Innerkirchliche Reformansätze: (Frauen, Zölibat, wiederverheiratet Geschiedene, Moral ..)

Das Landeskomitee der Katholiken in Bayern fordert mehr Mitbestimmung in der Kirche: „Entscheidungsfindungen müssen bereits in den Pfarrgemeinden, Seelsorgegemeinschaften und Dekanaten, aber auch in den Diözesen sowie auf den interdiözesanen Ebenen möglichst breit angebahnt werden", fordert das Präsidium. Die Bischöfe und alle Führungskräfte müssten bereit sein, „alle Gläubigen an Planungen, Entscheidungen und Handlungen der Kirche maßgeblich zu beteiligen". Man fordert eine Gewaltenteilung von Gesetzgebung, Ausführung und Rechtsprechung, wie sie auch Teil einer rechtsstaatlichen Demokratie ist. Von der Freisinger Bischofskonferenz anerkannt und mit einem Preis gewürdigt werden sollten – nach Ansicht des Komitees – besonderes Engagement und Teilhabe-Projekte. (dpa v. 2. 8.)

Der oberste Franziskaner in Deutschland, Pater Cornelius Bohl, wirbt für Reformen in der römisch-katholischen Kirche. Auch das Thema einer möglichen Weihe für Frauen spricht er in diesem Kontext an. „Ich kann mir gut vorstellen und wäre dafür, das Priesteramt in Zukunft auch für Frauen zu öffnen", sagte er der Fuldaer Zeitung. Er denke zwar nicht, „dass das so bald passiert", doch müsse darüber weiter nachgedacht werden. „Frauen müssen stärker vorkommen und gleichberechtigt beteiligt werden.“ (kna u. www.katholisch.de v. 3. 8.)

Der Münsteraner Kirchenhistoriker Hubert Wolf wirbt für eine grundlegende Reform der Papstwahlordnung. In einem Beitrag für das Portal katholisch.de fordert er Papst Franziskus auf, eine Regelung für den Fall zu finden, dass ein Papst aufgrund schwerer Krankheit amtsunfähig wird. Wolf schreibt dies auch mit Blick auf die zurückliegende Darmoperation von Papst Franziskus, die ein mögliches langes Koma zu Folge hätte haben können. Zuvor hatte unter anderem der italienische Papsthistoriker Alberto Melloni gefordert, die geltende Konklave-Ordnung Papst Johannes Pauls II. aus dem Jahr 1996 zu überarbeiten. Durch die starke Internationalisierung des Kardinalskollegiums sei die Einigung auf einen neuen Pontifex viel schwieriger geworden, weil die meisten Eminenzen ihre Kollegen kaum persönlich kennen. Das Veto von Kardinalsgruppen könne eine Einigung blockieren. Wolf plädiert dafür, die alte Regelung der Zwei-Drittel-Mehrheit für eine gültige Papstwahl, die ab 1179 gegolten habe, in vollem Umfang wiederherzustellen. (kna u. kath.ch v. 9. 8.)

Der Berliner Erzbischof Heiner Koch will einen Seelsorger für homosexuell fühlende Menschen ernennen. Dies sei wichtig, um Ausgrenzung und Diskriminierung in der Kirche angstfrei ansprechen zu können, betonte er in einem Gespräch mit Vertretern des Lesben- und Schwulenverbands Berlin-Brandenburg (LSVD). Er nehme die Ausgrenzung von homosexuellen Menschen als schmerzhaft wahr. Anlass für das Gespräch waren der Widerspruch und die gleichzeitige Solidarität der römisch-katholischen Kirche mit homosexuellen Menschen auf das „Responsum ad dubium" vom 22. Februar, in dem die Glaubenskongregation die Segnung von homosexuellen Paaren verboten hat. LSVD-Vorstandsmitglied Ulrich Keßler war laut Katholischer Nachrichten-Agentur erfreut zu sehen, „dass die Regenbogenfahne auch von katholischen Kirchtürmen wehte, Internetseiten und Posts in den Sozialen Medien schmückte und viele Kirchengemeinden zu Segnungsgottesdiensten aufgerufen hatten". Erzbischof Koch betonte, er setze sich „vorbehaltlos dafür ein, der Liebe und Beziehung von Menschen den Segen Gottes zuzusprechen". Er wolle die Diskussion auch im Zusammenhang des Reformprozesses „Synodaler Weg“ zur Sprache bringen. (kna u. vn v. 10. 8.)

