Papst Franziskus in Zypern und Griechenland

Papst Franziskus traf in der maronitischen Kathedrale der Hauptstadt Nikosia Vertreter der römisch-katholischen Kirche Zyperns. Im mehrheitlich orthodoxen Zypern leben nur ungefähr tausend einheimische Katholiken; die meisten Katholiken auf der Insel sind Ausländer, häufig Gastarbeiter aus Osteuropa, Südost-Asien und Lateinamerika. „Diese Gestalt der Kirche spiegelt die Rolle Zyperns auf dem europäischen Kontinent wider“. Geschwisterlichkeit sei für die Kirche wichtig, so der Papst. „Man diskutiert, aber man bleibt einander Bruder oder Schwester.“ Er hoffe, dass Zyperns Katholiken mit einer Haltung der Geschwisterlichkeit (auch gegenüber Migranten) ganz Europa daran erinnern könnten, „dass man zusammenarbeiten, Spaltungen überwinden, Mauern niederreißen und den Traum von der Einheit pflegen muss“ sagte der Papst in der letzten geteilten Hauptstadt des europäischen Kontinents. (vn v. 2. 12.)

Hier Auszüge der Rede, die Papst Franziskus bei seiner Begegnung mit dem Heiligen Synod der orthodoxen Kirche Zyperns gehalten hat: „Eure Seligkeit, liebe Bischöfe des Heiligen Synod, ich freue mich, unter euch zu sein. […] Die Gnade, hier zu sein, erinnert mich daran, dass wir einen gemeinsamen apostolischen Ursprung haben: Paulus zog durch Zypern und kam danach nach Rom. Wir entstammen also demselben apostolischen Eifer, und ein einziger Weg verbindet uns, nämlich der des Evangeliums. Es freut mich zu sehen, dass wir den gleichen Weg gehen, auf der Suche nach immer größerer Geschwisterlichkeit und vollständiger Einheit. […] Denn das Evangelium wird durch Gemeinschaft weitergegeben. Das ist es, was wir als Katholiken in den kommenden Jahren leben wollen, indem wir die synodale Dimension wiederentdecken, die für das Kirche-Sein konstitutiv ist. Und dabei haben wir das Bedürfnis, noch intensiver mit euch, liebe Brüder, zusammenzuarbeiten, die ihr uns durch die Erfahrung eurer Synodalität wirklich helfen könnt. Ich danke euch für eure brüderliche Zusammenarbeit, die auch durch eure aktive Teilnahme an der Gemeinsamen Internationalen Kommission für den theologischen Dialog zwischen der römisch-katholischen Kirche und der orthodoxen Kirche zum Ausdruck kommt. Ich hoffe aufrichtig, dass die Möglichkeiten, einander zu begegnen, sich besser kennen zu lernen, viele Vorurteile abzubauen und den Glaubenserfahrungen der anderen offen zuzuhören, zunehmen werden. […] Sicherlich hat die Geschichte auf dem Gebiet unserer Beziehungen tiefe Gräben zwischen uns aufgerissen, aber der Heilige Geist will, dass wir uns in Demut und Respekt wieder einander annähern. Er lädt uns ein, uns nicht mit den Spaltungen der Vergangenheit abzufinden und gemeinsam das Feld des Reiches Gottes geduldig, eifrig und tatkräftig zu bestellen. […] Jeder wird seine eigene Art und seinen eigenen Stil beibehalten - das ist verständlich -, aber mit der Zeit wird unsere gemeinsame Arbeit mehr Harmonie schaffen und sich als fruchtbar erweisen. So wie diese Mittelmeerländer durch die respektvolle und geduldige Arbeit der Menschen verschönert wurden, so wollen wir mit Gottes Hilfe und demütiger Beharrlichkeit unsere apostolische Gemeinschaft pflegen. […] Wie oft in der Geschichte haben wir Christen uns damit beschäftigt, andere zu bekämpfen, anstatt den Weg Gottes sanftmütig anzunehmen, der danach strebt, die Spaltungen in Nächstenliebe wieder zusammenzufügen! Wie oft haben wir Vorurteile über andere übertrieben und verbreitet, anstatt die Ermahnung zu befolgen, die der Herr besonders im von Markus verfassten Evangelium, der mit Barnabas auf dieser Insel war, wiederholt: Macht euch klein, werdet einander zu Dienern (vgl. Mk 9,35; 10,43-44). […] Es hat mich bewegt, als Sie während unseres Gesprächs heute von der Kirche als Mutter gesprochen haben. […] Wir alle haben unsere Unterschiede, aber wir sind alle Kinder der Mutter Kirche…“ (vn v. 3. 12.)

