Innerkirchliche Reformansätze (Frauen, Zölibat, wiederverheiratet Geschiedene, Moral …)

In einer „ecclesia semper reformanda" ist auch das Kirchenrecht einer ständigen Reform unterworfen. Diese Überzeugung betonte der neue Inhaber des Lehrstuhls für Kirchenrecht an der Katholischen Privat-Universität Linz, Andreas E. Graßmann, bei seiner Antrittsvorlesung mit dem Titel „Ius semper reformandum!? Der Heiligungsdienst im Codex Iuris Canonici von 1983 vor dem Hintergrund des Zweiten Vatikanischen Konzils". Der CIC trage den Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils in sich; diesem werde er sich weiterhin stellen müssen - wie er sich an den Umsetzungen und Gestaltungen dieses Geistes messen lassen müsse, sagte Graßmann. (kap v. 3. 10.)

Papst Franziskus hat erneut ein hohes Amt in der Römischen Kurie mit einer Frau besetzt: Er ernannte die Ordensschwester Simona Brambilla (52) zur Sekretärin der Vatikanbehörde für die Institute des geweihten Lebens und die Gesellschaften des apostolischen Lebens. Brambilla besetzt damit die zweithöchste Position nach Kardinalpräfekt Joao Braz de Aviz. Die Italienerin ist die zweite Frau, die einen derart hohen Posten in der Kurie bekleidet. Auch die Vatikanbehörde für die ganzheitliche Entwicklung des Menschen hat eine weibliche Sekretärin: Schwester Alessandra Smerilli übt das Amt seit August 2021 aus. Im Gegensatz zum Sekretärsposten haben bereits mehrere Frauen die Position einer Untersekretärin in verschiedenen Dikasterien inne. Dazu gehören etwa die Kirchenrechtlerin Linda Ghisoni in der Vatikanbehörde für Laien und Familie sowie die Wirtschaftsprofessorin Antonella Sciarrone Alibrandi im Kultur-Dikasterium. Die französische Ordensfrau Nathalie Becquart ist Untersekretärin der derzeitigen Welt-Bischofssynode. Sie war die erste Frau, die ein Stimmrecht in einer Bischofssynode erhielt. Sr. Brambilla war von 2011 bis Mai 2023 Generalsuperiorin ihrer Ordensgemeinschaft. (kap u. vn v. 7. 10.)

Der emeritierte Erzbischof von Bamberg, Ludwig Schick, fände es gut, wenn Frauen in der römisch-katholischen Kirche Priesterinnen werden dürfen. Es sei von Gott gewollt, dass Frau und Mann kooperativ zusammenwirken. Ohne Frauen „gibt's die Welt nicht und gibt's auch keine Zukunft und keinen Fortschritt". Schick äußerte sich in einem Interview der Altenburger Romero-Jugend aus dem Bistum Dresden-Meißen. (vn v. 9. 10.)

Abermals hat Papst Franziskus eine Frau für eine wichtige Position im Vatikan ernannt. In der Güterverwaltung des Heiligen Stuhls (APSA) bekleidet ab sofort die italienische Ordensschwester Silvana Piro (50) die Stelle des „Sotto-Segreario“ (Untersekretär). Die studierte Ökonomin war zuvor elf Jahre lang für die Finanzen und Immobilien ihrer Ordensgemeinschaft „Francescane Missionarie di Gesù Bambino“ verantwortlich. Die APSA verwaltet die Vermögenswerte, die das Königreich Italien dem Heiligen Stuhl im Rahmen der Lateranverträge 1929 als Ausgleichszahlung für Enteignungen übergab. (vn v. 14. 10.)

Die Ordensfrau Patricia Murray freut sich über ihre Ernennung zum Mitglied in der Kommission für den Zwischenbericht der Weltsynode. Ernennungen wie die ihre hätten einen starken Symbolcharakter, sagte Murray. Ihre Berufung zeuge von dem Willen der römisch-katholischen Kirche, Frauen wirklich an Entscheidungen teilhaben zu lassen. Die 13 Mitglieder der Kommission hätten bereits über den Zwischenbericht gesprochen, der in thematische Abschnitte unterteilt sein wird. Es werde viele Bereiche in dem Dokument geben, die noch einer tieferen Reflexion nach der derzeitigen Weltsynode bedürfen. Sr. Murray ist Geschäftsführerin der internationalen Vereinigung der Ordensoberinnen. Erst nach einem zweiten Teil der Synode im Oktober 2024 stimmen die Mitglieder über ihre Ergebnisse ab, die sie dem Papst dann als Vorschläge zur endgültigen Entscheidung vorlegen werden. (vn u. kap v. 16. 10.)

