Innerkirchliche Reformansätze (Frauen, Zölibat, wiederverheiratet Geschiedene, Moral ..) sowie zum weltweiten „Synodalen Prozess“

Der Leiter der vatikanischen Glaubensbehörde, Kardinal Victor Fernandez heißt Transpersonen in der römisch-katholischen Kirche willkommen. Das gelte auch für Menschen, die Entscheidungen träfen, die nicht mit der römisch-katholischen Lehre übereinstimmten. Dies sagte er auf einer Pressekonferenz zur Vorstellung des neuen lehramtlichen Dokuments „Dignitas infinita" (Unendliche Würde) im Vatikan. Auch wenn die Kirche Geschlechtsumwandlungen ablehne, gelte die Ablehnung nicht für die Menschen selbst. Zum Thema Homosexualität betonte Glaubenspräfekt Fernandez, die Kirche sei für deren Entkriminalisierung. Mit der Verfolgung Betroffener - in manchen Ländern sogar durch Gesetze - sei die Kirche „natürlich nicht einverstanden" und er sei „entsetzt über jene Katholiken, die Gesetze gegen Homosexuelle absegnen". Die Diskriminierung eines Menschen nur aufgrund seiner sexuellen Diskriminierung stehe im Widerspruch zur Menschenwürde, welche die Kirche „über alle Umstände hinaus" verteidige. Papst Franziskus stehe dafür, „dass wir alle willkommen heißen müssen, auch wenn sie in den Fragen der Sexualität und der Ehe anders denken". Ähnlich äußerte er sich zum Thema Leihmutterschaft. Nicht das Kind, das aus einer solchen Transaktion geboren werde, sei abzulehnen, vielmehr müssten sich die Menschen mit Elternwunsch fragen, ob sie ihre Wünsche über die menschliche Würde des zu erzeugenden Kindes – das letztlich eine Art Vertragsgegenstand darstelle - stellen könnten. Die im Dezember veröffentlichte Erklärung „Fiducia supplicans“ verteidigt er: So sei das Dokument, mit dem sich der Vatikan unter bestimmten Bedingungen gegenüber einer Segnung homosexueller Paare öffnet, laut einer unveröffentlichten Studie bereits Milliarden Mal im Internet aufgerufen worden. 75 Prozent, der unter 30-jährigen befragten Italiener seien mit den Inhalten der Erklärung einverstanden, erläuterte er. Dem Papst sei es wichtig, den Segensbegriff auszuweiten. (vn u. kap v. 8. 4.)

