Ökumene

Wie kann der römisch-katholisch-orthodoxe Dialog neu angestoßen werden? Auf Einladung der Stiftung „Pro Oriente" diskutierten in Wien Expertinnen und Experten über die Studie des „St.-Irenäus-Arbeitskreises" „Das Verhältnis von Primat und Synodalität neu denken". Die Experten kamen 2018 zu der Erkenntnis, dass Primat und Synodalität nicht getrennt voneinander betrachtet werden können, weil beide im Dienst an der kirchlichen Gemeinschaft stehen. „Pro Oriente"-Präsident Alfons Kloss würdigte in seiner Einleitung die Studie als einen „wichtigen und konstruktiven Beitrag zur Verständigung der Kirchen. […] Wir dürfen dankbar erkennen, dass uns mit unseren Schwesternkirchen mehr verbindet, als uns trennt.“ Dankbar für das Dokument und die darin festgehaltenen Gemeinsamkeiten zeigte sich in seinem Grußwort auch der orthodoxe Metropolit Arsenios (Kardamakis): Wichtig sei, dass Synodalität und Primat nicht gegeneinander ausgespielt werden, sondern dass sie stets „im Dienst an der Gemeinschaft und den Gläubigen" ausgeübt werden müssten. Ein „echter ökumenischer Dialog" führe „nicht allein über Theologenschreibtische", sondern er müsse von Bischöfen, Priestern und Gläubigen gleichermaßen getragen werden. Die Leipziger Theologin Anna Priskina-Müller nannte die Studie von 2018 „sehr innovativ". Aber im ökumenischen Dialog müsse man akzeptieren, dass ein Dialog erst dann gelingen könne, wenn die Dialogteilnehmer zuerst die Rezeption des Glaubens des Anderen einüben, bevor sie über Gemeinsamkeiten oder Trennendes sprechen. „Wir sollten vielleicht im ökumenischen Dialog auf den erträumten Einklang als Utopie verzichten und die Widersprüche und inner- sowie interkonfessionellen Polemiken als Symptom des echten Lebens in der gemeinsamen Kirche betrachten". Aus römisch-katholischer Perspektive sprach der Wiener Dogmatik-Professor Jan-Heiner Tück von der Gefahr einer Schmälerung der Bedeutung der Bischofskonferenzen. Darauf folgte eine Podiumsdiskussion mit den beiden Vortragenden, den Co-Sekretären des „Irenäus-Arbeitskreises", dem orthodoxen libanesisch-deutschen Theologen Prof. Assaad Elias Kattan und Johannes Oeldemann, Direktor im Johann-Adam-Möhler-Institut für Ökumenik in Paderborn. (kap. v. 5. 11.)

Der emeritierte Papst Benedikt XVI. hat ein Grußwort an eine ökumenische Tagung in der Schweiz geschickt. Darin würdigt Benedikt den ersten Metropoliten des orthodoxen Ökumenischen Patriarchats in der Schweiz, den verstorbenen Damaskinos Papandreou.. „Es war ein ganz besonderes Geschenk der Vorsehung, dass kurz nach meinem Beginn in Bonn zwei orthodoxe Archimandriten erschienen sind, um Theologie an den beiden Theologischen Fakultäten – der Katholischen und der Evangelischen – zu studieren“, schreibt Benedikt. Das sei „etwas Neues und Unerwartetes“ gewesen. „Beide Archimandriten sind mir zu Freunden geworden. […] Aber die Frucht einer lebendigen inneren Beziehung zur Orthodoxie ist geblieben und wächst weiter in der Freundschaft, die mich immer mehr mit dem Ökumenischen Patriarchen verbindet.“ Auf der Tagung in Fribourg wurde Metropolit Damaskinos als „Wegbereiter der Koinonia der Kirchen in der einen Kirche Jesu Christi“ gewürdigt. An der Tagung in Fribourg nahm auch der Ökumene-Verantwortliche des Vatikan, der Schweizer Kardinal Kurt Koch, teil und meinte, die lange freundschaftliche Verbundenheit zwischen Damaskinos und Univ. Prof. Ratzinger habe zu der Überzeugung geführt, dass zwischen orthodoxer und römisch-katholischer Kirche „viel weniger Lehrfragen stehen als Verwundungen des Gedächtnisses, die uns einander entfremden“. Die zwischen römisch-katholischer und orthodoxer Ekklesiologie bestehenden Unterschiede seien im Sinne von „verschiedenartigen legitimen Entfaltungen ein und desselben apostolischen Glaubens im Osten und im Westen“ aufzufassen und „nicht als Trennungen“, so Kardinal Koch. (vn [=Vatican News] v. 8. 11.)

Am zweiten Tag seiner Schweiz-Reise traf der vatikanische Kardinalstaatsekretär Pietro Parolin in Bern den Vizepräsidenten der Eidgenossenschaft Ignazio Cassis. Anlass des Besuchs ist die Feier des 100-Jahr-Jubiläums der Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen mit der Schweiz. Auf dem Programm stand auch eine Visite bei der reformierten Gemeinde in Bern. Dabei nahm er sogar an der Sitzung des „Kirchenparlaments“ teil, dem höchsten Gremium der reformierten Kirche, ein wichtigstes ökumenisches Zeichen. Andererseits kann Parolin von dem Treffen auch Erfahrungen für die Weltsynode zum Thema Synodalität sammeln. In seiner Ansprache ging Parolin auf den Schweizer Landespatron Bruder Klaus ein, zitierte aber auch den Schweizer Gründer der reformierten Kirche Huldrych Zwingli. (vn v. 8. 11.)