Wem an der Zukunft der Kirche und ihrer Handlungsfähigkeit liegt, „wird das entwickelte Ehrenamt nach Kräften fördern", betonte der Wiener Theologe und Religionssoziologe Paul Zulehner in einem Blogeintrag. Der Mangel an Priestern und Geld begünstige einen tiefgreifenden Umbau der Kirche, die theologisch bereits vom Zweiten Vatikanischen Konzil grundgelegt worden sei: Die Kirche muss laut Zulehner „Ehrenamts-förderlich" sein, denn sie werde nur in Gestalt einer „Berufungs- und Beteiligungskirche" überleben. Gemeinsam mit dem früheren St. Pöltener KA-Präsidenten Armin Haiderer gab Zulehner jüngst das Buch „... Weil es mir Freude macht" heraus – mit dem Untertitel „Ehrenamt macht die Kirchen zukunftsfit". Gefordert seien für die Betroffenen befriedigende „Ehrenamtskarrieren" mit fest umrissenen Aufgabenstellungen, mit Budget, Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten. Wichtig sei auch eine „synodale Beteiligungskultur" in der Kirche - aktuell Thema der laufenden Welt-Bischofssynode in Rom. Kirchlicherseits seien auch Überlegungen angezeigt, den Schritt vom Ehrenamt in eine sakramentale Beauftragung - also Ordination - offenzuhalten. Im kirchlichen Leben bewährte Personen - Zulehner nennt sie „personae probatae" - würden dann berufsbegleitend ausgebildet und vom Bischof in ein Team von Ordinierten für diese Gemeinde geweiht: „Theologisch spricht nichts dagegen." (kap v. 16. 10.)

Am Rande der Welt-Bischofssynode im Vatikan ist es zu Begegnungen mit LGBTQ-Seelsorgern gekommen. Dies lässt auf eine Öffnung der römisch-katholischen Kirche im Umgang mit sexuellen Minderheiten schließen. Papst Franziskus traf die US-amerikanische Ordensfrau Jeannine Gramick. Die Schwester aus Philadelphia hatte sich in den 1970er Jahren als eine der ersten in der Seelsorge für homosexuelle Menschen engagiert und dafür die Vereinigung „New Ways Ministry" (NWM) mitbegründet. In öffentlichen Äußerungen hatte sie dann gemeinsam mit dem Seelsorger Robert Nugent die geltende römisch-katholische Lehre über die Sündhaftigkeit homosexueller Akte in Frage gestellt. Deswegen waren sie 1999 von der vatikanischen Glaubensbehörde unter Kardinal Joseph Ratzinger gemaßregelt worden. Nach der Begegnung mit Franziskus twitterte die Vereinigung NWM im Netzwerk X ein Foto von den Treffen und schrieb: „Schwester Jeannine überbrachte Grüße der LGBTQ+-Katholiken in der US-Kirche. Sie dankte ihm für seine Offenheit bezüglich der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare und dafür, dass er sich gegen die Kriminalisierung von LGBTQ+-Menschen stellt." Weiters wurde ein Treffen von Jesuitenpater James Martin mit Vatikan-Diplomaten aus rund 20 EU-Ländern bekannt. Der Vordenker der NWM nimmt auf Einladung des Papstes an der Weltsynode im Vatikan teil, postete anschließend ein Foto von der Begegnung im Netzwerk X und schrieb dazu: „Dank an all die Vatikan-Botschafter aus den Ländern der EU, dass sie mich eingeladen haben, über LGBTQ-Katholiken zu sprechen.“ (vn v. 19. 10.)

