Der römisch-katholische Moraltheologe Daniel Bogner (Universität Fribourg/Schweiz) fordert in der Zeitung „Welt“ eine Erneuerung der christlichen Sexualmoral und ein grundlegendes Umdenken der römisch-katholischen Kirche. Ein Glaube im reinen Gehorsamsmodus entspreche nicht dem, was die christliche Botschaft als Anspruch in sich trage: „Der Mensch ist ein zu Verantwortung und zu Selbstbestimmung fähiges Geschöpf. Wenn man das ernst nimmt, wird die Sache mit der Moral schwieriger." Die Kirche habe den Menschen oft in besserwisserischer Manier ihre Selbstverantwortung geraubt. Dennoch gebe es in einer immer pluraler werdenden Gesellschaft großen Bedarf an ethischer und moralischer Orientierung. Mit Blick auf die Sexualmoral sagte er, dass „die von außen manchmal als monolithisch wahrgenommenen Positionen des Christentums nicht so versteinert sind, wie sie einigen erscheinen". Die Bibel enthalte keine fertige Lehre für das 21. Jahrhundert, sondern sei selbst durch bestimmte kulturelle Zusammenhänge geprägt. Bogner spricht sich für die Öffnung des Ehesakraments für gleichgeschlechtliche Paare aus. „Es gibt einfach kein biblisch begründbares Verdikt gegen Homosexualität. Sehr wohl aber eine biblische Verpflichtung dazu, füreinander Verantwortung zu übernehmen und füreinander Sorge zu tragen." Die Verurteilung von Homosexualität in manchen Passagen der Bibel habe ihren Grund „in der Sorge um Stabilität und Fortbestand der sozialen Gruppe, also Fragen, die wir heute ganz anders beantworten würden". (domradio.de v. 1. 7.)
Die römisch-katholischen Bischöfe und Vertreter der Laien in Deutschland haben das veröffentlichte Arbeitspapier zur zweiten Session der Weltsynode über Synodalität überwiegend positiv aufgenommen. Es zeige, „dass die Kirche in Bewegung ist", sagte die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp laut Katholischer Nachrichten-Agentur. Das Papier gebe zwei zentrale Signale: „Die Kirche will sich tiefgreifend verändern, sie will synodal werden. Und sie ringt in diesem Prozess mit der Transformation ihrer Tradition.“ Dabei erkenne die Kirche offenbar, „dass ein Lehramt nicht gegen die kulturelle Vielfalt und die Hierarchie nicht gegen die Basis ausgespielt werden darf". Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, nannte das Papier eine gute Grundlage, mit der man in Rom vom 2. bis 27. Oktober arbeiten könne. Das vom Synodensekretariat nun vorgestellte „Instrumentum laboris" enthält in Form sogenannter „propositiones" konkrete Vorschläge für eine veränderte Rechtsordnung und Funktionsweise der Kirche. Dabei soll es unter anderem mehr Mitbestimmung, Transparenz und Rechenschaftspflicht geben. Auch der Vatikan soll künftig Rechenschaft vor den Ortskirchen ablegen. Die aus den bisherigen Phasen des weltweiten synodalen Prozesses erarbeiteten Vorschläge seien Ausdruck der Dynamik von Umkehr und Reform, hatte der Generalrelator der Synode, Kardinal Jean-Claude Hollerich, zur Präsentation des Papiers erklärt. ZdK-Vizepräsident Thomas Söding ergänzte, eine synodale Kirche sei „Kirche der Gleichberechtigung", in der sich vieles verändern müsse: „Auch das Kirchenrecht kann nicht bleiben, wie es ist, wenn mehr Partizipation garantiert werden soll." Das Arbeitspapier gehe „einen vorsichtigen Schritt auf genau diese Öffnung zu". Die reformorientierte Organisation „Wir sind Kirche" bezeichnete das Dokument gerade mit Blick auf die Weihe von Frauen als enttäuschend. Zwar würden Frauen häufiger im Text genannt, auch mit Blick auf den Wunsch für mehr Möglichkeiten der Ämterausübung. Dennoch sei die Zulassung von Frauen zum diakonischen Dienst nicht Gegenstand der Versammlung im Oktober. Es sei zu hoffen, dass die „Frauenfrage" bei den Verhandlungen selbst eine Dynamik entfalte, „die mit Verfahrensregeln nicht mehr zu stoppen sein wird". (kna v. 10. 7.)
Bei der kommenden zweiten Etappe der Weltsynode in Rom im Oktober 2024 wird nach Angaben des indischen Kardinals Oswald Gracias auch viel über Frauen in der Kirche gesprochen werden. „Es ist klar, dass wir Frauen ihren rechtmäßigen Platz geben müssen. Daran besteht kein Zweifel", sagte der ehemalige Erzbischof von Mumbai dem US-amerikanischen Portal Crux. „Wir werden über Wege diskutieren, wie Frauen in der Kirche eine größere Rolle einnehmen können, insbesondere als Entscheidungsträgerinnen". Gracias gilt als enger Vertrauter des Papstes. Er gehört seit 2013 dem Kardinalsrat an, der Franziskus berät und ist zudem Mitglied des Ständigen Synodenrats an. Die mögliche Zulassung von Frauen zum Diakonat soll aber nicht Thema der Synodenversammlung, sondern in einer der speziellen Arbeitsgruppen behandelt werden, die Papst Franziskus für aktuelle Themen eingerichtet hat. (kap v. 14. 7.)
Der venezolanische Theologe und Berater der Weltsynode, Rafael Luciani, sieht die römisch-katholische Kirche weltweit in einer Übergangsphase. Sie entwickele sich derzeit von einem sehr zentralistischen Kirchenbild hin zu einer Kirche der Ortskirchen, sagte der Professor an der Katholischen Universität in Caracas und Berater des Generalsekretariats der Weltsynode im Vatikan: „Wenn der ekklesiologische Übergang vollendet ist, werden die Ortskirchen eine eigene Autorität haben. […] Wir kommen weg von einem universalistischen Verständnis der Kirche, das in den 80er- und 90er-Jahren während des Pontifikats von Johannes Paul II. verfestigt wurde.“ Papst Franziskus habe die Theologie der Ortskirchen wieder hervorgeholt und vertiefe sie nun. Es gebe allerdings Ungleichzeitigkeiten mit Blick auf das Verständnis der Ämter, der Lehre, der Bedeutung der Bischofskonferenzen und der Ortskirchen. Luciani verwies in diesem Zusammenhang auf bereits bestehende Unterschiede innerhalb der Weltkirche. In Lateinamerika bestehe schon seit 1955 der Bischofsrat CELAM, in dem Bischöfe, Priester und Laien zusammenarbeiteten. In Europa gebe es mit der Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft und dem Rat der europäischen Bischofskonferenzen ähnliche Institutionen. „In Afrika oder im Nahen Osten ist das Konzept der kirchlichen Versammlung, in der die Stimme der Laien der Stimme der Bischöfe gleichberechtigt ist, unbekannt. Deshalb ist die Rezeption dieses Konzepts dort schwierig." Den Reformprozess des Synodalen Wegs in Deutschland bezeichnete er als „sehr wichtig, besonders auch die Form, die gewählt wurde, um ihn umzusetzen. […] Aber nicht in allen Teilen der Welt versteht man Kirche so wie in Deutschland, da muss Erklärungsarbeit geleistet werden." (vn u. kna v. 23. 7.)