Innerkirchliche Reformansätze: (Frauen, Zölibat, wiederverheiratet Geschiedene, Moral ..)

In den Bistümern Österreichs soll der Anteil von Frauen in kirchlichen Leitungspositionen weiter angehoben werden. Einen entsprechenden Beschluss hat die Bischofskonferenz bei ihrer letzten Vollversammlung gefasst, wie deren Vorsitzender, Erzbischof Franz Lackner, kathpress bestätigte: „Die Bischöfe haben sich zu Maßnahmen verpflichtet, die den Anteil von Frauen mit Leitungsverantwortung in Dienststellen und Gremien der Diözesen in sieben Jahren zumindest auf ein Drittel erhöhen sollen". Die Stärkung von Frauen soll künftig auch ein „fixes Thema bei Weiterbildungsangeboten für das kirchliche Leitungspersonal" sein. Jede Diözese habe jetzt eigenständig zu klären, wie dieses Vorhaben umgesetzt wird. „Die beschlossenen Maßnahmen sind auch ein konkretes Ergebnis der Beratungen mit Frauen in kirchlichen Leitungspositionen“ (kap u. vn v. 3. 1.)

Anstelle eines Pfarrers steht im Erzbistum Hamburg erneut ein Team aus Haupt- und Ehrenamtlichen an der Spitze einer Pfarrgemeinde. Erzbischof Stefan Heße beauftragte einen Priester und vier Laien mit der Leitung der Pfarrei Sankt Maria. Grundlage ist eine Bestimmung des Kirchenrechts, wonach der Bischof bei Priestermangel die Pfarreileitung einer oder mehreren Personen übertragen kann, die nicht Priester sind. Er muss aber einen verantwortlichen Priester geben. In mehreren deutschen Bistümern wird dieses Modell bereits praktiziert, beispielsweise in Osnabrück und Münster. Nach der Versetzung des bisherigen Pfarrers hatte man keinen Ersatz gefunden. (kna u. domradio.de v. 14. 1.)

Ferdinand Kaineder, der neue Präsident der Katholischen Aktion Österreich (KAÖ) fordert in ORF-Radio OÖ mehr Geschlechtergerechtigkeit und Partizipation in der römisch-katholischen Kirche. Der „Verfassungsfehler der Kirche gegenüber den Frauen muss schleunigst behoben werden" sagte er und nannte den von Papst Franziskus ausgerufenen synodalen Prozess in der Weltkirche eine „coole Idee". Diesem widmet sich das von ihm und den beiden KAÖ-Vizepräsidentinnen Katharina Renner und Brigitte Knell gebildeten Führungstrio der KAÖ. Einer der Schwerpunkte dabei: mehr Mitgestaltungsmöglichkeiten für Frauen. Synodalität stehe für gemeinschaftliches statt hierarchisches Denken in der Kirche, erklärte Kaineder. Weitere Themen des Interviews waren u.a. die Corona-Epidemie und der Weltfrieden. (kap v. 17. 1.)

Papst Franziskus wird am kommenden Sonntag im Petersdom eine Messe zum „Sonntag des Wortes Gottes“ (auch: Bibelsonntag) feiern. Zum ersten Mal wird der Papst im Verlauf der Messe offiziell Laien (Männer und Frauen) mit dem Lektoren- und dem Akolythen-Dienst beauftragen. Das Entscheidende daran ist das Offizielle – denn auch bisher schon haben nicht-geweihte Männer und Frauen in der ganzen Welt Dienst als LektorIn oder AkolythIn getan. Diese werden jetzt in einem neuen Ritus namentlich aufgerufen. Dafür hat er mit einem Dekret vom Mai 2021 die kirchenrechtlichen Voraussetzungen geschaffen. Den neuen KatechetInnen will Franziskus ein Kreuz überreichen, die LektorInnen bekommen eine Bibel in die Hand gedrückt. (vn v. 19. 1.)

Der Pfarrer von Kindberg, Andreas Monschein, hat mit seiner Mitteilung im Sonntagsgottesdienst am 9. Jänner, aus Liebe zu einer Frau aus dem Priesteramt auszuscheiden, in Österreich eine Zölibatsdebatte ausgelöst. Ausführlich äußerten sich dazu die betroffene Diözese Graz-Seckau, Kardinal Christoph Schönborn, der Wiener Dompfarrer Toni Faber, der Kärntner Psychotherapeut und Ex-Priester Arnold Mettnitzer und andere. Die Salzburger Moraltheologin Angelika Walser und weitere Befürworter einer Änderung plädierten dafür, die Thematik im Rahmen der laufenden Weltsynode zu behandeln. Respekt für die Entscheidung des steirischen Pfarrers bekundete Kardinal Schönborn in der „Kronen Zeitung". Er finde es „richtig, wenn jemand in einer fixen Beziehung ist, dass man dazu steht und die Frau nicht im Regen stehen lässt". Mettnitzer meinte, es sei bedauerlich, „dass der Vatikan bis zum heutigen Tag die UNO-Menschenrechtskonvention nicht unterzeichnet hat; sonst müsste er ja den Mitgliedern der Katholischen Kirche unter anderem die Gleichberechtigung von Mann und Frau und deren freie Berufswahl garantieren". Laut Herbert Bartl, dem Vorsitzendem des Vereins „Priester ohne Amt", gibt es in Österreich rund 500 Geistliche, die ihr Priesteramt wegen einer Heirat nicht mehr ausüben. In der Ö1-Nachrichtensendung „Religion aktuell" meinte er, viele davon würden ihren Dienst gerne weiter leisten. Der Wiener Pastoraltheologe Paul Zulehner sprach sich im ORF dafür aus, dass die Priester in Zeiten des Priestermangels ihre Lebensform frei wählen können sollten. Eine „große Mehrheit" im Kirchenvolk und auch im Klerus wäre dafür. Er hofft auf eine Weichenstellung in diese Richtung bei der nächsten Weltbischofssynode 2023. Die Salzburger Moraltheologin Angelika Walser meinte in einem Interview mit den Kirchenzeitungen, Jesus habe zölibatär gelebt, diese Lebensform aber von seinen Aposteln nicht verlangt. Der Pflichtzölibat für Diözesanpriester sei erst 1139 eingeführt worden. Eine Rolle habe dabei auch die aus der antiken Welt ins Christentum eingeflossene Sexualfeindlichkeit gespielt. Erst das Zweite Vatikanum habe die Sichtweise aufgegeben, dass der Stand der Ehe moralisch irgendwie minderwertig ist. Eine Aufhebung des Pflichtzölibats täte dem Zeugnis des Zölibats gut, so Walser, „wenn man davon ausgehen kann, das ist eine selbst gewählte und gern eingehaltene Lebensform.". Sie hoffe diesbezüglich auf den weltweiten synodalen Prozess. (kap v. 19. 1.)

