Zusammenarbeit und Dialog mit den (Welt-)Religionen: (Islam u.a.)

Den Juden weltweit hat Papst Franziskus gute Wünsche zum jüdischen Neujahrsfest (Rosch Haschana) sowie den folgenden Festen Jom Kippur und Sukkot ausgesprochen: „Allen Brüdern und Schwestern jüdischen Glaubens spreche meine herzlichsten Glückwünsche aus“, sagte er beim Mittagsgebet auf dem Petersplatz. Das neue Jahr möge „reich an Früchten des Friedens und des Guten sein für all jene, die treu auf dem Weg des Gesetzes des Herrn wandeln“. Das bewegliche jüdische Neujahrsfest fällt in diesem Jahr auf den 7. und 8. September. (kna u. vn v. 5. 9.)

Das älteste Dokument über 1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland nördlich der Alpen ist in Köln angekommen. Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki präsentierte die Leihgabe aus der vatikanischen Bibliothek vor Journalisten. Bei den beiden Blättern aus dem 6. Jahrhundert handelt es sich um die Abschrift Edikts des römischen Kaisers Konstantin aus dem Jahr 321. Es ließ die Juden in den Stadträten Kölns zu. Das Dokument ist Ausgangspunkt für das laufende Festjahr „1.700 Jahre jüdisches Leben“ in Deutschland. Die beiden Blätter sollen für fünf Wochen in der Ausstellung „In die Weite - Aspekte jüdischen Lebens in Deutschland“ zu sehen sein. Die Schau zum Festjahr veranstalten das Kunstmuseum „Kolumba“ der Erzdiözese Köln und das Kölner jüdische Museum „MiQua“. Kardinal Woelki, Abraham Lehrer, der Vizepräsident des Zentralrats der Juden und die Direktorin des Landschaftsverbandes Rheinland, Ulrike Lubek, nahmen das Dokument in Empfang. Das Edikt zeige, dass jüdische Mitbürger im Jahr 321 in die Stadtregierung eingebunden waren. „Das Dokument ist für mich ein wunderbares Symbol geschwisterlicher Verbundenheit“, so Woelki. Gerade in Zeiten, in denen es wieder vermehrt antisemitische Anfeindungen gebe, müsse deutlich gemacht werden, dass Juden zu unserer Gesellschaft gehören. Auch Abraham Lehrer bekundete Freude, dass die beiden Blätter als ein „außergewöhnliches historisches Zeugnis“ den Weg von Rom nach Köln gefunden haben. Dafür habe sich Papst Franziskus persönlich eingesetzt. (kna u. domradio.de vn v. 9. 9.)

Nach der Kritik zweier Rabbiner an einer Papstansprache über die Thora hat der Vatikan die Papstworte näher erläutert. Adressaten des jeweils gleichlautenden Schreibens sind die Rabbiner Rasson Arussi, Leiter der Kommission des israelischen Grossrabbinats für den Dialog mit dem Vatikan und David Sandmel, Vorsitzender des Internationalen Jüdischen Komitees für interreligiöse Beratungen in New York. Beide hatten die Papstworte bei der Generalaudienz vom 11. August als Abwertung der Thora verstanden. Kurienkardinal Kurt Koch weist in dem Brief die Kritik der beiden Rabbiner zurück: Der Papst habe ausdrücklich klargemacht, dass Paulus das jüdische Gesetz achtete. Der von jüdischer Seite besonders kritisierte Satz „Das Gesetz gibt kein Leben“ müsse im Kontext der Ansprache und der Theologie des Paulus gelesen werden. Nach christlichem Glauben „ist Jesus Christus der neue Weg der Erlösung“. Dies bedeute aber keinesfalls, „dass die Thora herabgemindert wird oder nicht mehr als ‚Weg der Erlösung für Juden' anerkannt wird“. Auch beziehe sich die Papstansprache nicht auf das heutige Judentum, sondern sei allein ein Nachdenken über die paulinische Theologie gewesen. Angesichts der wiederholten Wertschätzung des Papstes für das Judentum, „kann keinesfalls vermutet werden, er kehre zu einer sogenannten ‚Lehre der Verachtung' zurück“. Der Papst respektiere die Fundamente des Judentums voll und ganz und bemühe sich stets um eine Vertiefung der Freundschaft zwischen beiden Religionen, so Koch. (vn v. 10. 9.)

