Innerkirchliche Reformansätze (Frauen, Zölibat, wiederverheiratet Geschiedene, Moral ..) sowie zum weltweiten „Synodalen Prozess“

Der Leiter der vatikanischen Glaubensbehörde, Kardinal Victor Fernandez heißt Transpersonen in der römisch-katholischen Kirche willkommen. Das gelte auch für Menschen, die Entscheidungen träfen, die nicht mit der römisch-katholischen Lehre übereinstimmten. Dies sagte er auf einer Pressekonferenz zur Vorstellung des neuen lehramtlichen Dokuments „Dignitas infinita" (Unendliche Würde) im Vatikan. Auch wenn die Kirche Geschlechtsumwandlungen ablehne, gelte die Ablehnung nicht für die Menschen selbst. Zum Thema Homosexualität betonte Glaubenspräfekt Fernandez, die Kirche sei für deren Entkriminalisierung. Mit der Verfolgung Betroffener - in manchen Ländern sogar durch Gesetze - sei die Kirche „natürlich nicht einverstanden" und er sei „entsetzt über jene Katholiken, die Gesetze gegen Homosexuelle absegnen". Die Diskriminierung eines Menschen nur aufgrund seiner sexuellen Diskriminierung stehe im Widerspruch zur Menschenwürde, welche die Kirche „über alle Umstände hinaus" verteidige. Papst Franziskus stehe dafür, „dass wir alle willkommen heißen müssen, auch wenn sie in den Fragen der Sexualität und der Ehe anders denken". Ähnlich äußerte er sich zum Thema Leihmutterschaft. Nicht das Kind, das aus einer solchen Transaktion geboren werde, sei abzulehnen, vielmehr müssten sich die Menschen mit Elternwunsch fragen, ob sie ihre Wünsche über die menschliche Würde des zu erzeugenden Kindes – das letztlich eine Art Vertragsgegenstand darstelle - stellen könnten. Die im Dezember veröffentlichte Erklärung „Fiducia supplicans“ verteidigt er: So sei das Dokument, mit dem sich der Vatikan unter bestimmten Bedingungen gegenüber einer Segnung homosexueller Paare öffnet, laut einer unveröffentlichten Studie bereits Milliarden Mal im Internet aufgerufen worden. 75 Prozent, der unter 30-jährigen befragten Italiener seien mit den Inhalten der Erklärung einverstanden, erläuterte er. Dem Papst sei es wichtig, den Segensbegriff auszuweiten. (vn u. kap v. 8. 4.)

Ohne Ankündigung hat Papst Franziskus etwas rückgängig gemacht, was sein Vorgänger Benedikt XVI. (2005-2013) in seinem Pontifikat geändert hatte. Neuerdings führt der Papst wieder den historischen Titel „Patriarch des Westens" („Patriarca dell' Occidente"; auch: „Patriarch des Abendlandes"). Diesen Titel hatte Benedikt XVI. im ersten Jahr seines Pontifikats aus der Liste der Papst-Titel streichen lassen und damit Irritationen bei den Kirchen des Ostens ausgelöst. Mit dem Titel „Patriarch des Westens" stellt sich der Papst im ökumenischen Dialog auf eine Ebene mit dem Patriarchen von Konstantinopel und weiteren Patriarchen, die den Papst nicht als ihr Oberhaupt anerkennen. Die Kirche der ersten fünf Jahrhunderte kannte seit dem Konzil von Chalcedon 451 eine Rangfolge der fünf wichtigsten Patriarchate: Rom, Konstantinopel, Alexandrien, Antiochien und Jerusalem. Der byzantinische Mönch und Kirchenlehrer Theodor Studites (759-826) sprach von der „fünfhäuptigen Macht der Kirche" (griech. „Pentarchie"). Gemeint war damit eine Leitungsgewalt der fünf Patriarchen in gemeinsamer Verantwortung in der Nachfolge der Apostel. Sie wurden als die wichtigsten Einheitszentren der einen Kirche verstanden. Alle anderen Teilkirchen, so das Idealbild, mussten mit diesen fünf im Glauben verbunden sein. Jedes Patriarchat der Pentarchie hatte sein je eigenes Territorium mit den ihm unterstellten Metropoliten, Bischöfen und Gläubigen zu leiten. Ein Übergriff eines Patriarchen in den Zuständigkeitsbereich des Kollegen war untersagt. Wenn Fragen zur Entscheidung anstanden, trafen sich die Bischöfe auf dem vom byzantinischen Kaiser einberufenen Ökumenischen Konzil. Rom mit den Apostelgräbern von Petrus und Paulus kam der Ehrenvorrang eines „Primus inter pares" zu (Erster unter Gleichen). Der Patriarch von Konstantinopel, Nachfolger des Apostels Andreas, nahm den zweiten Rang ein. Bis heute ist er Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie. Der dritte Rang der Pentarchie kam Alexandria zu, dessen Patriarchen sich auf das Martyrium des Evangelisten Markus berufen. Allerdings gibt es heute in der antiken Residenzstadt Markus-Nachfolger verschiedener christlicher Konfessionen: Tawadros II. ist koptischer Papst von Alexandrien und ganz Afrika. Theodoros II ist seit 2004 Patriarch der griechisch-orthodoxen Kirche von Alexandrien. Rang vier und fünf haben Antiochien und Jerusalem. Nach dem Ausscheiden Roms aus der Pentarchie und dem Untergang des Byzantinischen Reiches (1453) wurde Moskau 1589 zum Patriarchat erhoben und von der Synode der vier verbliebenen Pentarchen 1593 in Istanbul neu an die fünfte Stelle gereiht. Moskau versteht sich als das „Dritte Rom". Daher beäugt es die Rolle des Ehrenprimats von Konstantinopel sehr argwöhnisch. Es liegt im Bereich der Spekulation, dass Franziskus mit dieser Geste auch Bartholomaios I. den Rücken gegenüber dem russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. stärken will: Indem Rom das Fünfeck der Alten Patriarchen wiederherstellt, wird die Position Moskaus theologisch geschwächt. Sichtbar vollzogen wurde die Veränderung im sogenannten Päpstlichen Jahrbuch für das Jahr 2024. Weitere Titel sind laut dem Jahrbuch: „Stellvertreter Jesu Christi, Nachfolger des Fürsten der Apostel, Pontifex maximus der universalen Kirche, Primas von Italien, Erzbischof und Metropolit der Provinz Rom, Souverän des Staates der Vatikanstadt, Diener der Diener Gottes". Auf der Seite davor steht der Papst mit dem Titel: „Franziskus, Bischof von Rom". (kna v. 10. 4.)