Ohne Ankündigung hat Papst Franziskus etwas rückgängig gemacht, was sein Vorgänger Benedikt XVI. (2005-2013) in seinem Pontifikat geändert hatte. Neuerdings führt der Papst wieder den historischen Titel „Patriarch des Westens" („Patriarca dell' Occidente"; auch: „Patriarch des Abendlandes"). Diesen Titel hatte Benedikt XVI. im ersten Jahr seines Pontifikats aus der Liste der Papst-Titel streichen lassen und damit Irritationen bei den Kirchen des Ostens ausgelöst. Mit dem Titel „Patriarch des Westens" stellt sich der Papst im ökumenischen Dialog auf eine Ebene mit dem Patriarchen von Konstantinopel und weiteren Patriarchen, die den Papst nicht als ihr Oberhaupt anerkennen. Die Kirche der ersten fünf Jahrhunderte kannte seit dem Konzil von Chalcedon 451 eine Rangfolge der fünf wichtigsten Patriarchate: Rom, Konstantinopel, Alexandrien, Antiochien und Jerusalem. Der byzantinische Mönch und Kirchenlehrer Theodor Studites (759-826) sprach von der „fünfhäuptigen Macht der Kirche" (griech. „Pentarchie"). Gemeint war damit eine Leitungsgewalt der fünf Patriarchen in gemeinsamer Verantwortung in der Nachfolge der Apostel. Sie wurden als die wichtigsten Einheitszentren der einen Kirche verstanden. Alle anderen Teilkirchen, so das Idealbild, mussten mit diesen fünf im Glauben verbunden sein. Jedes Patriarchat der Pentarchie hatte sein je eigenes Territorium mit den ihm unterstellten Metropoliten, Bischöfen und Gläubigen zu leiten. Ein Übergriff eines Patriarchen in den Zuständigkeitsbereich des Kollegen war untersagt. Wenn Fragen zur Entscheidung anstanden, trafen sich die Bischöfe auf dem vom byzantinischen Kaiser einberufenen Ökumenischen Konzil. Rom mit den Apostelgräbern von Petrus und Paulus kam der Ehrenvorrang eines „Primus inter pares" zu (Erster unter Gleichen). Der Patriarch von Konstantinopel, Nachfolger des Apostels Andreas, nahm den zweiten Rang ein. Bis heute ist er Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie. Der dritte Rang der Pentarchie kam Alexandria zu, dessen Patriarchen sich auf das Martyrium des Evangelisten Markus berufen. Allerdings gibt es heute in der antiken Residenzstadt Markus-Nachfolger verschiedener christlicher Konfessionen: Tawadros II. ist koptischer Papst von Alexandrien und ganz Afrika. Theodoros II ist seit 2004 Patriarch der griechisch-orthodoxen Kirche von Alexandrien. Rang vier und fünf haben Antiochien und Jerusalem. Nach dem Ausscheiden Roms aus der Pentarchie und dem Untergang des Byzantinischen Reiches (1453) wurde Moskau 1589 zum Patriarchat erhoben und von der Synode der vier verbliebenen Pentarchen 1593 in Istanbul neu an die fünfte Stelle gereiht. Moskau versteht sich als das „Dritte Rom". Daher beäugt es die Rolle des Ehrenprimats von Konstantinopel sehr argwöhnisch. Es liegt im Bereich der Spekulation, dass Franziskus mit dieser Geste auch Bartholomaios I. den Rücken gegenüber dem russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. stärken will: Indem Rom das Fünfeck der Alten Patriarchen wiederherstellt, wird die Position Moskaus theologisch geschwächt. Sichtbar vollzogen wurde die Veränderung im sogenannten Päpstlichen Jahrbuch für das Jahr 2024. Weitere Titel sind laut dem Jahrbuch: „Stellvertreter Jesu Christi, Nachfolger des Fürsten der Apostel, Pontifex maximus der universalen Kirche, Primas von Italien, Erzbischof und Metropolit der Provinz Rom, Souverän des Staates der Vatikanstadt, Diener der Diener Gottes". Auf der Seite davor steht der Papst mit dem Titel: „Franziskus, Bischof von Rom". (kna v. 10. 4.)

Die römisch-katholische Kirche in der Schweiz ruft ein neues synodales Gremium ins Leben: 30 Personen aus unterschiedlichen Regionen und Bereichen sollen der „Synodalitätskommission“ angehören. So will die Kirche in der Schweiz die Synodalität „als kirchlichen Stil für Entscheidungsprozesse“ fördern. Das teilten die Schweizer Bischofskonferenz (SBK) und die Römisch-Katholische Zentralkonferenz der Schweiz (RKZ), der Dachverband der Kantonalkirchen, in einem Communiqué mit: „Der spirituelle Ansatz besteht darin, das Hören auf den Heiligen Geist zu verbinden mit dem Hören auf die Stimme der Menschen“. SBK und RKZ gewährleisten gemeinsam die Rahmenbedingungen für die Erprobungsphase von 5 Jahren. Die 30 Personen sollen sie die verschiedenen Sprachregionen, Jugend- und Erwachsenenorganisationen vertreten oder einen Bezug zur Migration haben. Auch Vertreterinnen und Vertreter der Theologie und Liturgie sowie aus verschiedenen Bereichen der Seelsorge werden der Kommission angehören. Hauptaufgabe sei es, den synodalen Prozess auf der nationalen Ebene zu gestalten. Unter anderem soll sie auch geeignete Formen der synodalen Beratung und Entscheidungsfindung entwickeln und erproben. (kath.ch v. 11. 4.)