In seiner Botschaft zum Auftakt des G20-Interfaith-Forums in Bologna (Italien) erinnerte Papst Franziskus an die rund 5.000 Todesopfer bei Anschlägen auf religiöse Gebetsstätten in den vergangenen vier Jahrzehnten. Allzu leicht verbreiteten sich Hasspredigten, werde religiös verbrämter Terrorismus finanziert. Religiöse Führungspersönlichkeiten, müssten das Böse anprangern, „gerade wenn es von denen begangen wird, die behaupten, demselben Glauben anzuhängen wie wir". Um religiösem Fundamentalismus und gewaltbereitem Extremismus zu begegnen, muss in allen Kulturen „das religiöse Analphabetentum" bekämpft werden. Nötig seien religiöse Erziehung sowie eine bessere Schulbildung. „Denn wo Armut und Unwissenheit unkontrolliert herrschen, kann fundamentalistische Gewalt leichter Fuß fassen", warnte der Papst. Das von der Gruppe der G20-Staaten organisierte Interfaith Forum in Bologna trägt das Motto „Zeit zu heilen. Frieden zwischen Kulturen, Verständigung zwischen Religionen". Einige hundert Vertreter von Religionen, Regierungen und Organisationen befassen sich in Vorträgen, Gesprächskreisen und religiösen Feiern mit Fragen des interreligiösen und interkulturellen Dialogs. Zu den Teilnehmern gehören unter anderem das Ehrenoberhaupt der orthodoxen Kirche, Patriarch Bartholomaios I. und der Augsburger Bischof Bertram Meier. (kna u. vn v. 11. 9.)

Hier die Ansprache von Papst Franziskus bei seiner Begegnung mit Vertretern der Ökumene und Mitgliedern der jüdischen Gemeinde Ungarns während seiner Reise nach Budapest am 12. September 2021 in Auszügen der offiziellen deutschen Übersetzung: „Liebe Brüder und Schwestern! Ich bin sehr froh, hier bei euch zu sein. Eure Worte, für die ich euch danke, und eure Teilnahme Seite an Seite bei dieser Begegnung sind Ausdruck einer großen Sehnsucht nach Einheit. […] Ich schaue auf euch, Brüder und Schwestern im Glauben an Christus, und ich segne den gemeinschaftlichen Weg, den ihr immer weiter voranschreitet. Die Worte unseres calvinistischen Bruders haben mich ziemlich berührt, danke. […] Gemeinsam füreinander zu beten und sich in Liebe miteinander für diese Welt einsetzen, die Gott so sehr liebt (vgl. Joh3,16): das ist der konkreteste Weg zur vollen Einheit. Ihr, Juden wie Christen, wollt im Anderen nicht länger einen Fremden, sondern einen Freund sehen – nicht länger einen Gegner, sondern einen Bruder und eine Schwester. Das ist die von Gott gesegnete Veränderung der Sichtweise, die Umkehr, die einen neuen Anfang ermöglicht. […] Ich möchte mit euch das suggestive Bild der Kettenbrücke aufgreifen, welche die beiden Teile dieser Stadt miteinander verbindet: Sie lässt diese nicht verschmelzen, aber hält sie zusammen. So sollen auch die Beziehungen zwischen uns sein. Wann immer die Versuchung bestand, den anderen zu absorbieren, wurde nicht aufgebaut, sondern zerstört. […] Niemand soll sagen können, dass von den Lippen von Gottesmännern entzweiende Worte kommen, sondern nur Botschaften der Offenheit und des Friedens. In einer Welt, die von zu vielen Konflikten zerrissen ist, ist dies das beste Zeugnis, das diejenigen geben können, die die Gnade erhalten haben, den Gott des Bundes und des Friedens zu kennen. Die Kettenbrücke ist nicht nur die bekannteste, sondern auch die älteste Brücke der Stadt. Viele Generationen haben sie überquert. So lädt sie uns ein, uns an die Vergangenheit zu erinnern. Da gibt es Leid und Dunkelheit, Unverständnis und Verfolgung, aber wenn wir zu den Wurzeln gehen, werden wir ein größeres gemeinsames geistiges Erbe entdecken. […] Vielen Dank und einen guten Weg - gemeinsam. Danke!“ (vn v. 12. 9.)