Die Zahl orthodoxer Gläubiger in Deutschland steigt durch die Migration ständig: Aktuell gehören über zwei Millionen Menschen in Deutschland einer der zehn orthodoxen Kirchen an, die sich in der Orthodoxen Bischofskonferenz (OBKD) zusammengeschlossen haben. Mit dem orthodoxen Religionsunterricht beschäftigt sich die russisch-orthodoxe Theologin Yauheniya Danilovich aus Belarus an der Universität Münster. Sie war maßgeblich an der Erstellung des Bildungsplans für einen gemeinsamen orthodoxen Religionsunterricht in Baden-Württemberg beteiligt. Es ist „eine Chance des orthodoxen Religionsunterrichts, dass an diesem Format Schüler unterschiedlicher Konfessionen partizipieren und nicht nur russisch-orthodoxe oder serbisch-orthodoxe oder rumänisch-orthodoxe.“ Darüber hinaus begrüßt Frau Danilovich die Überlegungen für einen konfessionsübergreifenden christlichen Religionsunterricht. (vn v. 15. 11.)

Eine historische Begegnung fand im Wiener Stephansdom statt: Erstmals seit der fast 500 Jahre zurückliegenden Verfolgung der „Täufer“-Bewegung veranstalteten die Erzdiözese Wien und die „Bruderhofgemeinschaft“ der Täuferbewegung gemeinsam eine Andacht im Stephansdom. Dabei wurde der Opfer der Täuferverfolgung gedacht. In einem Begleitbrief zur Einladung schreiben Kardinal Schönborn und J. Heinrich Arnold, der Enkel des gleichnamigen, bereits verstorbenen Gründers der Bruderhof-Gemeinschaft: „Wir wollen diese Andacht mit Menschen unterschiedlichster christlicher Kirchen als Fest des Miteinander in geschwisterlicher Wertschätzung und in tiefer Freundschaft feiern. Dadurch können wir das Vergangene nicht ungeschehen machen, aber wohl der Heilung der Erinnerung dienen.“ Die Täuferbewegung entstand um die Mitte des 16. Jahrhunderts als Versuch einer ganz am Evangelium orientierten Lebensweise, zu der für viele die Gütergemeinschaft gehörte. Sie lehnen die die Säuglingstaufe ab, weil nach ihrem Verständnis die Taufe als Eintritt in die Kirche einen bewussten Glaubens- und Willensakt des Täuflings voraussetzt. Die Obrigkeiten aller Konfessionen reagierten mit harter Verfolgung, auch in Wien, wo Täufer durch Verbrennen auf dem Scheiterhaufen oder durch Ertränken in der Donau hingerichtet wurden. Eine Emigration nach Amerika war die Folge. Seit wenigen Jahren gibt es in Retz im Weinviertel eine Präsenz der Bruderhof-Gemeinschaft, die 1920 in der hutterischen Tradition neu begründet worden ist. Eine zweite Präsenz dieser Gemeinschaft entsteht zurzeit in Maria Anzbach. Heute gehört die Bruderhof-Gemeinschaft zu den staatlich anerkannten Freikirchen in Österreich. (kap u. vn v. 19. 11.)

Die lutherische Erzbischöfin von Uppsala, Antje Jackelen, hat die römisch-katholische Kirche zu Fortschritten auf dem „Synodalen Weg“ ermutigt. Bei der Herbstvollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) in Berlin betonte Jackelen die ökumenische Dimension dieses Reformprozesses: „Die Zeit ökumenischer Schadenfreude ist definitiv vorbei. Wir sitzen in einem Boot“. Der „Synodale Weg“ müsse ökumenisch auf Augenhöhe gegangen werden. Es sei wichtig, Veränderungen auf dem „Synodalen Weg“ theologisch gut zu begründen. Jackelen hob die Bedeutung des geweihten Priesteramtes hervor. Es habe eine Schlüsselfunktion als Dienst an der Gemeinschaft. Ihre Kirche verbinde sowohl das sakramentale als auch das gemeindliche Verständnis des Amtes. Als weitere Herausforderungen nannte sie den Verlust an Glaubenswissen, die Migration und die Klimakrise. (kna u. vn v. 20. 11.)

Der vatikanische Außenminister, Erzbischof Paul Gallagher, hält sich zu einem Besuch in Serbien auf. Er traf u.a. mit dem serbisch-orthodoxen Patriarchen Porfirije zusammen und wurde von Staatspräsident Aleksandar Vucic empfangen. (www.p-udo-ja.at)

Kurienkardinal Kurt Koch nimmt in Istanbul an den Feiern zum Fest des hl. Apostels Andreas teil. Der Präsident des Einheitsrates steht an der Spitze einer Delegation aus dem Vatikan, um dem Ehrenoberhaupt der orthodoxen Christen, Bartholomaios I., zu gratulieren. Dieser ist als Ökumenischer Patriarch von Konstantinopel Nachfolger des hl. Andreas. In einer Botschaft, die Franziskus seiner Delegation mitgegeben hat, schickt er seine Glückwünsche zum Fest. Es sei ihm eine besondere Freude, Bartholomaios in wichtigen Anliegen, etwa der Sorge um die Schöpfung oder beim Dialog der Religionen, an seiner Seite zu wissen. Das gemeinsame Engagement stärke das Band zwischen beiden Kirchen. „Geeint im Glauben, bemühen wir uns entschlossen darum, unsere Einheit sichtbar zu machen!“ Leider seien auf dem Weg zur vollen Einheit noch wichtige theologische Fragen ungeklärt. Der Austausch von Delegationen zwischen dem Vatikan und Istanbul zum jeweiligen Patronatsfest ist üblich geworden. (vn v. 30. 11.)