Der römisch-katholische Moraltheologe Martin Lintner von der Philosophisch-Theologischen Hochschule Brixen wurde von Rom als neuer Dekan der Hochschule bewilligt. Vor einem halben Jahr war er noch abgelehnt worden. Doch dann kam mit Kardinal Victor Fernandez ein neuer Glaubenspräfekt nach Rom. Und dann gab es die Zustimmung. Prof. Lintner sieht seine Ernennung zum Dekan als ermutigendes Signal für andere. In der „Zeit"-Beilage „Christ und Welt" hoffe er, es könne auch anderen Theologen und Theologinnen helfen, „Befürchtungen abzubauen, sich durch Publikationen von vornherein kirchliche Karrieren zu verbauen". Er werde auch als Dekan darum bemüht sein, „Positionen weiterhin sachlich zu vertreten, ohne mich einschüchtern zu lassen. […] Theologische Forschung muss begründet und darf nicht antikirchlich angehaucht sein [...] Bei aller kritischen Auseinandersetzung mit der kirchlichen Lehre stelle ich sie nicht grundsätzlich und pauschal infrage, sondern versuche, sie zustimmungsfähig darzustellen und dann meine eigene Position als solche kenntlich zu machen." Auch in der Theologie zähle „die Kraft der Argumente". Mit dem neuen Präfekt sei ein „neuer Stil" im Bildungsdikasterium zu sehen. Dass aus einem vatikanischen Nein ein Ja zu einer Personalentscheidung wurde, sei „in dieser Form tatsächlich ein Präzedenzfall". Der in den Zustimmungsprozess involvierte Chefdogmatiker des Papstes, Kardinal Victor Fernandez, musste vor seiner eigenen Ernennung zum Rektor der Katholischen Universität in Buenos Aires (2011-2019) ebenfalls innerkirchliche Widerstände überwinden. (domradio.de v. 11. 4.)

Die südafrikanische Theologin Nontando Margaret Hadebe fordert, dass die Lehre der katholischen Familienplanung geändert wird: Frau Hadebe in der März-Ausgabe der Herder Korrespondenz: „Die Lehre der Kirche zur Familienplanung muss geändert werden. Die sogenannte ‚natürliche’ Familienplanung führt dazu, dass manche Frauen innerhalb von vier Jahren vier oder sogar fünf Kinder zur Welt bringen. Diejenigen, die effektive Wege der Geburtenkontrolle wählen, fühlen sich schuldig. [] Geschlechtsspezifische Gewalt muss in Predigten und kirchlichen Institutionen viel stärker thematisiert und angeprangert werden. Die LGBTQ-Gemeinschaft muss vollwertig und gleichberechtigt am Leben und Dienst der Kirche teilhaben dürfen. Dazu zählt auch die Segnung ihrer Partnerschaften. Starre und überholte Auffassungen über die tatsächliche Komplexität der menschlichen Sexualität müssen infrage gestellt werden. [] Die Exkommunikation der Priesterinnen, die contra legem in der weltweiten Vereinigung ‘Roman Catholic Women Priests’ (RCWP) geweiht wurden, muss aufgehoben werden. Die Theologin aus Südafrika ist internationale Koordinatorin von Side by Side, die sich für Geschlechtergerechtigkeit einsetzt. (kath.ch v. 15. 4.)

Die österreichischen Priesterräte sehen in der Synodalität einen „Dauerauftrag an uns alle über alle Ebenen hinweg". Der von Papst Franziskus ausgerufene „Synodale Prozess“ war Thema bei der Tagung der Arbeitsgemeinschaft Österreichischer Priesterräte im Stift Seitenstetten. „Echtes Hinhorchen auf die Anliegen, Fragen und Zugänge der Anderen stärken das Miteinander ungemein", zog der ARGE-Vorsitzende Gerald Gump in einer Aussendung das Fazit der Tagung. Einen Impulsvortrag hielt die Linzer Pastoraltheologin Klara-Antonia Csiszar, die bei der der Welt-Bischofssynode als theologische Beraterin teilgenommen hatte. Die Dekanin an der Katholischen Privatuniversität habe mit ihren Schilderungen und ihrem Erfahrungshorizont einen „spannenden Einblick in diese doch massiv veränderte Synoden-Situation" eröffnet, so Gump. Die Arbeitsgemeinschaft Österreichischer Priesterräte ist die von der Bischofskonferenz offiziell eingerichtete Plattform aller diözesanen Priesterräte. (kap v. 18. 4.)