Hier Auszüge der Ansprache von Papst Franziskus beim Treffen mit dem orthodoxen Erzbischof von Athen, Hieronymos II. „Ich grüße Sie mit diesen Worten des großen Apostels Paulus. […] Wir haben uns vor fünf Jahren auf Lesbos getroffen. […] Wenn ich an diese [Jahrhunderte alten Oliven-] Bäume denke, die uns verbinden, denke ich an die Wurzeln, die wir teilen. Sie sind unterirdisch, versteckt, oft vernachlässigt, aber sie sind da und sie stützen alles. Was sind unsere gemeinsamen Wurzeln, die die Jahrhunderte überdauert haben? Das sind die apostolischen Wurzeln. Der heilige Paulus hat sie hervorgehoben, indem er daran erinnerte, wie wichtig es ist, »auf das Fundament der Apostel […] gebaut« zu sein (Eph 2,20). Diese Wurzeln, die aus dem Samen des Evangeliums erwuchsen, haben gerade in der hellenischen Kultur begonnen, große Früchte zu tragen: Ich denke dabei an viele frühe Väter und an die ersten großen Ökumenischen Konzile. Später sind wir leider voneinander weg gewachsen. Weltliche Gifte haben uns verunreinigt, das Unkraut des Misstrauens hat unsere Distanz vergrößert. […] Zu unserer Schande – ich erkenne dies für die katholische Kirche an – haben Handlungen und Entscheidungen, die wenig oder gar nichts mit Jesus und dem Evangelium zu tun haben, sondern eher von Profit- und Machtstreben geprägt sind, die Gemeinschaft verkümmern lassen. So haben wir zugelassen, dass die Fruchtbarkeit durch Spaltungen beeinträchtigt wird. Die Geschichte hat ihr eigenes Gewicht, und ich habe heute das Bedürfnis, Gott und meine Brüder und Schwestern erneut um Vergebung zu bitten für die Fehler, die so viele Katholiken begangen haben. […] Helfen wir einander, Gott anzubeten und dem Nächsten zu dienen, ohne Proselytenmacherei zu betreiben und unter voller Achtung der Freiheit des anderen. […] Ich bete, dass der Geist der Liebe unseren Widerstand überwindet und uns zu Erbauern von Gemeinschaft macht, denn »wenn es der Liebe wirklich gelingt, die Angst zu vertreiben, und diese sich in Liebe verwandelt, dann werden wir entdecken, dass das, was rettet, die Einheit ist« (Gregor von Nyssa, 15. Homilie über das Hohelied). Andererseits: Wie können wir der Welt die Eintracht des Evangeliums bezeugen, wenn wir Christen noch getrennt sind? […] Ich möchte auch an die fruchtbare Zusammenarbeit im kulturellen Bereich zwischen der Apostolikí Diakonia der Kirche von Griechenland – deren Vertreter ich die Freude hatte, 2019 zu treffen – und dem Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen sowie an die Bedeutung der interchristlichen Symposien erinnern, die von der Fakultät für Orthodoxe Theologie der Universität Thessaloniki gemeinsam mit der Päpstlichen Universität Antonianum in Rom veranstaltet werden. Bei diesen Gelegenheiten konnten herzliche Beziehungen geknüpft und ein nützlicher Austausch zwischen Akademikern unserer Konfessionen in Gang gesetzt werden. Ich bin auch dankbar für die aktive Beteiligung der Orthodoxen Kirche Griechenlands an der Internationalen Gemischten Kommission für den Theologischen Dialog. […] Entwickeln wir gemeinsam Formen der Zusammenarbeit in der Nächstenliebe, öffnen wir uns und arbeiten wir in ethischen und sozialen Fragen zusammen, um den Menschen unserer Zeit zu dienen und ihnen den Trost des Evangeliums zu bringen. In der Tat ruft uns der Geist heute mehr als in der Vergangenheit auf, die Wunden der Menschheit mit dem Öl der Nächstenliebe zu heilen. […Durch die] »Gnade des Heiligen Geistes sind die Jünger des Herrn, beseelt von der Liebe, vom Mut zur Wahrheit und von dem aufrichtigen Willen, einander zu verzeihen und sich zu versöhnen, aufgerufen, ihre schmerzvolle Vergangenheit und jene Wunden, die diese leider auch heute noch immer hervorruft, gemeinsam neu zu bedenken« (Johannes Paul II., Enzyklika Ut unum sint, 2). […] Als Katholiken haben wir uns gerade auf den Weg gemacht, die Synodalität zu vertiefen, und wir haben das Gefühl, dass wir viel von euch lernen können. Wir wünschen uns das von ganzem Herzen, denn wir sind uns sicher, dass der Trost des Geistes in die Herzen kommt, wenn sich die Brüder im Glauben näherkommen…“ (vn v. 4. 12.)