Zur Welt-Bischofsynode über Synodalität der Kirche und zum deutschen „Synodalen Weg“

Der Grazer Pastoraltheologe Rainer Bucher rechnet mit einer nachhaltigen positiven Wirkung des „Synodalen Wegs“ für die Erneuerung der Kirche. Während viele Inhalte des Reformprozesses bereits seit Jahrzehnten diskutiert würden, spreche sich nun erstmals auch ein Teil der Bischöfe offen für Veränderungen aus, schrieb er auf „feinschwarz.net". Diese Entwicklung stelle einen wesentlichen Unterschied zu früheren Reformdialogen dar. „Das Neue des Synodalen Weges liegt nämlich in der Verlegung der diskursiven Frontlinie ins Innere der Bischofskonferenz und damit ins Innere der Machtzone". Die Widersprüche zwischen der Lebenserfahrung der Menschen in einer freiheitlichen Demokratie und der kirchlichen Lehre hätten zu einer tiefen Glaubwürdigkeitskreise geführt. Die Lösungsvorschläge liegen bereits seit 50 Jahren vor, wurden bisher aber von der Bischofskonferenz abgeblockt. Eine reale Erfolgschance des Synodalen Wegs zeige sich schon in der Sitzordnung: „Das ZdK [=Zentralkomitee der deutschen Katholiken] bettet die Bischofskonferenz in sich und in weitere VertreterInnen der organisierten Basis und der wissenschaftlichen Theologie ein. [… Das bringt eine] soziale Erfahrung eines mehr oder weniger gleichstufigen Diskurses". Aus diesem Grund ist Bucher überzeugt, dass es selbst bei einer Ablehnung der Reformversuche durch den Vatikan zu Veränderungen kommen werde. (katholisch.de v 1. 12.)

Mit einer Mehrheit von 92,7 Prozent (!) hat sich die Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) dafür ausgesprochen, die Bischöfe für mehr Synodalität in der Weltkirche in die Pflicht zu nehmen und sich für ein Stimmrecht von Laien bei der Weltsynode einzusetzen: „Das ganze Volk Gottes muss beraten!“ Eine umfassende Partizipation von Frauen und Männern an der Weltsynode 2021-2023 sei unerlässlich. „Wir sind überzeugt: Die Synode wird nur dann glaubwürdig über Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung sprechen können, wenn sie Lebenswirklichkeiten, Kompetenzen, theologische Expertise und Begabungen von Lai*innen in ihre Beratungen auf allen Ebenen einbezieht“, heißt es in dem Beschluss. Die deutschen Bischöfe hätten die Aufgabe, in Rom „endlich Rede- und Stimmrecht für Lai*innen zu fordern“, verlangte die neue Präsidentin des ZdK, Dr. Irme Stetter-Karp. Fünfzig Jahre nach der Würzburger Synode sei die Zeit überreif: „Wir müssen verbindlich die doppelte Zweidrittel-Mehrheit für Reformen bekommen: in der Synodalversammlung und danach auch in der Bischofskonferenz. Es darf keine einzige Verzögerung mehr geben.“ Thomas Söding, Professor für Neues Testament, Vizepräsident des ZdK und Vizepräsident des Synodalen Weges erklärte: „Gemeinsam beraten und gemeinsam entscheiden: Das muss unser Projekt sein. […] Wir sollten Impulse für eine nachhaltige Reform setzen.“ Bereits am 10. September 2021 hatte das ZdK dieses Stimmrecht für Nicht-Priester gefordert. (www.zdk.de v. 7. 12.)