Die Kirche könne das Evangelium nur dann glaubwürdig vertreten, wenn sie zuerst intern glaubwürdig wird. Dazu die Theologin Tatjana Disteli: „Zurück zu den Wurzeln, zu Jesu Vermächtnis, dem unbedingten Liebesgebot.“ Der Weg dorthin verlaufe synodal und muss jetzt begangen werden. Dass Jesus mit „gänzlich abhängigen und machtlosen Frauen“ und randständigen Witwen und Waisen in Kontakt trat, war „revolutionär. […] Es war konsequent, dass Frauen bis ins vierte Jahrhundert hinein kirchliche Ämter innehatten“, sagte die Schweizer Delegierte an der letztjährigen Synodalen Europäischen Kontinentalversammlung in Prag. „Wenn wir Dezentralisierung und Subsidiarität als Reichtum der Vielfalt in Einheit verstehen lernen, steht die Türe zu adäquater Inkulturation offen.“ Die Folgen seien Gleichberechtigung, Partizipation und Mitverantwortung, radikale Inklusion und Ermächtigung der Laien. (kath.ch v. 20. 4.)

Die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) lädt Frauen erneut zum „Predigerinnentag“ ein. Bislang hätten sich schon mehr als 130 Frauen mit über 170 Predigten für die Aktion gemeldet, teilte die kfd mit. Mit dem Predigerinnentag solle ein Zeichen für mehr Gleichberechtigung in der Kirche gesetzt werden. Zur Beteiligung eingeladen seien auch Frauen aus anderen Verbänden und Organisationen. „Vor vier Jahren haben wir den kfd-Predigerinnentag ins Leben gerufen. Von Jahr zu Jahr beteiligen sich mehr Frauen, die ihre Berufung überzeugend sichtbar werden lassen“, sagte die geistliche Leiterin des kfd-Bundesverbandes, Ulrike Göken-Huismann. „Wir freuen uns über jede Frau, die ‚auf die Kanzel steigt!’ “. Der Predigerinnentag beginnt am 29. April, dem Festtag der Heiligen und EU-Patronin Katharina von Siena und endet am 17. Mai, dem Gedenktag der Apostelin Junia. Es handele sich dabei um „zwei starke Frauen, die in ihrer Zeit jeweils den Glauben überzeugend und mutig gelebt und verkündet haben“, erklärte Göken-Huismann. (vn u. kna u. kath.ch v. 22. 4.)

Der Diakonat für Frauen in der römisch-katholischen Kirche kann aus Sicht der US-Theologin Phyllis Zagano nur noch eine Frage der Zeit sein. Es gehe dabei nicht mehr um das „Ob", sondern vielmehr das „Wann", sagte die Theologin, die 2016 selbst Mitglied einer päpstlichen Kommission zur Diakonats-Frage war, im Podcast „Himmelklar". Die Öffnung des Diakonats für Frauen sei ein notwendiger Schritt der Kirche, auch viele Offizielle im Vatikan hätten ihr das im Gespräch bestätigt. Es gehe dabei nicht so sehr um Gleichberechtigung, sondern darum, „den Menschen in seiner ganzen Menschlichkeit zu erkennen. […] Wenn eine Bischofskonferenz entscheidet, dass sie in ihren Diözesen weibliche Diakone einführen möchte, muss das einfach in Rom angemeldet werden und Rom würde zustimmen." Als Beispiel nannte Zagano etwa Gemeinden in Lateinamerika, in denen aufgrund von Priestermangel keine regelmäßigen Sakramente mehr gespendet werden können. Gleichzeitig warnte die Theologin davor, das Frauendiakonat mit der Frage nach einer Priesterweihe für Frauen zu vermischen. Ein solcher, laut Zagano fälschlich angenommener Zusammenhang der Weihestufen werde oft als Argument gegen die Diakoninnenweihe genutzt und sei deswegen „ein Teil des Problems". Die Urkirche, in der Frauen nachweislich zu Diakoninnen, jedoch nicht zu Priesterinnen geweiht worden seien, belege das. Der Begriff „Frauendiakonat" sei eigentlich kirchengeschichtlich nicht korrekt. Denn „es geht um die Frage, ob Frauen zur existierenden Diakonenweihe in der katholischen Kirche zugelassen werden.“ (kna v. 24. 4.)