Der Erzbischof von Lima, Carlos Castillo Mattasoglio, will Laien die Verantwortung für die Leitung von Pfarreien geben. Das erklärte er in einem Video zur geplanten Seelsorgereform in seinem Erzbistum. Mit einem Schmunzeln sagt Castillo, er habe unlängst bei einem längeren Romaufenthalt im Vatikan um Erlaubnis gebeten „für mehrere Dinge, die nicht erlaubt sind“. Dazu gehöre, dass „Familien, Ehepaare, Gruppen von Ehepaaren oder ältere Laien die Leitung von Pfarreien übernehmen“. Nach seiner Vorstellung könnten Laien so etwas wie „Chefs der örtlichen Kirchen“ sein und „ähnlich wie in Europa Gemeinschaften am Laufen halten“: In der französischen Hauptstadt Paris zum Beispiel gebe es viele Pfarreien, deren Leitung und Organisation komplett in der Hand von Laien liege. „Die sorgen für die christliche Gemeinschaft, ohne dass es dort Priester gibt.“ Ihm sei allerdings klar, dass das von ihm vorgeschlagene Modell mit dem derzeitigen Kirchenrecht kaum zu vereinbaren sei. Derzeit muss die Leitung einer Pfarrei in den Händen eines Priesters liegen; Ausnahmen sind nur in Einzelfällen, etwa aufgrund von Priestermangel, erlaubt. Castillo strich heraus, dass die Kirche „hart arbeiten“ müsse, „um näher an den Menschen zu sein“. (www.erzbistum lima u. vn v. 14. 8.)

Der chaldäisch-katholische Patriarch Kardinal Louis Raphael I. Sako hat die Rolle von Laien in der Kirche betont. Der Austausch mit Laien in der chaldäisch-katholischen Kirche sei sehr gut und sehr wichtig. Das sagte er am Ende der Synode der mit Rom unierten Ostkirchen in einem Interview mit Radio Vatikan. Bei der Synode in Bagdad sei über weitere Möglichkeiten einer Beteiligung von Frauen am kulturellen, sozialen und seelsorglichen Leben gesprochen worden. Die Bischöfe hätten auch einige Gemeinden besucht. „Synodalität liegt in der Natur der Kirche“, so Sako. (kap u. vn v. 18. 8.)