Mitten in der Altstadt von Bratislava, gleich neben der Kathedrale, lag jahrhundertelang das jüdische Viertel. An seinem ersten vollen Besuchstag in der Slowakei traf sich Papst Franziskus hier mit Mitgliedern der jüdischen Gemeinschaft. Eine dunkle Mauer, die die Umrisse der zerstörten Synagoge zeigt, und eine abstrakte Bronze-Skulptur mit Davidsstern an der Spitze – viel mehr ist im Zentrum von Bratislava vom früheren jüdischen Viertel nicht geblieben. „Der Platz, auf dem wir uns befinden, ist für eure Gemeinschaft sehr bedeutungsvoll“, sagte Papst Franziskus. „Er hält die Erinnerung an eine reiche Vergangenheit wach. […] Hier hat der berühmte Rabbiner Chatam Sofer gearbeitet.“ Wie einst Mose am brennenden Dornbusch fühle er das Bedürfnis, „die Schuhe abzulegen“, denn hier sein ein heiliger Ort, „der durch die Geschwisterlichkeit der Menschen im Namen des Höchsten gesegnet ist“.

15.000 Juden lebten im Jahr 1940 in Bratislava; den Krieg überlebten nur 3.500 von ihnen. „Im hasserfüllten Wahn wurden während des Zweiten Weltkriegs mehr als hunderttausend slowakische Juden ermordet“, sagte der Papst. „Und als man dann die Spuren der Gemeinschaft auslöschen wollte, wurde hier die Synagoge zerstört.“ Dieser Hieb galt dem früheren kommunistischen Regime, das die Synagoge ganz geschliffen hat. „Hier, angesichts der Geschichte des jüdischen Volkes, die von dieser tragischen und unsagbaren Schmähung gezeichnet wurde, schämen wir uns zuzugeben: Wie oft ist der unaussprechliche Name des Höchsten für unbeschreibliche Akte der Unmenschlichkeit benutzt worden!“ Ohne Umschweife solidarisierte sich Franziskus mit dem jüdischen Volk. „Liebe Brüder und Schwestern, eure Geschichte ist unsere Geschichte, eure Schmerzen sind unsere Schmerzen.“ Das furchtbare Leid der Shoah dürfe nicht vergessen werden, weil sonst „keine dauerhafte Morgenröte der Geschwisterlichkeit“ aufziehen könne. „Helfen wir uns gegenseitig dabei […Wir sind] vereint in der Verurteilung jeglicher Gewalt, jeder Form des Antisemitismus. […] Hier bekräftigen wir gemeinsam vor Gott unseren Willen, auf dem Weg der Annährung und der Freundschaft fortzufahren.“ Richard Duda, der Präsident der Zentralunion jüdischer Gemeinden der Slowakei, sprach von Zeichen der Hoffnung. „Dieser Ort kann auch als eine Botschaft der Zusammenarbeit von Christen und Juden gedeutet werden – wir versuchen sie seit ein paar Jahren zu verstärken.“ Dann wurde das traditionelle jüdische Totengebet gesprochen. (vn v. 13. 9.)

Nach dem Vorbild des in Berlin entstehenden „House of One" soll es auch in der zentralafrikanischen Hauptstadt Bangui ein Mehrreligionen-Haus geben, sagte der römisch-katholische Erzbischof von Bangui, Kardinal Dieudonne Nzapalainga, in Berlin. Der sunnitische Imam Abdoulaye Ouasselegue erklärte, der Bau solle die interreligiösen Friedensbemühungen voranbringen. Beide Geistliche sind anlässlich der Deutschlandpremiere des Films „Siriri" in Berlin zu Gast. Der 75-minütige Beitrag des Schweizer Regisseurs Manuel von Stürler beschreibt die Friedensbemühungen von Nzapalainga und dem im vergangenen November verstorbenen Imam Kobine Layama. Dessen Engagement führt jetzt Ouasselegue, Generalsekretär des Höheren Islamischen Rates der Zentralafrikanischen Republik, fort. Der Kardinal und der damalige Imam hatten 2015 den Aachener Friedenspreis erhalten. Auch der evangelikale Geistliche Nicolas Geurekoyame-Gbangou arbeitet mit. Imam Ouasselegue erklärte, die Geistlichen versuchten Konflikte zu schlichten, indem sie zunächst auf ihre Gemeinschaften einwirken und diese dann zu interreligiösen Treffen zusammenführen. Um Misstrauen abzubauen, würden die Feste jeder Religion von anderen mitgefeiert. (kna u. kap v. 16. 9.)