27 von 31 Bischöfe Deutschlands nehmen eine Satzung für den „Synodalen Ausschuss“ an. Dieses Gremium soll bis 2026 die Einrichtung eines „Synodalen Rates“ vorbereiten, in dem Bischöfe und Laien gemeinsam über wichtige innerkirchliche Fragen in Deutschland beraten und beschließen wollen. Die Bischöfe Gregor Maria Hanke (Eichstätt), Stefan Oster (Passau), Rudolf Voderholzer (Regensburg) und Kardinal Rainer Maria Woelki (Köln) sind weiterhin dagegen. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) hatte als Co-Träger die Satzung bereits angenommen. „In römischen Einsprüchen zum Synodalen Weg in Deutschland war bislang immer wieder deutlich geworden, dass ein ‚Synodaler Rat', wie er im Beschluss des Synodalen Weges vorgesehen und formuliert worden war, nicht mit der sakramentalen Verfassung der Kirche vereinbar sei", heißt es in einer Erklärung der 4 Bischöfe. Bei einem Treffen von Bischöfen und hochrangigen Vatikanvertretern im März konnte jedoch ein vorzeitiges Aus des deutschen Reformdialogs verhindert werden. (kna v. 25. 4.)

Die französische Untersekretärin der Leitung der Bischofssynode hält es für denkbar, dass die einzelnen Ortskirchen über den Diakonat für Frauen entscheiden könnten. Nathalie Becquart verwies in der katholischen „Die Tagespost" darauf, dass das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) den ständigen Diakonat für Männer wieder eingeführt hatte. Den Bischofskonferenzen und Diözesen sei es damals freigestellt worden, ob sie diesen umsetzen wollten. Dasselbe könne auch für den Frauendiakonat gelten. Papst Franziskus sei für die Frage des Frauendiakonats offen, nicht aber für die Frage des Frauenpriestertums. Auf globaler Ebene gebe es allerdings keinen Konsens zum Frauendiakonat, auch unter Frauen und Bischöfen. Sie denke, dass der Papst mit Rücksicht auf die Einheit der Kirche in dieser Frage jetzt keine Entscheidung treffen wolle. (kna v. 25. 4.)

Thomas Hieke (Professor für katholische Theologie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz) im Interview zur Genderfrage: In der Genesis steht: Gott schuf den Menschen „als Mann und Frau“: „Wenn man das als binär deutet, […] klingt das eindeutig. Wenn man den Text liest, findet man aber weitere solcher Paare: Licht und Dunkel, Meer und Land, Tag und Nacht. Und wenn man diese Paare anschaut, merkt man, da gibt es ja doch einiges dazwischen; zwischen Meer und Land gibt es das wunderschöne Wattenmeer, zwischen Licht und Dunkel gibt es die Morgendämmerung und die Abenddämmerung. So gibt es zwischen dem eindeutigen Mannsein und Frausein vielleicht auch etwas dazwischen. […] Vielleicht ist das auch schon ein Hinweis darauf, dass es da noch ein bisschen mehr geben kann.“ Zum Verbot von Homosexualität im Ersten Testament als „Gräuel“ meint er: „Es ist interessant, dass immer dieser Vers angeführt und der Kontext außer Acht gelassen wird. Dieser Vers steht in einem Zusammenhang, bei dem allerlei Praktiken verboten werden, die nicht zu Nachkommen führen. Der Abschnitt beginnt etwa mit dem Verbot, mit einer menstruierenden Frau zu schlafen. Warum? Weil eine menstruierende Frau nicht schwanger werden kann. […] In der Natur, bei den Tieren genauso wie beim Menschen, gibt es ganz viel Sexualität, die oftmals auch nicht zu Nachkommenschaft führt. Das ist erstaunlich. Da ist die Natur ist unglaublich verschwenderisch. Da fragt man sich: Was ist jetzt hier widernatürlich? […Oder ist es nicht] eher natürlich, freigiebig, verschwenderisch, voller Leben zu sein? […] Wir haben Gottes Wort in Menschenwort. […] Dabei können auch viele Fehler und Ungereimtheiten passieren. […] Wir hatten das Problem schon mal mit Galilei. Bei der Rehabilitierung des Galileo Galilei hat Papst Johannes Paul ll. im Jahr 1992 gesagt, dass das Problem nicht die Naturwissenschaften waren, sondern offensichtlich die Bibelinterpretation.“ Und zur Frage, ob die Kirche eine Lehre ändern kann, sagt er: „Ein Beispiel: Es ist eine lange Tradition gewesen, in der christlichen Kirche auf das Judentum herabzusehen, das Judentum zu verachten und die Juden als Gottesmörder hinzustellen. Mit dieser Tradition hat die Kirche Gott sei Dank auch gebrochen. Man kann Traditionen, wenn man erkennt, dass sie schlecht sind, auch aufgeben. Und man muss das auch tun. Sich einfach nur hinzustellen und zu sagen ‚wir können nicht‘ ist für mich kein Argument.“. (domradio.de v. 25. 4.)

