Frauen in der Kirche

Ein Beitrag zum Weltfrauentag

Anlässlich des Weltfrauentages bringt "Wir sind Kirche" zwei Beiträge zum Thema "Frauen in der Kirche".

Weitere Beiträge zum "Welttag der Frau 2016" finden sich auf der Homepage der deutschen Schwesternorganisation:

http://www.wir-sind-kirche.de/?id=373&id_entry=6136

"Damals war ich eine Exotin"

Katholische Kirche strebt nach mehr Frauen in Führungspositionen

Von Romina Carolin Stork (KNA)

Bonn (KNA) Frauen und Männer sind gleichberechtigt. Auf dem Papier jedenfalls. In der Arbeitswelt sieht das oft noch ganz anders aus, etwa bei der Besetzung von Führungspositionen. Hier stagniert der Frauenanteil, wie das Statistische Bundesamt aktuell berichtet. Und in der katholischen Kirche?

Die ist, so die Meinung Vieler, noch ganz weit weg von der Gleichberechtigung. Schon deshalb, weil alle Weiheämter wie Diakon, Priester und Bischof für Frauen tabu sind und damit auch der Zugang zu den höchsten Führungspositionen.

Und doch betonen viele Kirchenmänner - beim Papst angefangen - immer wieder, wie wichtig Frauen für die Kirche sind. Seit neuestem wird sogar im Vatikan über eine Aufhebung des Predigtverbots nachgedacht. Die deutschen Bischöfe wollten es nicht bei netten Worten belassen und beschlossen bei ihrer Frühjahrsvollversammlung 2013 in Trier, mehr Frauen für kirchliche Leitungspositionen gewinnen zu wollen. Für alle natürlich, die nicht zwingend mit dem Weiheamt verbunden sind.

Was daraus geworden ist, soll nach fünf Jahren bilanziert werden. Daher liegen derzeit keine offiziellen Zahlen vor. Auf eine Umfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) antworteten 2015 13 der 27 Bistümer. Alle gaben an, mindestens eine Frau in einer oberen oder mittleren Leitungsposition zu beschäftigen. Durchschnittlich waren es demnach mehr als 10 pro Bistum.

Besonders aktiv in der Frauenförderung waren offenbar die Bischöfe, die neu in ein Bistum berufen wurden. In Passau etwa trat Bischof Stefan Oster im April 2014 sein Amt an und berief im Mai Monika Zieringer zur Leiterin der Pressestelle. Als Ordinariatsrätin hat sie Sitz und Stimme im wichtigsten Beratungsgremium des Bistums. Ebenfalls in Passau übernahm im Juli 2015 die Justiziarin der Diözese die Kanzlerschaft. Antonia Murr ist die erste Frau in der Bistumsgeschichte an der Spitze einer Hauptabteilung.

Im September 2014 wurde Kardinal Rainer Maria Woelki Erzbischof von Köln. Im April 2015 ernannte er Petra Dierkes zur ersten Leiterin der Hauptabteilung Seelsorge. Im September folgte die Berufung von Bernadette Schwarz-Boenneke zur Hauptabteilungsleiterin für den Bereich Schule und Hochschule. Schon als Erzbischof in Berlin hatte Woelki ab 2011 mehrere Frauen in Leitungspositionen berufen.

Kein Einzelfall, wie die letzte offizielle Statistik der Bischofskonferenz belegt: Zwischen 2005 und 2012 stieg der Frauenanteil in oberen Leitungsebenen von 5 auf 12,7 Prozent, in der mittleren Führungsebene von 13 auf 19,2 Prozent.

