Asian Lay Leaders (ALL)-Forum 2023 auf Bali/Indonesien

von Martin Schockenhoff; 1.9.2023

Nachdem in früheren Jahren Dr. Martha Heizer und Colm Holmes verschiedentlich für Wir sind Kirche International an den von Paul Hwang aus Südkorea organisierten Asian Lay Leaders (ALL)-Forum in Asien teilgenommen haben, hat auf dem Forum im August 2023 Dr. Martin Schockenhoff (WsK-Deutschland und Pro-Concilio) den deutschen Synodalen Weg und seinen Einfluss auf die Weltsynode dargestellt.

Das Asian Lay Leaders (ALL)-Forum veranstaltet jährlich eine Konferenz für junge Menschen aus Südostasien, die sich für die Kirche engagieren. An der diesjährigen Veranstaltung vom 19. bis 29. August 2023 auf Bali/Indonesien nahmen insgesamt 45 junge Menschen aus Pakistan, Indien, Indonesien, Südkorea, Malaysia, Philippinen und Vietnam teil. Titel: „Women, Great Wisdoms, and Intercultural Citizenship Empowering IP’s and Urban Communities for the Sustainable Future in Asia”. Das Programm setzte sich zusammen aus einer zweitägigen „Felderfahrung“, einem dreitägigen Workshop und dem sich daran anschließenden Asian Theologie-Forum (ATF), auf dem hauptsächlich Vorträge von Theologen, einer muslimischen Frauenrechtlerin sowie ein Gastvortrag von Martin Schockenhoff gehalten wurden.

Schwerpunkte der Veranstaltung waren indigene religiöse Traditionen und ihr Verhältnis zum katholischen Glauben, die Rechte von Frauen bei der indigenen Bevölkerung und in der Kirche, die Erhaltung der Umwelt sowie Synodalität. Nach dem Konzept der Veranstaltung nahmen die Workshops, d.h. die praktische Ausrichtung, den größten Teil ein.

Obwohl fast alle Teilnehmenden in großen Städten (Manila, Jakarta, Seoul, Ho-Chi-Minh-City, Madurai) wohnen, haben sie Kenntnisse und persönliche Erfahrungen über bzw. mit indigenen Religionen. Dies zeigte sich deutlich am Vortrag eines indigenen Katholiken aus Malaysia, der zugleich als religiöser Priester traditionelle Zeremonien vollzieht, beispielsweise Hochzeits- und Erntedank-Zeremonien. Im Rahmen der Felderfahrung wurde eine interreligiöse Yoga-Schule besucht, die mit Skulpturen bzw. Attributen des (balinesischen) Hinduismus, des Islam und des Christentums geschmückt war. Auf Frage antwortete der Yogi, dass die Religionen gleichwertig seien und die Anhänger der genannten Religionen an denselben Gott glauben würden. Die dogmenorientierte Sichtweise der katholischen Kirche, die anderen Religionen zwar einen Eigenwert zuerkennt und die Möglichkeit, das Heil außerhalb der katholischen Kirche zu erlangen, nicht ausschließt, aber dennoch an der Spitzenstellung der katholischen Kirche festhält, ist den Anhängern der indigenen Religionen fremd.

Klerus und Laien

In den Gesprächen mit den Teilnehmenden aus verschiedenen Ländern wurde deutlich, dass der Klerus in ihren Ländern vielfach traditioneller und hierarchischer geprägt ist als in Deutschland. Aus Korea und Indien wurde berichtet, dass unter Klerikern die Sichtweise verbreitet sei, dass Laien einer sündhaften Welt angehören (Sexualität, bei Frauen Menstruation, Gelderwerb). Der Klerikerstand werde dem gegenüber als „rein“ angesehen, seine Aufgabe sei es, den Laien den Weg zum Heil zu weisen. Aus diesem Grund wird vielfach das Engagement von Laien im Bereich der Glaubensverkündung ungern gesehen. Aus Vietnam wurde berichtet, dass die Bischöfe Bibelarbeit durch Laien nicht unterstützen. Deshalb greifen Laien in Vietnam auf amerikanische Methoden (Lead like Jesus) zurück.

Aus Indien wird berichtet, dass es ein kastenähnliches System auch in der katholischen Kirche gebe. Die ärmeren Menschen würden in der Kirche als Menschen 2. Klasse behandelt, die Bessergestellten würden für sich in Anspruch nehmen, die Entscheidungen zu treffen. Auch die Bischöfe hätten oft nur die Bessergestellten im Blick. Dies wird am Beispiel der aktuellen Unruhen in der Provinz Manipur erläutert. Im Rahmen der dortigen ethnischen gewaltsamen Konflikte waren drei katholische Frauen entführt und vergewaltigt worden. Der indische Präsident Modi unternahm nichts, leider auch der örtliche Bischof nicht. Das Interesse des örtlichen Bischofs liege eher darin, die bestehenden Beziehungen zu den staatlichen Stellen und den Hindus nicht zu gefährden, möglicherweise seien auch noch intransparente Eigeninteressen im Spiel.

Das Thema Klimawandel und Erhaltung der Umwelt nimmt in Südostasien eine große Rolle ein. Maßgeblich dafür ist nicht nur die akute Bedrohung der Umwelt in etlichen Ländern, sondern auch die religiöse Beziehung indigener Menschen zur Natur. Die Natur wird als heilig bzw. göttlich angesehen, ihre Zerstörung bzw. Gefährdung verstößt daher auch gegen religiöse Überzeugungen.

Synodalität

Das Thema Synodalität nimmt in Südostasien nicht denselben Raum ein wie in Deutschland. Teilweise wird Synodalität auch anders verstanden. Der erwähnte Katholik und indigene Priester aus Malaysia versteht Synodalität als die Bereitschaft der Kirche, indigene religiöse Traditionen und Praktiken anzuerkennen und eine Verbindung von beiden („Inkulturation“) zu fördern.

Im Gespräch mit den Teilnehmenden wurde deutlich, dass die erste Phase der Weltsynode – die Befragung der einzelnen Gläubigen auf Diözesanebene – in vielen Ländern bzw. Diözesen überhaupt nicht durchgeführt worden ist. Indessen spielen einige der Themen des Synodalen Wegs in Deutschland, insbesondere Frauenrechte und Ordination von Frauen, sexueller Missbrauch und Kooperation zwischen Priestern und Laien eine große Rolle.

Als Gastredner habe ich den Synodalen Weg und seinen Einfluss auf die Weltsynode dargestellt. In diesem Zusammenhang habe ich auch das Rottenburger Manifest (Konzil von unten) vorgestellt, das wegen seines Basisbezugs auf besonderes Interesse stieß. Kochurani Abraham, eine feministische Theologin aus Indien, die mit der Theologie der Befreiung anderen Basisbewegungen und dem Synodalen Weg gut vertraut war, äußerte sich sehr positiv und war an weiteren Informationen interessiert.

Das ALL-Forum war eine inhaltlich hochinteressante, von intensivem Austausch geprägte Veranstaltung. Sowohl aus den Workshops und Vorträgen wie auch in Gesprächen mit den Teilnehmenden wurde deutlich, dass Kernthemen des Synodalen Wegs in Deutschland wie sexueller Missbrauch in der Kirche, Gender Equality und Ökumene/interreligiöser Dialog als zentrale Themen angesehen werden.