Dreieinhalb Jahre haben sich die 13 Absolventinnen mit diakonischen Aufgaben befasst. Jetzt kämpfen sie dafür, dass die Amtskirche sie offiziell zu Diakoninnen weiht. Maria Messing, eine davon, sagt über die Weihe-Verwehrung: Als „Mensch voller Hoffnung" glaubt sie trotzdem fest daran, dass Entwicklung möglich ist, auch in der römisch-katholischen Kirche. Und so hat sie dreieinhalb Jahre lang an der Fortbildung „Diakonische Leitungsdienste für Frauen in der Kirche" teilgenommen - gemeinsam mit zwölf weiteren Katholikinnen. Zum Abschluss des vom „Netzwerk Diakonat der Frau“ organisierten Kurses haben sie ein Zertifikat bekommen. Dass auch der Essener Weihbischof Ludger Schepers dabei war und in vollem Ornat gemeinsam mit den Leiterinnen seinen Segenswunsch ausgesprochen hat, werten die 13 Frauen als kirchenpolitisches Zeichen. „Ich war schließlich nicht als Privatperson eingeladen, sondern als Bischof“, sagt der Kirchenmann, der dem Netzwerk Diakonat der Frau schon lange verbunden ist. „Ich möchte an ihrer Seite stehen, mitfühlen und mitdenken. Ich möchte meinen Teil dazu beitragen, dass an diesem Missstand etwas geändert wird." Das wird über kurz oder lang passieren, davon ist der Weihbischof überzeugt. „Es ist keine Frage des ob, sondern des wann." Dass die aktuelle Studienkommission des Papstes zur Wiederbelebung des Frauendiakonats bis 2025 grünes Licht geben wird, hält er für sehr wahrscheinlich. Es könne durchaus sein, dass die Entscheidung darüber an die Ortskirchen delegiert werde. Das sei beim Diakonat der Männer nicht anders gewesen. (domradio.de v. 28. 4.)

Dass Frauen nicht geweiht werden können, sei eine „Form von Machtmissbrauch“. Am „Tag der Diakonin“ (29. April) brachten römisch-katholische Frauen ihre Reformforderungen zur Sprache. Der „Tag der Diakonin“ wird in Deutschland am 29. April, dem Gedenktag der Kirchenlehrerin Katharina von Siena (1347-1380), gefeiert. Die Veranstaltung der römisch-katholischen Frauenverbände und des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) in Speyerer Dom hiess dieses Jahr „Tag der Diakonin +plus“ und stand unter dem Motto „Lasst die Fülle zu!“: „Die von Gott geschenkte Fülle an Begabungen und Berufungen von Frauen muss endlich in der römisch-katholischen Kirche anerkannt werden“, sagte Ulrike Göken-Huismann von der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd). „Es ist eine Form des Machtmissbrauchs, wenn nicht-männliche Menschen aufgrund ihres Geschlechts ausgeschlossen bleiben“. Das „Plus“ im Titel weise schmerzlich darauf hin, dass in der römisch-katholischen Kirche bisher nur „Männern ein Plus von sakramentalem Zuspruch“ zuteil werde. Absolventinnen der gerade zu Ende gegangenen umfangreichen Fortbildung „Diakonische Leitungsdienste für Frauen“ waren in Speyer dabei. Die Absolventinnen könnten „nächsten Sonntag zu Diakoninnen geweiht werden, wenn es die Kirche nur zulassen würde“. Es seien „berufene und bestens qualifizierte Frauen“, so die Veranstaltenden. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, sagte schon Ende März, er fände es „wunderbar“, wenn er Frauen zu Diakoninnen weihen könnte. Es verfälsche nicht das Wesen der Kirche, „wenn Frauen in ihr gleichberechtigt mit Männern Leitung, Verantwortung, Entscheidungen wahrnehmen“. (kath.ch u. kna v. 30. 4.)