Bereits 2002 machte Bischof Franz-Josef Bode Daniela Engelhard zur Leiterin des Seelsorgeamts im Bistum Osnabrück. "Damals war ich eine Exotin", resümiert Engelhard ihre Anfangszeit. In Deutschland habe es nur eine weibliche Kollegin im Bereich des Seelsorgeamtes gegeben. Die Bereiche Seelsorge und Pastoral waren Priestern vorbehalten. Ihrer Situation war sich Daniela Engelhard immer bewusst. "Es hat mir aber keine Probleme bereitet", erklärt sie. Grundsätzlich wurde sie von Kollegen und der Gemeinde offen aufgenommen; auch, wenn es für einige "gewöhnungsbedürftig" war, dass eine Frau diese Position bekleidet. "Ich habe aber sehr schnell erleben können, dass die Menschen sich daran gewöhnen." Vor allem durch die Zusammenarbeit mit Frauen würden Barrieren abgebaut.

Auch wenn es heutzutage alltäglicher ist, dass Frauen kirchliche Leitungspositionen besetzen, bleibt für Daniela Engelhard die Entwicklung in diesem Bereich eine wichtige Aufgabe. Denn Frauen, die kirchliche Führungspositionen übernehmen wollen und können, fallen nicht vom Himmel. Es brauche Weiterbildungsseminare und Führungskurse, vor allem aber die Ermutigung für Frauen, eine Leitungsposition anzustreben.

Die Bistümer Aachen, Bamberg, Essen, Hamburg, Hildesheim, Köln, Limburg, München und Freising, Münster und Trier bieten daher jetzt auch ein Mentoring-Programm für Frauen an, um sie auf Führungsaufgaben in der Kirche vorzubereiten. Erste Erfahrungen daraus sollen auch schon in die Evaluation in gut zwei Jahren einfließen.

"Neue Ära der Öffnung"

Vatikan-Expertin Gudrun Sailer über Frauen in der Kirche

Von Stefanie Stahlhofen (KNA)

Vatikanstadt (KNA) Mehr als 750 Frauen arbeiten heute im Vatikan. Das hat die österreichische Journalistin und Autorin Gudrun Sailer recherchiert. Seit 13 Jahren ist sie Redakteurin beim Papstsender Radio Vatikan. Zum Weltfrauentag spricht sie im Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) über die Rolle der Frauen im Vatikan und in der katholischen Kirche.

KNA: Frau Sailer, am Weltfrauentag 2015 hat Papst Franziskus beim Angelus einen besonderen Gruß an die Frauen gerichtet. Wie wird der Weltfrauentag dieses Jahr im Vatikan begangen?

Sailer: Es gibt zum dritten Mal im Vatikan einen Kongress mit Katholikinnen aus der ganzen Welt. Einige von ihnen sprechen im Podium über ihren Dienst an den Mitmenschen, an Gott, an der Kirche. Vergangenes Jahr kamen bei einer Podiumsdiskussion dort auch deutliche Forderungen von Frauen an die Kirche zur Sprache. Dass das in dieser Offenheit geschehen kann, ist auch der Geist des Pontifikats von Papst Franziskus.

KNA: Welche Forderungen gibt es da?

Sailer: Das Grundproblem für Frauen in der Kirche heute ist, dass sie oft nicht wahrgenommen werden, weil immer noch ein stark hierarchisches Denken herrscht. Ich kann das an einem Beispiel verdeutlichen. Bei Radio Vatikan sind die Hälfte der journalistischen Mitarbeiter Frauen. Vor kurzem gab es hier eine feierliche Messe, bei der Fürbitten, Lesungen, alles von Männern vorgetragen wurde. Bei so viel weiblicher Präsenz immer noch Frauen zu übersehen, fand ich eine schwache Leistung. Das lässt sich auf viele Ebenen und Ortskirchen übertragen.

KNA: Weltfrauentag im Vatikan, ist das überhaupt Anlass zu feiern für die Frauen dort?

