04.04.2011, Hans Peter Hurka
Der Herbert-Haag-Preis für Freiheit in der Kirche geht 2011 an Walter Kirchschläger und an die „Verborgene Kirche“ Tschechiens und der Slowakei. Für die „Verborgene Kirche“ nahmen den Preis der Untergrundbischof Dušan Špiner und die Priesterin und Generalvikarin von Bischof Felix Maria Davídek, Ludmila Javorová, entgegen.
Am vergangenen Samstag wurden in der Donaucity-Kirche in Wien die diesjährigen Preisträger der Herbert-Haag-Stiftung durch den Stiftungsrat unter Leitung seines Präsidenten, dem Tübinger Konzils-Theologen, Dr. Hans Küng, geehrt. Neben dem Luzerner Bibelwissenschafter Walter Kirchschläger wurde in diesem Jahr der Preis an die „Verborgene Kirche“ und den 1988 verstorbenen Bischof Felix Maria Davídek vergeben.
Von Papst Paul VI. beauftragt und bevollmächtigt, hatte Davidek in der Diktatur des Kommunismus im Untergrund das kirchliche Leben aufrecht erhalten. Er organisierte eine zeitgemäße religiöse Bildung. Um im Untergrund das kirchliche leben aufrecht zu erhalten war es nötig, auch verheiratete Männer als Priester und Bischöfe zu ordinieren. Nach dem Ergebnis einer Pastoralsynode 1970 weihte Davidek auch Frauen, weil es die pastorale Not erforderlich machte, nachdem in Frauengefängnissen keine andere Seelsorge möglich war. Seine wichtigste Mitarbeiterin, Ludmila Javorová, wurde von ihm 1970 zur Priesterin geweiht und konnte nun in ihrem 80. Lebensjahr zusammen mit dem ebenfalls von Davidek geweihten Untergrund-Bischof Dušan Špiner den Preis entgegennehmen.
Der Bonner Dogmatikprofessor Dr. Hans Jorissen zeigte in einer Festrede, wie unfair Davidek durch Vertreter der offiziellen Kirche beurteilt wurde. Verleumdung und pseudo-wissenschaftliche Gutachten wurden von Kirchenvertretern aufgeboten um Märtyrer des kommunistischen Regimes bis heute zu ächten und zu unterdrücken.
Spätestens in der Danksagung von Ludmila Javorová in der voll besetzten Donaucity-Kirche in Wien ist allen der mehr als 350 anwesenden Gästen deutlich geworden, wie sehr die Amtskirche durch die Nicht-Anerkennung der Weihen Schuld auf sich geladen hatte und Frauen welch unverzichtbaren Dienst Frauen in der Verkündigung leisten. Javorová sagte, „die Auserwählung durch Gott ist nicht abhängig von einer Preisverleihung durch Menschen“ und weiter, „häufig ist der Blick der von Gott Auserwählten weit in die Zukunft gerichtet“. „Wir fassen die Auszeichnung als Ausdruck der göttlichen Vorsehung auf. Sie ist für uns eine große Stärkung des Glaubens und eine Ermunterung. Möge sie deshalb zur Verherrlichung Gottes dienen“ schloss sie ihre Dankesworte.
Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs hatte die Amtskirche die in der Verborgenen Kirche geweihten verheirateten Männer und Frauen gezwungen, entgegen ihrer Berufungen ihre Ämter aufzugeben. „Es ist an der Zeit, dass diese Falschbewertung und die unwürdige Behandlung der Menschen aus der Untergrundkirche durch die Amtskirche beendet wird,“ war das Fazit von Sigrid Grabmeier vom Bundesteam der Deutschen KirchenVolksBewegung „Wir sind Kirche“. „Wir fordern die Bischöfe und den Vatikan auf, diese Geschehnisse zu studieren und darin das Wirken der Geistkraft zu erkennen!“, sagte Grabmeier.
„Im Unterschied zu Heiligen wie Kaiser Karl oder künftig Papst Johannes Paul II. sind Menschen, die wegen ihres Glaubens und ihres sozialen Engagements Verfolgungen auf sich genommen haben und danach nicht bedankt und gewürdigt sondern verleumdet und benachteiligt wurden, die wahren Heiligen unserer Tage“, sagte Hans Peter Hurka. „Ihre Lebensgeschichten ringen uns Achtung und Würdigung ab“, meinte der Vorsitzende der Plattform „Wir sind Kirche“, die in der Vorbereitung der Veranstaltung in Wien mitwirkte.
Walter Kirchschläger erinnerte in einer sehr persönlich gehaltenen Rede an die Freiheit zu der alle Menschen berufen sind und an die Pflicht der ChristInnen, die Zeichen der Zeit im Lichte der Botschaft Jesu zu deuten. In seiner Laudatio berichtete Helmut Schüller von Begegnungen, in denen er den heutigen Preisträger schon als Sekretär von Kardinal König wohltuend bestärkend erlebt habe, was sich in seiner wissenschaftlichen Arbeit weiterhin zeigt. Kirchschläger danke in bewegenden Worten Hans Küng und dem Stiftungsrat für die Preisverleihung und seiner Frau Heidi, sowie seinen Kindern und der ganzen Familie für ihren Anteil daran. Sie haben es ermöglicht, dass er seine Forschungen durchführen und seine Publikationen und Vorträge ausführen konnte.
„Wir sind Kirche“ erinnert anlässlich der Preisverleihung an die Priesterin Ludmila Javorová an ihre Forderung nach “Voller Gleichberechtigung der Frauen“ in der Kirche. Diese bedeutet insbesondere Mitsprache und Mitentscheidung in allen kirchlichen Gremien, die Öffnung des ständigen Diakonats für Frauen und an den Zugang der Frauen zum Priesteramt. Die Ausschließung der Frauen von kirchlichen Ämtern ist biblisch nicht begründbar. Auf den Reichtum an Fähigkeiten und Lebenserfahrungen von Frauen kann die Kirche nicht länger verzichten.
Für den Vorstand der Plattform „Wir sind Kirche“: Hans Peter Hurka
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