Der US-amerikanische LGBTQ+-Seelsorger Stan Zerkowski hat Post vom Papst bekommen. Es sei fast ein Schock gewesen, die handschriftliche persönliche Notiz von Papst Franziskus als Anhang in seinem E-Mail-Eingang zu finden, sagte er. Franziskus dankte demnach Zerkowski für eine E-Mail, die dieser dem Papst drei Tage zuvor geschickt hatte und in der er seine Erfahrungen aus seiner Arbeit als LGBTQ+-Seelsorger mitteilte. Der Papst schrieb: „Vielen Dank für Ihren Dienst. Ich bete für Sie; bitte tun Sie dies auch weiterhin für mich. Möge der Herr Sie segnen und die Madonna über Sie wachen. Brüderlich, Franziskus“ Zerkowski konnte leider nicht an der ersten Versammlung der Bischofssynode zum Thema Synodalität in Rom teilnehmen. Dennoch habe er seine Erkenntnisse als schwuler römisch-katholischer Laie einbringen wollen, der sich seit Jahren in der LGBTQ+-Politik engagiert und an den diözesanen und kontinentalen Konsultationsphasen der Synode teilgenommen hatte. Die Abkürzung LGBTQ+ steht vor allem für nicht-heterosexuelle Menschen, die sich etwa als lesbisch, schwul oder queer identifizieren. (kna u. kath.ch v. 25. 10)

Der ehemalige Kurienkardinal Walter Kasper spricht sich für eine Aufwertung der Rolle der Frau in der Kirche aus und für Respekt gegenüber Homosexuellen. Auch was die Zulassung von Menschen in zweiter Ehe zu den Sakramenten angeht, zeigte er sich im Interview mit der italienischen Zeitung „Il Piccolo" offen. „Es ist heute eine Pflicht, den Frauen in der Kirche mehr Raum zu geben; sie müssen in verantwortliche Positionen einbezogen werden." Über Homosexuelle äußerte er: „Menschen mit dieser Orientierung müssen respektiert und dürfen nicht diskriminiert werden. Es gibt Platz für alle, die in die Kirche kommen wollen." Auch was die Zulassung von Menschen in zweiter Ehe zu den Sakramenten angeht, zeigte sich Kasper offen. Trennungen seien manchmal komplex. „Ich bin seit über 65 Jahren Priester. Ich habe noch nie jemandem die Kommunion verweigert. Ich glaube, es muss eine Gewissensentscheidung der einzelnen Person sein." Bei der Welt-Bischofssynode habe er „gute Zeichen" gesehen. Kasper zählt nicht zu den Synodenmitgliedern, nahm aber an einigen Sitzungen als Zuhörer teil. (domradio.de v. 24. 10.)

Kurz vor Abschluss der Welt-Bischofssynode zur Synodalität stand das tägliche Pressebriefing ganz im Zeichen der Ökumene: Zu Wort kamen neben Kardinal Koch, seines Zeichens Vatikan-Verantwortlicher für die ökumenischen Beziehungen, auch „brüderliche Delegierte“ anderer christlicher Konfessionen, die auf Einladung des Papstes an der Synodenversammlung teilgenommen hatten. Um eine größtmögliche Vielfalt abzubilden, seien insgesamt zwölf Vertreter der vier großen christlichen Traditionen zur Synode eingeladen worden, drei aus der orthodoxen Kirche, drei aus den orthodoxen Ostkirchen, drei aus den historischen protestantischen Kirchen und drei aus den evangelikalen Kirchen, erläuterte die Vize-Direktorin des Pressesaals, Christiana Murray. Diese Vertreter seien nicht nur als Beobachter, sondern als aktive Teilnehmer an den Diskussionen und an den einführenden spirituellen Exerzitien eingeladen worden, auch wenn sie kein Stimmrecht hätten. Der vatikanische Kommunikationschef Paolo Ruffini sagte über das kommende Abschlussdokument: „Alle sollen sich ermutigt und dafür bedankt fühlen, den Weg zu beginnen oder fortzusetzen. Und viele sind bereits auf dem Weg“. Dabei müsse die „Motivation des Dokuments klar sein: Es soll uns helfen, zu verstehen und zu lernen, wie wir gemeinsam gehen können, um gemeinsam, Hand in Hand, nach Lösungen zu suchen, ohne jemanden auszuschließen“. Zuvor hatte die Sekretärin der Synoden-Informations-Kommission, Sheila Leocardia Pires, berichtet, dass bei den jüngsten Beratungen die „Aufwertung des Gebets und der Gebetsgruppen“ diskutiert worden und die grundlegende Bedeutung der Eucharistie und des Sakraments der Versöhnung erneut bekräftigt worden seien. „Es wurde auf die große Mission der Einheit der Christen, des Dialogs mit den anderen Religionen und der Beziehung zu den Nicht-Gläubigen verwiesen“, so Pires. Kardinal Koch wies in seinem Redebeitrag darauf hin, dass die Tradition der ökumenischen Beobachter auf das 2. Vatikanische Konzil zurückgehe und seither gepflegt worden sei. Grundlage des Ökumenismus, wie auch der Synodalität, sei die Taufe. „Die Anwesenheit der brüderlichen Delegierten zeigt, dass die Teilnahme anderer Kirchen und kirchlicher Gemeinschaften im Mittelpunkt der Erfahrung der Ökumene steht. Das gemeinsame Gebet habe einen zentralen Stellenwert, so wie auch die Ökumene nach der Überzeugung des Papstes für die Synodalität grundlegend sei, so Koch. Anschließend ergriff Iosif das Wort, der rumänisch-orthodoxe Metropolit von West- und Südeuropa: „Als orthodoxe Kirche sind wir sehr glücklich, Teil dieses Prozesses zu sein“ und erinnerte daran, dass die Überlegungen zur Synodalität und zum Primat bereits seit zehn Jahren in der Internationalen Gemischten Kommission für den katholisch-orthodoxen Dialog liefen. Nach Zeiten, die von Spannungen und Spaltungen geprägt waren, werde unter den Christen der Welt eine echte „Geschwisterlichkeit" aufgebaut: „Lasst uns gemeinsam suchen, was uns verbindet“, appellierte er. Als Beispiel für die Zusammenarbeit wies der Metropolit darauf hin, dass in Italien „die katholische Kirche der orthodoxen Kirche Rumäniens mehr als 300 Kirchen zur Verfügung stellt“. Außerdem, so fügte er hinzu, „findet die Ökumene an der Basis statt, durch das Zeugnis vieler gemischter Familien, die sich in Europa und auf der ganzen Welt gebildet haben“. Zur Zölibatspflicht der römisch-katholischen Kirche sagte Metropolit Iosif: „Wir Orthodoxen erinnern die Katholiken nach Jahrtausenden verheirateter Priester daran, dass es diese Möglichkeit gibt“. Einen „Akt der Demut des Papstes“ nannte Opuku Onyinah, ein Vertreter des Weltpfingstbundes und ehemaliger Präsident der „Church of Pentecost“ in Ghana, der ebenfalls als brüderlicher Delegierter an der Synode teilnahm, die Einladung des Papstes an die brüderlichen Delegierten, an der Synode teilzunehmen. Der synodale Prozess habe die Eigenschaft, dass die Gesprächspartner auf Augenhöhe ihre Ansichten teilen könnten. Onyinah ist Mitglied der Internationalen Gemeinsamen katholisch-pfingstlichen Kommission. (vn v. 26. 10.)

