Homosexualität nicht Sünde, sondern Menschenrecht

25.03.2012, Hans Peter Hurka

Gelebte Homosexualität ist kein Hindernis zur Annahme von Ämtern in der Kirche. Weder für einen Pfarrgemeinderat noch für einen Papst. Die Humanwissenschaften, deren unbestrittene Ergebnisse endlich auch die Kirche zur Kenntnis nehmen sollte, sehen mit großer Mehrheit heute – im Unterschied zu vergangenen Jahrhunderten und Jahrtausenden – die Homosexualität als Anlage. Sie wird vorgefunden und ist in aller Regel nicht anerzogen. Damit ist sie in der Natur als eine der möglichen Spielformen seit Jahrtausenden grundgelegt. Als Variante der Natur, wie sie auch von den Naturwissenschaften gesehen wird, muss sie daher als Teil der Schöpfung auch theologisch als von Gott gewollt anerkannt werden.

Das stellte die 18. ordentliche Vollversammlung der Plattform „Wir sind Kirche“ am 24. März 2012 in der St. Pöltner Pfarre Stattersdorf einstimmig fest. Die angeborene und gelebte Homosexualität kann aus Sicht einer zeitgemäßen Moraltheologie nicht verurteilt werden. Schon gar nicht, wenn sie geordnet in einer Partnerschaft in gegenseitigem Respekt, mit Solidarität und Verantwortung sowie – wie bei einem Stützenhofener Pfarrgemeinderat – mit hohem und breit anerkannten sozialem Feingefühl und Engagement integriert ist und gelebt wird.

Die Vollversammlung der Plattform „Wir sind Kirche“ sieht in der Ablehnung schwuler oder lesbischer Personen für Dienste in der Kirche eine eklatante Diskriminierung, wie sie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte regelmäßig in Entscheidungen verurteilt. Dagegen die Kirchenordnung zu stellen und zu behaupten, im Rahmen der Religionsfreiheit könne die Kirche ihre Ordnung ohne Eingriff von außen nach eigenen Prinzipien regeln, geht ins Leere, weil hier ein klarer Grundrechtskonflikt vorläge.

In jedem Fall zeigt sich hier der Mangel, dass die Kirchenleitung bisher die Menschenrechte zwar von anderen einfordert, sie aber in ihrem Innenbereich nicht gelten lässt. Der Verdacht nach willkürlicher Interpretation eigener Rechte und Spielregeln wird dadurch genährt. Es ist daher höchste Zeit, dass die Kirchenleitung die Voraussetzungen schafft, eine der Menschenrechtserklärungen völkerrechtsverbindlich zu unterzeichnen. Sie könnte auch im Rahmen einer Selbstverpflichtung öffentlich erklären, dass sie sich selbst daran gebunden sieht und Einwände dagegen bei ordentlichen Gerichten entschieden werden sollen. Im Europäischen Bereich wäre dies der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg.

Weiters stellte die Vollversammlung der Plattform „Wir sind Kirche“ fest, die Aufhebung der Pfarrgemeinderatswahl in Stützenhofen aus formalen Fehlern wie Fristversäumnis bei der Fixierung der Kandidatinnen und Kandidaten oder keine Wahlmöglichkeit, weil nur so viele Kandidaten zur Wahl standen als Sitze im Pfarrgemeinderat zu vergeben waren, würde einen Missbrauch dieser Rechte darstellen. Hier würde ein Formalgrund nur vorgeschoben um andere Zwecke erreichen zu wollen. Nämlich den in einer Partnerschaft lebenden und mit überwältigendem Vertrauen gewählten, schwulen Pfarrgemeinderat seines Sitzes im Pfarrparlament zu berauben.

Eine solche Vorgangsweise lässt keine Wahrhaftigkeit erkennen und würde die Frage aufwerfen, ob aus ähnlichen Gründen nicht in sehr vielen Pfarren die Wahl als ungültig anzusehen wäre.

„Wir laden zu einem Netzwerk der Solidarität ein, damit wir auch innerhalb der Kirche endlich den Menschenrechten und damit der Würde der Person sowie demokratischen Spielregeln jenen Platz einräumen, der ihnen im Rahmen eines wertschätzenden, geordneten und friedvollen Zusammenlebens zukommt“, sagt der Vorsitzende der Plattform „Wir sind Kirche“, Hans Peter Hurka.

Für die Plattform „Wir sind Kirche“: Hans Peter Hurka