Die römisch-katholische Kirche in der Schweiz ruft ein neues synodales Gremium ins Leben: 30 Personen aus unterschiedlichen Regionen und Bereichen sollen der „Synodalitätskommission“ angehören. So will die Kirche in der Schweiz die Synodalität „als kirchlichen Stil für Entscheidungsprozesse“ fördern. Das teilten die Schweizer Bischofskonferenz (SBK) und die Römisch-Katholische Zentralkonferenz der Schweiz (RKZ), der Dachverband der Kantonalkirchen, in einem Communiqué mit: „Der spirituelle Ansatz besteht darin, das Hören auf den Heiligen Geist zu verbinden mit dem Hören auf die Stimme der Menschen“. SBK und RKZ gewährleisten gemeinsam die Rahmenbedingungen für die Erprobungsphase von 5 Jahren. Die 30 Personen sollen sie die verschiedenen Sprachregionen, Jugend- und Erwachsenenorganisationen vertreten oder einen Bezug zur Migration haben. Auch Vertreterinnen und Vertreter der Theologie und Liturgie sowie aus verschiedenen Bereichen der Seelsorge werden der Kommission angehören. Hauptaufgabe sei es, den synodalen Prozess auf der nationalen Ebene zu gestalten. Unter anderem soll sie auch geeignete Formen der synodalen Beratung und Entscheidungsfindung entwickeln und erproben. (kath.ch v. 11. 4.)

Der römisch-katholische Moraltheologe Martin Lintner von der Philosophisch-Theologischen Hochschule Brixen wurde von Rom als neuer Dekan der Hochschule bewilligt. Vor einem halben Jahr war er noch abgelehnt worden. Doch dann kam mit Kardinal Victor Fernandez ein neuer Glaubenspräfekt nach Rom. Und dann gab es die Zustimmung. Prof. Lintner sieht seine Ernennung zum Dekan als ermutigendes Signal für andere. In der „Zeit"-Beilage „Christ und Welt" hoffe er, es könne auch anderen Theologen und Theologinnen helfen, „Befürchtungen abzubauen, sich durch Publikationen von vornherein kirchliche Karrieren zu verbauen". Er werde auch als Dekan darum bemüht sein, „Positionen weiterhin sachlich zu vertreten, ohne mich einschüchtern zu lassen. […] Theologische Forschung muss begründet und darf nicht antikirchlich angehaucht sein [...] Bei aller kritischen Auseinandersetzung mit der kirchlichen Lehre stelle ich sie nicht grundsätzlich und pauschal infrage, sondern versuche, sie zustimmungsfähig darzustellen und dann meine eigene Position als solche kenntlich zu machen." Auch in der Theologie zähle „die Kraft der Argumente". Mit dem neuen Präfekt sei ein „neuer Stil" im Bildungsdikasterium zu sehen. Dass aus einem vatikanischen Nein ein Ja zu einer Personalentscheidung wurde, sei „in dieser Form tatsächlich ein Präzedenzfall". Der in den Zustimmungsprozess involvierte Chefdogmatiker des Papstes, Kardinal Victor Fernandez, musste vor seiner eigenen Ernennung zum Rektor der Katholischen Universität in Buenos Aires (2011-2019) ebenfalls innerkirchliche Widerstände überwinden. (domradio.de v. 11. 4.)

Die südafrikanische Theologin Nontando Margaret Hadebe fordert, dass die Lehre der katholischen Familienplanung geändert wird: Frau Hadebe in der März-Ausgabe der Herder Korrespondenz: „Die Lehre der Kirche zur Familienplanung muss geändert werden. Die sogenannte ‚natürliche’ Familienplanung führt dazu, dass manche Frauen innerhalb von vier Jahren vier oder sogar fünf Kinder zur Welt bringen. Diejenigen, die effektive Wege der Geburtenkontrolle wählen, fühlen sich schuldig. [] Geschlechtsspezifische Gewalt muss in Predigten und kirchlichen Institutionen viel stärker thematisiert und angeprangert werden. Die LGBTQ-Gemeinschaft muss vollwertig und gleichberechtigt am Leben und Dienst der Kirche teilhaben dürfen. Dazu zählt auch die Segnung ihrer Partnerschaften. Starre und überholte Auffassungen über die tatsächliche Komplexität der menschlichen Sexualität müssen infrage gestellt werden. [] Die Exkommunikation der Priesterinnen, die contra legem in der weltweiten Vereinigung ‘Roman Catholic Women Priests’ (RCWP) geweiht wurden, muss aufgehoben werden. Die Theologin aus Südafrika ist internationale Koordinatorin von Side by Side, die sich für Geschlechtergerechtigkeit einsetzt. (kath.ch v. 15. 4.)