Über die diesjährige Österreichtagung der ständigen Diakone und ihrer Ehefrauen": Von der Hoffnung nach Fortschritten bei der Zulassung von Frauen zum Diakonat in der römisch-katholischen Kirche war diese Tagung gekennzeichnet. Die dreitägigen Gespräche in Innsbruck mit rund 160 Teilnehmenden seien von dem Wunsch geprägt gewesen, dass im Sinne der Geschlechtergerechtigkeit die Weihe von Diakoninnen in absehbarer Zeit ermöglicht wird", hieß es in einer Presseerklärung. Die im Zwei-Jahres-Rhythmus stattfindende Tagung stand heuer unter dem Leitwort Warum uns die Diakonin fehlt". Ein zentraler Punkt des Programms war die Entwicklung von Visionen eines neuen Diakonates für Männer und Frauen im Dienst einer glaubwürdigen Kirche, die sich den Herausforderungen einer von vielen politischen, sozialen und ökologischen Krisen gezeichneten Welt stellt". Hauptreferentin war die an der Universität Osnabrück lehrende Theologieprofessorin Margit Eckholt. Die Fundamentaltheologin sprach bei der Tagung über die Geschichte des Frauendiakonates und strich die Unverzichtbarkeit einer Öffnung des Diakonates für Frauen heraus. Auch bei der Welt-Synode im Vatikan wurde in den vergangenen vier Wochen u.a. über den Frauendiakonat beraten. Das Thema sei im Rahmen der Vorbereitungsphase auf das Welttreffen in Rom von vielen Ortskirchen aus allen Kontinenten eingebracht worden, wurde in der Presserklärung erinnert. Derzeit können Diakone die Taufe spenden, Trauungen und Begräbnisfeiern leiten, Wortgottesdienste feiern und Segnungen spenden. Zum spezifischen Profil eines Diakons gehört aber vor allem auch der Dienst an den Armen und Benachteiligten. In zahlreichen Ländern der Welt wird der Diakonat allerdings nur als erste Stufe zum Priestertum angesehen. (kap v. 28. 10.)