In Sri Lanka fordern buddhistische Mönche Gerechtigkeit für die Opfer der Anschläge am Ostersonntag 2019 in Colombo. Bei den Selbstmordanschlägen islamistischer Terroristen auf zwei römisch-katholische Kirchen und ein freikirchliches Gotteshaus sowie drei Luxushotels im mehrheitlich buddhistischen Sri Lanka waren am Ostersonntag 2019 mehr als 250 Menschen ums Leben gekommen. Nicht nur Sri Lanka, sondern die ganze Welt warte auf Gerechtigkeit für die Leidtragenden der Osterattentate, zitierte der asiatische Pressedienst „Ucanews" laut Katholischer Nachrichten-Agentur KNA den Mönch und Professor an der Universität von Colombo, Agalakada Sirisumana Thera. Der Bericht der Präsidentenkommission über die möglichen Hintergründe der Anschläge sei bislang nicht vollständig bei den Menschen angekommen, kritisierte Sirisumana Thera. Der Mönch Omalpe Sobitha Thera, Schirmherr der buddhistischen Organisation Hela Bodu Saviya, betonte gegenüber Ucanews: „Die Katholiken haben jedes Recht, sich an internationale Institutionen zu wenden, wenn die Sache nicht auf nationaler Ebene geklärt werden kann." (kna u. kap v. 27. 9.)

Ein Friedensprojekt in Nigeria ist die interreligiöse Fraueninitiative „Mütter für den Frieden“/„Women's Interfaith Council“ (WIC). Missio hat die WIC für den Aachener Friedenspreis 2021 vorgeschlagen. Z. B. Rahila Godwin verlor nach zahlreichen Verlusten von Familienmitgliedern und Freunden nicht ihren Lebensmut. Sie kämpft für Versöhnung und Vergebung, engagiert sich bei WIC. Oder Elizabeth Abuk: Sie ist 64 und hat 2010 WIC mitgegründet. 2014 verlor die Politikerin bei einem Überfall mehrere Angehörige: „Sie wurden alle getötet, meine jüngere Schwester, ihr Mann und drei ihrer Kinder […] Ich mache weiter.“ Die „Mütter für den Frieden“ besuchen Waisenhäuser, Flüchtlingscamps, feiern gemeinsam das islamische Fest Sallah und Weihnachten. „Wir Frauen, Christinnen und Musliminnen, stehen zusammen“, sagt Oli Levi. „Ich möchte eine Friedenshüterin sein. Ich will, dass in Nigeria Frieden herrscht.“ Und das, obwohl die 69-Jährige bis heute nicht weiß, wie es ihrer von der Terrormiliz Boko Haram entführten Schwiegertochter geht. Das WIC besteht aus 23 christlichen und muslimischen Frauenverbänden und ist eine von Laiinnen getragene Organisation, die schon lange von missio unterstützt wird. „Die Auszeichnung ist eine großartige Ermutigung“, betont missio-Präsident Dirk Bingener. Viele der Frauen hätten „Grund gehabt aufzugeben, aber sie haben sich anders entschieden. Sie setzen sich für Versöhnung ein, sie haben eine Passion für den Frieden. Lautstark protestieren sie gegen den Missbrauch ihrer Religion für politische Zwecke.“ (kna u. vn v. 30. 9.)

Mit interreligiösen Gebeten haben ukrainische Religionsvertreter an die Kiewer Juden erinnert, die vor 80 Jahren durch deutsche Besatzungstruppen massakriert wurden. Der Oberrabbiner der Ukraine, Mosche Reuven Azman, der orthodoxe Kiewer Metropolit Epiphanius und der griechisch-katholische Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk entzündeten Kerzen in Babi Jar im Norden Kiews. Dort erschossen deutsche Soldaten fast 34.000 Jüdinnen und Juden. Bischof Schewtschuk rief dazu auf, auf die Stimme zu hören, die von Babi Jar aus zum Himmel schreie: „Das ist die Stimme unserer Geschwister. Denn bevor wir Christen, Juden, Muslime, Ukrainer, Russen sind, sind wir Menschen, die von unserem Schöpfer berufen sind, einen Bruder bzw. eine Schwester in einer anderen Person zu sehen.“ Der Oberrabbiner Azman betonte laut dem Pressedienst RISU, nach Babi Jar („Altweiberschlucht“) habe es Hunderte ähnliche Schluchten gegeben, in denen unschuldige Menschen ermordet worden seien. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Israels Präsident Isaac Herzog werden in Kiew an einer Gedenkzeremonie für die Opfer teilnehmen. (kna u. vn v. 30. 9.)