Der Luxemburger Erzbischof und Präsident der EU-Bischofskommission COMECE, Kardinal Jean-Claude Hollerich, sieht die römisch-katholische Kirche vor existenziellen Umbrüchen, sagte er im Interview mit der französischen Zeitung „La Croix“. Er wünscht sich einen offeneren Umgang der Kirche mit dem Thema Sexualität und eine Überprüfung des Pflichtzölibats. „Natürlich geht es nicht darum, den Leuten zu sagen, dass sie alles dürfen, oder darum, die Moral abzuschaffen, aber ich glaube, wir müssen sagen, dass Sexualität ein Geschenk Gottes ist. Wir wissen es, aber sagen wir es auch?“. Einige in der Kirche schrieben die Zunahme von Missbrauch der „Sexuellen Revolution“ zu. „Ich denke genau das Gegenteil: Die schlimmsten Fälle ereigneten sich meiner Meinung nach vor den 1970er Jahren. […] Was homosexuelle Priester betrifft - und es gibt viele von ihnen -, wäre es gut, wenn sie mit ihrem Bischof darüber sprechen könnten, ohne dass dieser sie verurteilt.“ Bei der Priesterausbildung müssten Laien und Frauen mitreden. […] Wir haben eine Theologie, die in 20 oder 30 Jahren niemand mehr verstehen wird. [… Daher brauche es] eine neue Sprache, die auf dem Evangelium fußt“. An der Entwicklung dieser neuen Sprache müsse sich die ganze Kirche beteiligen. Er hoffe auf die einberufene Weltsynode zur Synodalität der Kirche. (la croix u. kap u. vn v. 21. 1.)

Neun Priesterweihe-Kollegen aus dem Jahr 1967 haben einen offenen Brief an das Erzbistum Köln geschrieben. Gerhard Dane (Pfarrer im Sendebereich Bedburg-Elsdorf) im Interview mit domradio.de: „Wir haben gedacht, bevor wir die Augen und den Mund schließen müssen, was schon zehn von uns getan haben, sollten wir ihn noch mal öffnen, in dieser schwierigen Situation. […] Es ist zu viel, was Leute heute nicht mehr verstehen. Und vor allen Dingen, das ist mein spezielles Thema, unsere Sprache ist total antiquiert. Das sind Begriffe, die die Leute heute nicht nur falsch verstehen, sondern die sie nicht verstehen. […] Das fängt schon an, sagen wir mal: Vater unser im Himmel. Wo ist das denn? Himmel über den Wolken auf einem Thron? Ein alter Mann mit Bart? Oder verwechseln wir diesen Vater mit unserem eigenen, leiblichen Vater, mit dem wir vielleicht Probleme hatten? Es gibt kaum ein Wort, was wir nicht genau anschauen müssen, in der Hinsicht, was heißt das jetzt für mich und für uns? […] Das Argument, dass es doch immer so war, ist tödlich. Nicht nur bei der Kirche übrigens. Die Wahrheit ist ein Weg und die Kirche muss sich auf den Weg machen und auf dem Weg bleiben und nicht immer sagen: Weil es immer so war, muss es jetzt in Ewigkeit Amen so sein. Jesus will uns nicht in einem Bunker, sondern auf einem Weg. […] Ich glaube nicht, dass das dritte Vatikanum schon jetzt etwas bringen würde. Wir müssen erst mal wirklich umdenken und wir müssen andere Zugänge zum Priesteramt schaffen. Ich kenne so viele junge Leute, die würden wunderbare Priester sein, aber die Eingangsbedingungen sind unvereinbar: nur unverheiratete Männer, nur Männer, die auch die Gabe haben allein zu leben und die sollen gleichzeitig großartigen Kontakt schaffen, also das ist irgendwie unvereinbar. Du sollst Eremit sein können in einem Pfarrhaus und gleichzeitig Spezialist für den Kontakt der Menschen untereinander und der Menschen mit Gott. […] Man kann doch nicht den Menschen das Wichtigste, nämlich die Eucharistie vorenthalten, weil es nicht genug zölibatäre Vorsteher dieser Feier gibt. Das geht auf die Dauer nicht. Es grenzt an Sünde, dass bei uns, aber erst recht mal in Lateinamerika zum Beispiel, so viele Gemeinden ohne die Eucharistie den Sonntag erleben müssen, weil sie keinen zölibatären Vorsteher haben. Da knebelt die Kirche sich selbst. Die Apostel waren doch alle verheiratet, außer Paulus und vielleicht Johannes…“ (www.domradio.de v. 26. 1.)