Innerkirchliche Reformansätze: (Frauen, Zölibat, wiederverheiratet Geschiedene, Moral ..)

Wenn die Liste mit Kandidaten der Nachfolger von Erzbischof Ludwig Schick erstellt werde, sollten außer den Mitgliedern des Domkapitels auch Vertreterinnen und Vertreter der Gläubigen mit am Tisch sitzen, forderte der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) im Erzbistum Bamberg: „Hier und jetzt zeigt sich, wie ernst es dem Klerus mit der Beschränkung der eigenen Macht und der Gewaltenteilung wirklich ist". Der BDKJ pocht auf die Umsetzung der Beschlüsse des deutschen Reformprojekts „Synodaler Weg“. Der Vorstoß sieht vor, dass jedes Bistum ein Gremium mit Laien bildet, das ebensoviele Mitglieder wie das jeweilige Domkapitel zählt. Bisher erstellte in Bayern das Domkapitel allein die Liste der möglichen Nachfolger und der Papst kann frei entscheiden. Ein Veto einlegen kann noch die Bayerische Staatsregierung. Außerhalb von Bayern bekommen die Domkapitel vom Papst eine Dreier-Liste vorgelegt, aus der sie einen Kandidaten auswählen können. Auch hier sollen Vertreterinnen und Vertreter der Gläubigen mitentscheiden. (domradio.de v. 3. 11.)

Der Aachener Bischof Helmut Dieser hat seine Haltung zu Reformen der römisch-katholischen Sexualmoral bekräftigt. Der jetzige Stand der kirchlichen Lehre werde im Bereich der Sexualität des Menschen bestimmten Wirklichkeiten nicht mehr gerecht, sagte er im Gespräch mit der Deutschen Welle: Die Kirche könne homosexuellen Menschen nicht mehr sagen, dass ihr Empfinden unnatürlich sei und sie deshalb enthaltsam leben müssten. Homosexualität sei wissenschaftlich gesehen „keine Panne, keine Krankheit, kein Ausdruck eines Defizits, übrigens auch keine Folge der Erbsünde". Die Schöpfung sei vielfältig. „Und dann darf ich auch im Bereich der Sexualität eine Vielfalt annehmen, die von Gott gewollt ist und nicht gegen den Schöpferwillen verstößt." Auch darüber wolle er beim Ad-limina-Besuch mit dem Papst reden. Er selbst habe aber nicht immer so gedacht, räumte der Bischof ein. „Kirche sagt auch homosexuellen Menschen: Gott nimmt dich an, wir nehmen dich an!" Darin sehe er keinerlei Werteverfall. „Der Synodale Weg ist ja eine Folge der Aufdeckung der Missbrauchsskandale. Und belastbare wissenschaftliche Studien zeigen, dass diese Skandale systemische Ursachen in der Kirche haben". Die Bischöfe wollten dem Papst auch die Papiere vorlegen, die bei der Vollversammlung des Synodalen Wegs eine zu geringe Zustimmung der Bischöfe erhalten hatten. Ziel sei es, den Papst um eine Weiterentwicklung der kirchlichen Lehre zu bitten. Rom müsse auf diese Vorschläge und Anregungen reagieren. „Wir dürfen die Stimme des Volkes Gottes nicht ignorieren.“ (domradio.de v. 8. 10.)

Papst Franziskus hat neuerlich den LGBTQ-Aktivisten und US-Jesuiten James Martin empfangen. In dem Gespräch sei es um „Freuden und Hoffnungen, Kummer und Sorgen" von LGBTQ-Katholiken und -Katholikinnen gegangen, berichtete Martin nach dem Treffen auf Twitter. Die 45-minütige Audienz im Vatikan sei „herzlich, inspirierend und ermutigend" gewesen. Martin setzt sich seit Jahren für die Rechte und Seelsorge von LGBTQ-Gläubigen ein. Im Sommer 2021 hatte Papst Franziskus den Jesuiten zuletzt empfangen und ermutigt, mit seinem seelsorgerischen Engagement für sexuelle Minderheiten fortzufahren. (vn u. kap v. 11. 11.)

Der Kirchenrechtler Helmuth Pree (Universität München) hält mehr Mitwirkung der Ortskirche bei Bischofsernennungen für angebracht. Dazu müsse aber das Kirchenrecht geändert werden, sagte er in einem Interview der Wochenzeitung „Die Tagespost". Die Beschlüsse des deutschen Reformprojekts „Synodaler Weg" reichten dafür nicht aus. Wo es um die Aufstellung von Kandidatenlisten durch Bischöfe und Domkapitel gehe, wie etwa in Bayern, lasse das Kirchenrecht offen, wie diese Meinungen gebildet würden. Er sieht „gewichtige, sachlich begründete Argumente" für eine Modifizierung des Kirchenrechts, um die Beteiligung der Gläubigen an der Bestellung von Bischöfen zu erhöhen. Zahlreiche Zeugnisse der frühen Kirche belegten die Mitwirkung der betroffenen Gemeinden. Schon Papst Leo der Große (440-461) sei der Auffassung gewesen: „Wer allen vorstehen soll, muss auch von allen gewählt werden." (kap v. 11. 11.)