Gehe man vom biblischen Zeugnis aus, seien Einheit und Vielfalt kein Widerspruch, meint der Neutestamentler Ansgar Wucherpfennig von der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt/M. In seinem neuen Buch „Wie hat Jesus Eucharistie gewollt?" kommt er zu dem Schluss: Die Kirche sollte andere Eucharistietraditionen freimütiger anerkennen. Auszüge aus einem Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur: „Aber eins kann ich auf jeden Fall sagen: Er [Jesus Christus] wollte sie [die Eucharistie] nicht in der Einheitlichkeit ihrer heutigen Form. Überhaupt ist die Form, glaube ich, nicht das Entscheidende, sondern der inhaltliche Fokus auf die Auferstehung. Denn als Auferstandener ist Jesus den ersten Christinnen und Christen beim Mahl begegnet. Insofern war die Eucharistie von Anfang an eine Dankfeier für die Auferstehung und als solche offen für Entwicklungen und verschiedene Situationen, in denen die Mächte des Todes erfahren wurden. […] Ihr Ursprungsimpuls geht auf den irdischen Jesus und auf sein Mahlhalten zurück, das in dem Abschiedsmahl mit seinen Jüngern kulminiert. Aber ihre bleibende Bedeutung erhält die Eucharistie durch die erfahrene Gegenwart des Auferstandenen. […] Für mich waren zwei Entdeckungen wichtig: Die eine ist, dass die Eucharistie von Anfang an mit Essen und Trinken zu tun hatte, und damit nicht nur ein ritualisiertes Mahl gewesen ist, sondern ein wirkliches Mahl, bei dem gegessen und getrunken wurde. Die gesellschaftlichen Differenzen sollten überwunden werden, alle sollten satt werden. Damit zusammen hängt ein anderer Punkt, nämlich dass mit der Eucharistie auch ein Bezug zur Schöpfung und ihrer Bewahrung gegeben ist. […Die Eucharistie war] eine Mahlfeier, die ihre Gestaltung jüdischen und hellenistischen Traditionen verdankt. Das erklärt, warum die Eucharistiefeier sehr früh überaus vielfältig gefeiert wurde, schon bald nach Jesu Tod. […] Am wissenschaftlichen Befund kommt auch eine katholische Dogmatik nicht vorbei: […] Die Eucharistie ist eine Dankfeier für die Gemeinschaft mit dem auferstandenen und gegenwärtigen Christus. Heute kann die Vielfalt im byzantinischen, altorientalischen, katholischen und im protestantischen Gottesdienst dazu einladen, auch in den jeweils anderen Mahlsakramenten Elemente des authentisch Christlichen zu finden. Das gelingt, wenn man Vielfalt als Reichtum schätzt und Einheit nicht mit Uniformität verwechselt. […] Das Amt eines Liturgen gab es damals nicht. Die Verkündigung gehört aufgewertet. Der eigentliche Gastgeber des Mahls ist ohnehin der Auferstandene. […] In der Frage der Form gibt es keine eindeutige Antwort. Wir wissen aus dem Neuen Testament, dass Jesus gerne Mahl gefeiert hat und das Mahl auch als Zeichen seiner Hingabe gedeutet hat. Er hat dazu aber niemandem Vorgaben diktiert. […] Ich glaube, dass es für die Einheit der Christen ein wichtiges Moment wäre, wenn wir gemeinsam das Mahl feiern könnten. Das würde uns auch in den politisch und ökologisch bedrängenden Situationen, die eben immer schon in der Eucharistie mitangeklungen sind, eine größere Überzeugungskraft geben. Wenn das Mahl als Verbindendes und nicht als Trennendes wahrgenommen würde, hätte der gesellschaftliche Einsatz der Konfessionen weltweit ein viel größeres Gewicht. […] Der Punkt ist ja, dass die Vielfalt der eucharistischen Formen in den ersten beiden Jahrhunderten grundgelegt ist. Die frühkirchlichen Zeugnisse geben uns eine Vielzahl der Überzeugungen vor, die mit diesem Mahl verbunden waren. […] Und deshalb plädiere ich – oder auch der Ökumenische Arbeitskreis in seinem Papier – dafür, dass diese Vielfalt auch heute Anerkennung finden müsste. Die sichtbare Einheit der Kirche ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt vielleicht theologisch noch nicht erreichbar. Aber sie ist so weit hergestellt, dass ein gemeinsames Feiern im Sinne einer eucharistischen Gastfreundschaft meiner Meinung nach möglich ist. […] Die biblische Vorstellung von Einheit ist eben von Anfang an eine, die nicht Uniformität bedeutet, sondern Pluralität ermöglicht. Ich denke, das hängt mit den jüdischen Wurzeln in der Bibel zusammen. Denn auch im Talmud oder in anderen jüdischen Quellen ist es oft so, dass die verschiedenen Lehrmeinungen nebeneinander wiedergegeben werden, ohne dass eine Einigung gesucht wurde. Das ist eigentlich ein späteres, vor allem westlich geprägtes Denken.“ Und zur Frauenordination meint Wucherpfennig: „Es ist gut möglich, dass in den Bibeltexten Frauen wesentlich präsenter sind, als sich das viele für gewöhnlich vorstellen. Wenn sich diese Wahrnehmung ändert, kann ich mir vorstellen, dass sich auch die Bereitschaft ändert, amtstheologische Fragen anders zu denken. […] Ich möchte mit diesen Stellen deutlich machen, dass die Kirche nach meinem Eindruck die biblisch gestützte Freiheit hat, in der Amtsfrage eine neue Praxis zu entwickeln.“ Und zur Ökumene meint er: „Ich wünsche mir, dass es ökumenisch weitergeht – und zwar vor allem mit der evangelischen Kirche. Und dass die katholische Kirche sich freut über die Tradition, in der sie steht, und aus dieser Freude die Angst überwindet, ihr theologisches Profil zu verlieren, wenn sie sich auf mehr Pluralität einlässt. (kn a v. 23. 8. u. katholisch.de v. 25. 8.)

Papst Franziskus hat die italienische Ordensfrau Alessandra Smerilli zur Sekretärin des Dikasteriums für den Dienst der ganzheitlichen Entwicklung des Menschen und zur Delegierten der Vatikanischen Kommission Covid-19 ernannt. Sr. Smerilli ist seit März 2021 Untersekretärin des Dikasteriums und Koordinatorin der Taskforce für Wirtschaftsfragen der Vatikanischen Kommission Covid-19. „Ich bin dem Heiligen Vater dankbar“, sagt sie, „für die anspruchsvolle Aufgabe, zu der er mich berufen hat“ Sie sei sicher, dass sie „auf den Geist der Gemeinschaft und der Zusammenarbeit des gesamten Dikasteriums sowie der vielen internationalen Partner, die mit der Covid-Kommission zusammenarbeiten, für die ganzheitliche Förderung der Person und die Bewahrung der Schöpfung zählen kann.“ (vn v. 26. 8.; Die Presse v. 27. 8.)