Schwester Dr. Katharina Ganz, Generaloberin der Oberzeller Franziskanerinnen, fordert die Weihe von Frauen. Aus dem Interview mit domradio.de: „Mir ist wichtig, dass unsere Kirche erkennt, dass sie ihre Glaubwürdigkeit komplett verspielt, wenn sie die ‚Frauenfrage‘ nicht als eines der wichtigsten Themen für ihre eigene Zukunftsfähigkeit anerkennt. Ich kenne viele Menschen auch in unseren eigenen Reihen, die es bald nicht mehr aushalten, diesen Spagat zwischen dem, dass wir uns für Menschenwürde, für Menschen am Rand der Gesellschaft, für die Menschenrechte einsetzen und gleichzeitig die Menschenrechte in den eigenen Reihen missachtet werden oder Frauen diskriminiert werden durch die Nichtzulassung zu den Weiheämtern. […] Die Debatten, die wir im Synodalen Weg, wo ich im Frauenforum Beraterin bin, erleben, machen mir Hoffnung. […] Ich erhoffe mir, dass wir zum Beispiel mindestens in Deutschland in Zukunft Diakoninnen weihen werden. Ich erhoffe mir, dass wir Frauen in allen Positionen deutlicher sichtbar werden, wo es auch das bisherige Kirchenrecht ermöglicht. Und ich erhoffe mir, dass wir auf weltweiter Ebene die Weihe von Frauen zu Priesterinnen und Bischöfinnen anstoßen und dass es dort in Rom ernsthaft auf die Agenda gesetzt wird. […] Denn es gab Diakoninnen in der alten Kirche. Auch wenn man sich da jetzt aus historischer Sicht streiten kann, ob das ein gleichberechtigtes Weiheamt war für die Frauen oder eine Segnung. Das sind aus meiner Sicht Spitzfindigkeiten. Wir müssen Antworten finden auf die pastoralen Notwendigkeiten unserer Kirche heute. Da hat sich die Amazonas-Synode ganz klar für die Weihe von Frauen ausgesprochen. Und auch Australien und andere Ortskirchen sehen das ähnlich – und auch in Deutschland wird das Thema noch mal mit großer theologischer Tiefe und auch Gründlichkeit bearbeitet. Ich sehe keinen Grund, warum das abgelehnt werden kann. […] Nur gemeinsam, aber auch durch die Solidarisierung mit Männern, auch geweihten Männern, können wir die Sache voranbringen. Ich freue mich auf das Buch, das jetzt von Schwester Philippa Rath und Burkhard Hose gemeinsam herausgegeben wird in wenigen Monaten, wo sich auch Männer und Kleriker zur Frauenordination positiv äußern. […] Ich sage, wir brauchen die Autorität von Frauen. Wir müssen ihre Kompetenzen, ihre Berufungen, ihre Charismen voll anerkennen, statt darüber zu spekulieren und zu philosophieren, was jetzt das Wesen und die Theologie der Frau ist. Diese Platzanweisung muss beendet werden. [… Viele Initiativen zeigen,] dass Frauen in vielen Ortskirchen, in vielen Ländern aufstehen und sich einsetzen für eine andere Kirche, in der Frauen nicht diskriminiert, sondern gleichberechtigt behandelt werden und selbstverständlich Jesus Christus auch in den Weiheämtern repräsentieren können. […] Wir haben eine jahrhundertelange Tradition demokratischer Strukturen in den Orden in der Kirche. Und daraus schöpfe ich auch Hoffnung und Mut und Zuversicht für die Synodalität, die Papst Franziskus jetzt für die ganze Kirche ausgerufen hat. (domradion.de v. 8. 12.)

Die österreichische Stiftung Pro Oriente und das Institut für Ökumenische Studien der Päpstlichen Universität St. Thomas von Aquin organisieren im Herbst 2022 zwei internationale wissenschaftliche Konferenzen zur Synodalität in den orthodoxen und orientalisch-orthodoxen Kirchen. Die Konferenzen, die als inoffizielle vorsynodale Konsultationen im Rahmen der Weltsynode der römisch-katholischen Kirche zum Thema „Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung“ organisiert werden, finden vom 2. bis 5. bzw. vom 23. bis 26. November 2022 St. Thomas statt. Unter der Schirmherrschaft des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen und des Generalsekretariats der Bischofssynode besteht das Ziel dieser ökumenischen Konferenzen demnach darin, „anderen christlichen Traditionen zuzuhören und von ihren unterschiedlichen Auffassungen und Erfahrungen von Synodalität zu lernen […] Wir dürfen dankbar dafür sein, wie viel uns mit den Schwesterkirchen des Ostens verbindet. In unserer Partnerschaft mit ihnen wollen wir ihre Vielfalt auch als gelebten Reichtum schätzen“, so Pro Oriente-Präsident Alfons M. Kloss. In der Welt von heute sei das gemeinsame christliche Zeugnis mehr denn je gefordert. Kloss erinnerte an den jüngsten Besuch von Papst Franziskus in Zypern und Griechenland. Der Papst hatte bei den Begegnungen mit den Vertretern der Orthodoxie um Unterstützung bei der Weltsynode gebeten. Mit dieser wolle die Kirche die „synodale Dimension“ wiederentdecken. Dabei könnten die Erfahrungen der Orthodoxie hilfreich sein. Damit dieser ökumenische Austausch gelingen kann, wolle die Stiftung Pro Oriente mit diesen beiden Konferenzen ihren Beitrag dazu leisten betonte Kloss. (vn v. 16. 12.)