In der römisch-katholischen Kirche sollte es nach Ansicht des Osnabrücker Bischofs Franz-Josef Bode weitere Formen priesterlichen Lebens geben. Überall in der Weltkirche zeige sich die „Notwendigkeit differenzierter Formen, Priestertum und Seelsorge zu leben", sagte er in Osnabrück. Neben Priestern, die zölibatär leben, halte er verheiratete Priester ebenso für sinnvoll wie solche mit einem Zivilberuf. Beim Ad-limina-Besuch in Rom wolle er auch für das Amt einer Diakonin in der Kirche werben. Das jüngst vom Vatikan vorgestellte Arbeitsdokument für die zweite Phase der vom Papst ausgerufenen Weltsynode „sagt klar: Überall weltweit will man einen anderen Umgang zwischen Männern und Frauen in der Kirche“. Papst Franziskus lässt gegenwärtig prüfen, inwiefern es bereits in der Antike ein Diakonenamt für Frauen gab und wie es sich heute wiedererrichten ließe. (kna u. vn v. 13. 11.)

In Südtirol hat die Diözese Bozen-Brixen ein neues Mindestalter von 16 Jahren für das Sakrament der Firmung eingeführt. Am Wochenende firmte Diözesanbischof Ivo Muser die ersten acht Jugendlichen, die den „neuen Firmweg" absolviert haben. (www.p-udo-ja.at v. 20. 11.)

Papst Franziskus beruft die Mailänder Hochschul-Vizerektorin Antonella Sciarrone Alibrandi zur „Untersekretärin" in das Leitungsteam der neuen Vatikanbehörde für Kultur und Bildung. Die 57-jährige Sciarrone ist als Juristin Mitglied zahlreicher Organisationen wie etwa der Europäischen Vereinigung für Bank- und Finanzrecht. Seit 2020 gehört sie dem Aufsichtsrat der vatikanischen Finanzaufsichtsbehörde (ASIF) an. Die neue Behörde für Kultur und Bildung ist in zwei Sektionen unterteilt. Die eine soll sich um den kulturellen Austausch und Erhalt des kulturellen Erbes kümmern. Die Abteilung für Bildung befasst sich mit katholischen Schulen und Hochschulen weltweit sowie mit den Päpstlichen Akademien. (kap u. vn v. 25. 11.)

Die Diözese Chur (Schweiz) will keine Exorzisten mehr anbieten, erklärte Bischof Joseph Maria Bonnemain gegenüber dem Regionalradio SRF: Jeder, der sich in einer schwierigen sozialen, beruflichen oder gesundheitlichen Situation befinde, könne sich in Behandlung begeben: „Es gibt klassische Lösungen: medizinische, psychologische und psychotherapeutische.“ Der Bischof von Chur, der in seinem ersten Beruf Arzt war, ist davon überzeugt, dass es „nicht notwendig ist, mysteriöse Ursachen“ für angebliche Fälle von dämonischer Besessenheit finden zu wollen. Der letzte Exorzist der Diözese Chur, Christoph Casetti, verstarb im Februar 2020. In vielen Diözesen weltweit wird das Amt des Exorzisten für den „großen Exorzismus“ einem Priester übertragen. Karin Iten, Beauftragte für die Prävention von sexuellem Missbrauch, begrüßte gegenüber kath.ch den „klaren Stopp“: „Es ist richtig und wichtig, dass wir als katholische Kirche hier einen klaren Schlussstrich unter dieses äußerst dunkle Kapitel ziehen und dies auch öffentlich tun“. Papst Franziskus bezeichnete allerdings den Einsatz von Exorzisten als unverzichtbar, aber diese müssten „sehr sorgfältig und mit viel Klugheit ausgewählt werden“. Sabine Zgraggen, Leiterin des Seelsorgedienstes für Krankenhäuser und Kliniken, Zürich, meint: Wer behauptet, die Stimme des Teufels zu hören, sollte ernst genommen werden. „Hinter dieser Stimme steckt oft ein anderes Thema: eine Existenzkrise, Identitätsfragen, ein Minderwertigkeitskomplex oder ein Gefühl der Ohnmacht“. (kath.ch u. vn v. 26. 11.)

Die römisch-katholische Kirche in Deutschland ändert ihr Arbeitsrecht und stärkt damit unter anderem die Rechte queerer MitarbeiterInnen. Die Vollversammlung des Verbandes der Diözesen Deutschlands (VDD) beschloss eine entsprechende Änderung. „Explizit wie nie zuvor wird Vielfalt in kirchlichen Einrichtungen als Bereicherung anerkannt", teilte die Deutsche Bischofskonferenz mit. „Alle Mitarbeitenden können unabhängig von ihren konkreten Aufgaben, ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihrem Alter, ihrer Behinderung, ihrem Geschlecht, ihrer sexuellen Identität und ihrer Lebensform Repräsentantinnen und Repräsentanten der unbedingten Liebe Gottes und damit einer den Menschen dienenden Kirche sein." Die einzige Bedingung sei „eine positive Grundhaltung und Offenheit gegenüber der Botschaft des Evangeliums". Bislang konnte es einen den Job kosten, wenn man z. B. sich zu einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft bekennt. Auch eine zweite Heirat nach einer Scheidung konnte zum Problem werden. Die neuen Artikel der Grundordnung gelten für etwa 800.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Kirche. (kap u. vn u. viele Medien v. 27. 11.)