Sailer: Solange man sich nicht selbst feiert, sondern sich öffnet - das gilt jetzt ganz allgemein - ist es immer ein Anlass zu feiern. Zum anderen gilt: Mehr Wahrnehmung für die Frauen schadet nicht. Und zwar auf allen Ebenen der Kirche. In unserer Ortskirche in Deutschland und Österreich gibt es ein wachsendes Bewusstsein unter den Bischöfen, dass dringend etwas getan werden muss, um Frauen stärker gerecht zu werden und sie mehr in Entscheidungsprozesse einzubeziehen. In Indien, wo beispielsweise weibliche Föten gezielt getötet werden, geht es um ganz andere Probleme. Ich denke, es ist sehr wichtig, dass die ganze Bandbreite weiblicher Anliegen im Vatikan zur Sprache kommt.

KNA: In Ihrem aktuellen Buch "Papst Franziskus. Keine Kirche ohne Frauen" legen Sie alle bisherigen Stellungnahmen des Papstes zum Thema Frau vor. Die Hinführung bietet einen Blick auf die Lage von Frauen im Vatikan. Wie sieht es da aktuell aus?

Sailer: Der Frauenanteil im Vatikan liegt bei mittlerweile fast 20 Prozent. Frauen sind anteilsmäßig hoch in Ebenen vertreten, die einen akademischen Abschluss benötigen, zum Beispiel Archivarinnen, Journalistinnen, Restauratorinnen, Kunsthistorikerinnen. Es gibt auch Abteilungsleiterinnen in einzelnen Behörden. Aber in Ämtern, die mit hoher Verantwortung verbunden sind, gibt es nur wenige Frauen. Da ist auf jeden Fall noch Luft nach oben. Welche Jobs Frauen im Vatikan haben, ist aber nur eine Seite der Medaille. Papst Franziskus hat ganz deutlich gesagt, wir dürfen uns nicht darauf beschränken, mehr weibliche Abteilungsleiterinnen zu fordern. Die Frau in der Kirche ist mehr. Und sie ist auch mystisch mehr. Es heißt 'die' Kirche und nicht 'der' Kirche. Die Kirche ist Frau. Die Kirche ist Mutter. Was das heute heißt, auch auf theologischer Ebene, das haben wir überhaupt noch nicht begriffen.

KNA: Dabei spricht auch der Papst immer wieder dieses Thema an. Warum tut sich nicht mehr?

Sailer: Ich denke, Papst Franziskus hat es in den drei Jahren, die er jetzt im Amt ist, wirklich geschafft, dieses Feld zu öffnen. Er regt an: Wir überlegen zusammen und dann sehen wir, in welche Richtung der Geist diese Sache weht. Das ist ein Werk längeren Atems. Aber trotzdem ist jetzt eine neue Ära angebrochen: Eine Ära der Öffnung und des Zusammenüberlegens statt des Abwehrens.

KNA: Franziskus sagt, Priesterinnen oder Kardinälinnen wird es nicht geben. Was könnte bei diesen Überlegungen dann herauskommen?

Sailer: Eine Krux liegt im Kirchenrecht. Ausschließlich Priester dürfen rechtlich bindende Entscheidungen über andere Priester treffen. Aber es gibt Vorschläge, dass Kirchenrechtler und - rechtlerinnen gemeinsam Spielräume für Laien suchen. Nicht für alle Posten, die heute von Priestern übernommen werden, ist die Weihe wirklich nötig. Eher für wenige. Es gibt auch den Vorschlag, eine neue Funktion für Frauen in der Kirche zu schaffen. Das Kardinalat ist im 11. Jahrhundert entstanden - als ein Amt der Kirche, nicht von Jesus eingesetzt. Es wäre denkbar, ein solches neues Beratungsamt für Frauen zu schaffen. Das wäre nach Ansicht vieler Theologinnen und Christinnen eine sehr gute Möglichkeit, das Wissen der Frauen und ihre weibliche Identität, Wahrnehmung und Erfahrung in der Kirche besser zur Geltung zu bringen. Ich denke, es wäre gut, ein solches Amt zu schaffen und zu sehen, wie es sich entwickelt. Auch das Kardinalat ist in einer bestimmten historischen Lage entstanden, als Antwort auf einen Bedarf. Heute hat die Kirche Bedarf daran, mehr auf den Rat von Frauen zu hören.