Fünf Frauen, die bei der Weltsynode mitwirken, haben bei einer Konferenz in Rom über den Beitrag von Frauen gesprochen: Die Synode kann eine neue Form des Miteinander-Kirche-Seins ermöglichen, auf das viele Katholikinnen sehnsüchtig warten. Susan Pascoe, die der Methodik-Kommission der Weltsynode angehört, berichtete von Anstrengungen, im Zug der Synode auf möglichst viele Menschen, namentlich Frauen, zuzugehen. „Wir müssen sicherstellen, dass wir nicht in einer Echokammer sind, sondern eine breite Basis zum Zuhören haben“, sagte sie, die in Australien als Kommissarin für Wohltätigkeitsorganisationen dient. Die irische Ordensfrau Pat Murray – Mitglied der Kommission für Spiritualität – verwies auf die beständig wachsende Zahl von Frauen in kirchlichen Führungspositionen. Es sei wichtig, die Erfahrung von Ordensfrauen in ihrer Arbeit mit Armen, Ausgegrenzten, Geflüchteten und Vernachlässigten zu nutzen. Auch die Untersekretärin der Synode, Nathalie Bequart, verwies auf die Tatsache, dass Frauen in allen globalen Schwierigkeiten die ersten Opfer seien: Arbeitslosigkeit, Kriege, Armut oder Klimawandel. Der Kirchenrechtlerin Myriam Wijlens zufolge hat sich seither ein neues Verständnis vom Kirche-Sein herausgebildet: „Wir haben nicht mehr das Kirchenbild top down – Jesus, Petrus, die Bischöfe, die Priester und dann die Gläubigen, sondern die Kirche ist eine Begegnung zwischen Gott und seinen Kindern“, so die vom Papst zur Synoden-Konsultorin ernannte Niederländerin, die in Erfurt Kirchenrecht lehrt. Frauen sind eine „treibende Kraft hinter der Synode“, sagte die in Burkina Faso lehrende und aus dem Senegal stammende Ordensfrau Beatrice Fay, Mitglied in der Theologie-Kommission der Weltsynode. Dass die Kirche heute mehr denn je Frauen zuhören müsse, fühle sie in Afrika „ganz stark“. Ihr Anliegen sei es, die Erfolgsgeschichten synodaler Erfahrungen in Afrika einzubringen. Frauen dächten „in Synodalität“ von der Verschiedenheit der Charismen her, sie dächten an einen neuen Führungsstil und hätten die Vorstellung der „umgekehrten Pyramide“. Sie dächten freilich auch an Umstrittenes wie Frauen in Weiheämtern, Auch Schwester Pat Murray bekräftigte die Offenheit der Synode für sämtliche Anliegen, die an die römisch-katholische Kirche herangetragen werden. „Wir müssen zulassen, dass alle Themen gehört werden, etwa auch das der Frauenordination“. So habe der Erzbischof von Brisbane Mark Coleridge eine „Neubewertung aller Rollen in der Kirche“ befürwortet. Man dazu aufgerufen, „auch die Minderheitenstimmen“ zu hören, sagte Schwester Nathalie Becquart. Zu hören seien aber eben auch die Schwierigkeiten vieler anderer mit der Frage einer eventuellen Zulassung von Frauen in Weiheämter. Chefredakteur Antonio Spadaro sagte eingangs der Veranstaltung „Women in Synodality“, Frauen forderten in der Kirche „zu Recht Respekt und Reziprozität“. (vn v. 16. 12.)

