kompetenz und Erfahrung besitzen, nicht ausreichend sind.

Der Bericht drückt die Dankbarkeit des Heiligen Stuhls und der Kirche der Vereinigten Staaten [damit sind die U.S. Bischöfe gemeint] für den engagierten und selbstlosen Dienst der Ordensfrauen in allen wichtigen Bereichen des kirchlichen Lebens und der Gesellschaft aus.

Neben dem hier präsentierten allgemeinen Bericht sollen individuelle Berichte an diejenigen Orden gesandt werden, die im Rahmen der Untersuchung besucht wurden und an solche, aus deren Rückmeldungen an den Vatikan sich Anlass zur Sorge ergeben hat.

Auf der Pressekonferenz anwesend waren Mutter Mary Clare Millea (Leiterin der Untersuchung), Schwester Sharon Holland, Vorsitzende der LCWR [Die in der LCWR assozierten Orden benutzen "Schwester" anstatt "Mutter".], Mutter Agnes Mary Donovan, Vorsitzende des Rates der Generaloberinnen der Frauenorden [Dieser Rat setzt sich aus der kleinen Minderheit der Frauenorden in den USA zusammen, denen die LCWR zu liberal ist.]

Sr. Sharon Holland erklärte, dass das erklärte Ziel der Untersuchung, nämlich die Güte des Ordenslebens zu prüfen, viele Ordensfrauen stark beunruhigt hätte. Viele Frauen hatten das Gefühl, dass ihr ganzes Leben auf den Prüfstand gestellt und als mangelhaft befunden würde.

Sr. Sharon fand jedoch positive Worte für den Abschlussbericht: Der Bericht sei bejahend und wirklichkeitsnah. Er reflektiere die gemeinschaftliche und vielfältige Wirklichkeit. Die Leistungen der Ordensfrauen würden mit Dankbarkeit anerkannt. Der Ton des Berichts sei ermutigend und positiv. Die Herausforderungen würden gesehen, aber der Bericht enthielte keine Schuldzuweisungen oder grob vereinfachende Lösungen. Die Ordensfrauen könnten aus dem Bericht erkennen, dass sie geschätzt werden und dass ihnen für ihre weitere Arbeit Vertrauen entgegengebracht wird.

Übersetzt aus einem Bericht von Joshua McElwee im Global Sisters' Report des National Catholic Reporters, 16.12.2014
http://globalsistersreport.org/visitation-report-takes-mostly-positive-…

Übersetzung: Bernie Aurin. Anmerkungen des Übersetzers in eckigen Klammern. Auch die Anführungszeichen beim Wort "Laien" wurden vom Übersetzer hinzugefügt.

Aufzeichnung der Pressekonferenz:
http://youtu.be/zq0N35X8ckI

Wortlaut des heute veröffentlichten Berichts:
http://www.apostolicvisitation.org/en/index.html