Feber 2020
Sehr geehrte Mitglieder der österreichischen Bischofskonferenz!
In den verschiedensten Diözesen Österreichs finden gegenwärtig Struktur- und Erneuerungsprozesse statt, um die Kirche für die Herausforderungen der Zukunft handlungsfähig zu machen.
Aus Vorsicht gegenüber Rom und der Weltkirche wird dabei jedoch die dringend not-wendige Öffnung der Zulassungsbedingungen zu den Weiheämtern nirgends ehrlich und ergebnisoffen thematisiert, was
immer mehr zur Aushöhlung der sakramentalen Struktur der Kirche führt, die zentrale Stellung der Eucharistie im Herzen der Kirche gefährdet und letztlich die Entwicklung zu einer priesterlosen Kirche provoziert.
Angesichts des jetzt schon akuten Priestermangels, der sich Monat für Monat verschärft, weil Priester an ihre persönlichen Grenzen kommen, krank werden oder sterben, nehmen das Unverständnis, die
Empörung und Resignation vieler Frauen und Männer über die Reformverweigerung der Kirchenleitung ständig zu. Ersichtlich ist dies an vielen Kirchenaustritten, dem StudentInnenschwund an den theologischen Fakultäten und der wachsenden Entfremdung vieler engagierter Frauen und Männer von ihrer Kirche.
Papst Franziskus hat von den Bischöfen wiederholt mutige Vorschläge zur Ämterfrage erbeten; die Amazoniensynode hat offen von der Notwendigkeit der Öffnung des Amtes für Frauen gesprochen und für die Weihe von verheirateten Personen plädiert. Im Angesicht all dieser Entwicklungen ist es dringend geboten, eine Regionalisierung der Zugänge zur Ämterfrage anzustreben und Vorschläge zu erarbeiten, wie dies zum Wohl der Kirche und ihrer Gläubigen geschehen kann.
Wir fordern Sie daher auf, zeitnah (2020) zu einer Sonderbischofskonferenz zur Frage der Öffnung der kirchlichen Ämter zusammenzukommen oder aber eine bereits geplante Konferenz um wenigstens einen Tag, der diesem Inhalt gewidmet wird, zu verlängern. Wir erwarten uns, dass die bischöfliche Versammlung Vorschläge an den Papst erarbeitet, wie diese Öffnung geschehen kann, und erste konkrete Schritte in Österreich zur Diskussion stellt.
Unsere Forderung entspringt der Sorge um die Kirche, deren Zukunft uns am Herzen liegt, die wir aber schon gegenwärtig schwer gefährdet sehen. Als Hirten der Kirche stehen unsere Bischöfe in der Verantwortung, nicht länger nur nach Rom zu schauen, sondern bestmögliche Rahmenbedingungen für die Seelsorge im Hier und Jetzt zu schaffen. Diesen Auftrag nicht zu sehen würde bedeuten, mitverantwortlich zu werden an einer Ausdünnung der Sakramente und der Entwicklung zu einer zunehmend priesterlosen Kirche und mit allen Konsequenzen, die daraus erwachsen würden.
In der Hoffnung, dass unser Anliegen auf fruchtbaren Boden fällt:
Martha Heizer Helmut Schüller Herbert Bartl Ewald Benes
REFORMBEWEGUNGEN WOLLEN NICHT MEHR WARTEN
Öffnung der kirchlichen Ämter gefordert
Pressemitteilung am 26. Juni 2020
Im Vorfeld der Österreichischen Bischofskonferenz, die von 15. bis 18. Juni 2020 in Mariazell tagte, forderten die vier kirchlichen Reformbewegungen „Wir sind Kirche“, Pfarrer-Initiative, Laien-Initiative und „Priester ohne Amt“ die Bischöfe gemeinsam auf, zeitnah eine Sonderbischofskonferenz oder wenigstens einen Studientag zur Frage der Öffnung der kirchlichen Ämter abzuhalten und den Gesprächsverlauf und die Ergebnisse transparent mit den Gläubigen zu kommunizieren.
Die Reformbewegungen kritisieren, dass die dringend notwendige Öffnung der Weiheämter – also eine Beendigung des Ausschlusses von Frauen und verheirateten Männern vom Diakonats- und Priesteramt – auch in den Struktur- und Erneuerungsprozessen, die in den verschiedenen Diözesen stattfinden, aus Vorsicht gegenüber Rom und der Weltkirche nirgends ehrlich und ergebnisoffen thematisiert wird. Dies hat zur Folge, dass die sakramentale Struktur der Kirche immer mehr ausgehöhlt und die zentrale Stellung der Eucharistie gefährdet wird. Im Grunde gilt es ehrlich zu sehen, dass das permanente ängstliche Wegschieben dieser drängenden Thematik zur Entwicklung einer zunehmend und letztlich vielleicht ganz priesterlosen Kirche führt!
Die Reformbewegungen, deren Anliegen von einer Reihe kirchlicher Organisationen unterstützt wird, sehen die Bischöfe in der Pflicht, nicht nur irgendwelche, sondern die bestmöglichen Rahmenbedingungen für die Seelsorge im Hier und Jetzt zu schaffen. Dazu gehört auch, umfassend für eine gute Begleitung der Gemeinden durch priesterliche Menschen zu sorgen. Wie das in der Zukunft besser gelingen kann als in der Gegenwart, sollte Gegenstand eines eigenen Studientages der Bischofskonferenz werden.
Eine Antwort der Bischofskonferenz auf die Forderung der Reformbewegungen ist bislang nicht erfolgt. Aber, so Martha Heizer, Vorsitzende von „Wir sind Kirche“-Österreich: „Wenn der neue Vorsitzende der Bischofskonferenz, Erzbischof Franz Lackner, in Interviews nach seiner Wahl von einer <neuen Offenheit< spricht, mit der er in die neue Funktion komme, und davon, dass er sich anstelle einer Mentalität des Eh-schon-Wissens einem Hörprozess aussetzen wolle, dann darf man ihn diesbezüglich beim Wort nehmen.“ Pfarrer Gidi Außerhofer, Sprecher von „Wir sind Kirche“ in Salzburg, betont: „Wir hoffen darauf, dass er auch auf die Vorschläge der Reformgruppen hört, die seit Jahren und Jahrzehnten auf eine christliche Erneuerung der Kirche und v.a. auch ihrer Strukturen drängen“.
Wenn die österreichischen Bischöfe im kommenden Jahr Papst Franziskus ihren Ad-limina-Besuch abstatten, dann sollten sie gemeinsam mit den österreichischen Katholikinnen und Katholiken auf alle Fälle bereits Positionen und Wege gefunden haben, mit denen Seelsorge an den Menschen auch in der Zukunft bestmöglich gelingen kann.
Für Pressekontakte stehen zur Verfügung:
Dr. Martha Heizer, Wir sind Kirche-Österreich, martha@heizer.at, 0650 4168500
Dr. Helmut Schüller, Pfarrer-Initiative, h.schueller@edw.or.at, 0664 5420734
Herbert Bartl, Priester ohne Amt, h.bartl@gmx.net, 0699 11827353
DI Ewald Benes, Laien-Initiative, benes@tuwien.ac.at, 0664 1250001