Eine Frauen-Delegation aus Deutschland und der Schweiz war vor Kurzem im Vatikan, um sich über die Mitbestimmung der Frau in der Kirche auszutauschen. Es ging konkret um die Rolle und Stimme der Frau in der Weltsynode 2023 zur Synodalität. Franziska Zen Ruffinen und Helena Jeppesen-Spuhler aus der Schweiz gehören dem „Catholic Womens Council“ (CWC) an, einem weltweiten Netzwerk großer Frauenverbände aus allen Kontinenten. Sie besuchten unter anderem das Sekretariat der Bischofssynode in Rom. Zen Ruffinen, die auch Mitglied im Frauenrat der Schweizer Bischofskonferenz ist, sagte gegenüber Radio Vatikan: „Die Pläne des CWC sollen unbedingt Teil des synodalen Prozesses der Weltsynode sein“. Frau Jeppesen-Spuhler betont, dass sie „eigentlich auch ganz den Vorgaben des Synodenbüros“ entsprächen, wo steht, „es können Laienverbände und sogar Einzelpersonen Anliegen und Projekte in die Weltsynode einbringen.“ Das sei auch das, was nun bei den Gesprächen mit dem Sekretariat der Bischofssynode besprochen wurde, wo die Frauendelegation von der Untersekretärin der Bischofssynode, Sr. Natalie Becquart und vom Kommunikationsbeauftragten Thierry Bonaventura empfangen wurde. „Wir verstehen uns als Unterstützerinnen der Synode 2023“, betont Zen Ruffinen. „Es gibt viele verschiedene Frauengruppierungen, die sich für verschiedene Anliegen der Frauen in der katholischen Kirche einsetzen. Dem CWC geht es darum, sich für eine volle Partizipation der Frauen in der Kirche einzusetzen“. Auf lokaler Ebene hätten beispielsweise die Schweizer Bischöfe einen Brief des Schweizerischen Katholischen Frauenbundes (SBK) und des Frauenrates der SBK auf ihren Ad-Limina Besuch mit nach Rom genommen. (vn v. 14. 12.)

Der Limburger Bischof Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, sieht seine Kirche in einem Dilemma und fordert eine „radikale Umkehr“. Weder könne das Alte einfach fortgeschrieben werden, noch komplett in Neuem aufgehen, schrieb er in einem Gastbeitrag der evangelischen Zeitschrift „zeitzeichen“: „Umkehr - vielleicht ist das sogar für uns Bischöfe besonders schwer“, so Bätzing und verweist auf den Missbrauchsskandal: „Wir haben Autorität und Glaubwürdigkeit verloren, aus eigenem Verschulden. Der Skandal sexualisierter Gewalt in unserer Kirche und ihrer Vertuschung ist neben all der Schuld, die wir auf uns geladen haben, ein Ruf zur Umkehr an die Kirche selbst.“ Der Blick auf die Nöte von Betroffenen und das erlittene Leid müssten „zum Ausgangspunkt für eine schonungslose Analyse der Realität und der Strukturen werden, in denen Missbrauch überhaupt erst möglich war“. Wenn die Kirche nicht für die Menschen da sei, werde sie in der Gesellschaft immer weniger ernst genommen. Mit Blick auf den Reformprozess der römisch-katholischen Kirche in Deutschland sagte er, es gebe in der Weltkirche angesichts des Synodalen Weges „offenbar die Sorge, wir könnten hinsteuern auf eine in sich geschlossene Nationalkirche“, so Bätzing. „Ich kenne unter den Beteiligten am Synodalen Weg niemanden, der das will“, so der Bischof. Die Angst vor einem Schisma nennt er „ein Phantom, das aufgebaut wird, um den Prozess der Umkehr, den wir hierzulande wagen, zu diskreditieren.“ (kna, zeitzeichen u. vn v. 23. 12.)