Innerkirchliche Reformansätze (Frauen, Zölibat, wiederverheiratet Geschiedene, Moral ..) sowie zum weltweiten „Synodalen Prozess“ und auch zum „Synodalen Rat“

In Würzburg diskutierten Theologinnen und Theologen über die Zukunft der Kirche. Thema war „Synode als Chance“. Der Bochumer römisch-katholische Pastoraltheologe Matthias Sellmann hält es für geboten, das Bischofsamt in der Kirche neu zu denken: „Flehentlich geäusserte Bitten an Bischöfe, die dann grosszügig gewährt werden, das kann nicht das Bischofsamt des 21. Jahrhunderts sein“. Allein schon am Tonfall mancher Beiträge sei deutlich geworden, dass Bischöfe und Laien sich noch nicht auf Augenhöhe begegnet seien. Der Würzburger Fundamentaltheologe Matthias Reményi sagte, Synodalität sei „vielleicht die einzige Chance“, dass Kirche noch eine Zukunft habe. Von aussen betrachtet, sei die römisch-katholische Kirche eine absolutistische Monarchie. Theologisch seien Bischofs- und Papstamt aber anders gedacht. Synodalität dürfe aber nicht so gestaltet werden, dass Beteiligung nur simuliert werde. Die aus Puerto Rico zugeschaltete Ordensfrau und Theologin Birgit Weiler sagte, im Amazonasgebiet verfügten viele Ortskirchen über langjährige praktische Erfahrung mit Synodalität. Es könne aber nicht sein, dass dies ins Belieben des jeweiligen Pfarrers oder Bischofs gestellt sei. „Synodale Strukturen müssen verpflichtend sein für alle“, sagte Weiler und forderte Änderungen im Kirchenrecht. (kna u. kath.ch v. 3. 6.)

Katholikinnen und Katholiken im Kanton Zürich sind aufgerufen, am 18. Juni einer neuen Kirchenordnung zuzustimmen. Diese bringt erstmals ein klares Bekenntnis zur Gleichberechtigung. Der oberste Kirchenparlamentarier, Felix Caduff, dazu: „Sie sorgt für mehr Gleichberechtigung, mehr Nachhaltigkeit, mehr Autonomie, Flexibilität und Gleichbehandlung bei den Kirchgemeinden und Synodalen. […] unabhängig von Zivilstand und Lebensform.“ Bisher musste z. B. zwingend ein Priester oder Diakon das pastorale Seelsorgekapitel im Synodalrat vertreten – also in der Exekutive der Zürcher Kantonalkirche. Jetzt kann dieses Amt auch eine Frau oder ein nicht-geweihter Mann übernehmen. Voraussetzung für die Aufgabe ist nurmehr eine bischöfliche Beauftragung für die Seelsorgetätigkeit, also eine „missio canonica“. Auch die Autonomie der Kirchgemeinden wurde gestärkt. (kath.ch v. 3. 6.)

Die römisch-katholische Pfarrei Sankt Bonifatius in Frankfurt am Main bietet schon jetzt Segensfeiern für homosexuelle Paare an. Laut Pfarrer Werner Otto gebe es schon seit längerer Zeit gute Erfahrungen mit Segensfeiern. Unter der Überschrift „Ein Segen für jede Liebe" heißt es auf der Homepage der Pfarrei: „Wir laden wiederverheiratete und gleichgeschlechtliche Paare ein, ihre Ehe in der Kirche feierlich segnen zu lassen." Gemäß einem Beschluss des „Synodalen Weges“ sollen jetzt Formate für die Segensfeiern entwickelt werden, so dass diese überall in Deutschland gefeiert werden können. Der Limburger Bischof und Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, hatte Ende Mai gesagt, dass er Segensfeiern für gleichgeschlechtliche und geschiedene Paare unterstützt. (domradio.de v. 7. 6.)

Der Augsburger Bischof Bertram Meier hat sich gegen Ausgrenzungen bei der Kommunion gewandt. „In den Diskussionen um Diversität und sexuelle Orientierung greifen wir zu kurz, wenn wir im Hinblick auf den Empfang der Kommunion darüber befinden wollen, wer hinzutreten darf und wer nicht. […Daher] verweigern wir keinem die Kommunion, der darum bittet. [… Wir müssen] die Bunkermentalität verlassen und sich öffnen. […] Schwingen wir uns nicht zum Richter über andere auf. Wir sind keine Türsteher vor dem Festsaal der Eucharistie, wir sind Hochzeitslader für das Mahl, das der Herr allen bereitet, die ehrlich danach hungern.“ (kna u. kath.ch v. 8. 6.)

Papst Franziskus erweitert mit der Weltsynode die traditionellen Wesensmerkmale der Kirche. Das hat die in Dresden lehrende österreichische Theologin Prof. Andrea Riedl bei einem Vortrag in Salzburg unterstrichen. Darin legte Riedl die vielfältigen Chancen dar, die der aktuelle Synodale Prozess für Theologie und Kirche mit sich bringt. Sie referierte auf Einladung der Salzburger PRO ORIENTE-Sektion zum Thema „Schlaglichter auf die Synodalität der Kirche“. Mit dem weltweiten Synodalen Prozess sei auf Initiative von Papst Franziskus den vier traditionellen „notae ecclesiae“ (Wesensmerkmale der Kirche) - Einheit, Heiligkeit, Apostolizität und Katholizität - gewissermaßen eine fünfte nota hinzugefügt worden: das ekklesiologische Leitprinzip der Synodalität. Wenn man die Wesensmerkmale der Kirche als „einzulösende Ideale“ versteht, so könne gerade die Ökumene als wichtige Triebfeder dafür dienen, „dass nicht nur die Einheit der Kirche, sondern auch alle anderen Wesensmerkmale nach Kräften einzulösen sind“. Bemerkenswert sei die kirchengeschichtliche Erkenntnis, dass die Vierzahl der traditionellen „notae ecclesiae“ gelegentlich je nach Erfordernis von Zeit und Theologie ergänzt wurde: Die Gregorianische Reform habe etwa die „libertas ecclesiae“, die Freiheit der Kirche von weltlichem Einfluss, verkündet und gefördert. Martin Luther habe die vier „notae“ kritisiert und mit einer Ekklesiologie der Reformation überschrieben, auf die wiederum Robert Bellarmin einige Jahrzehnte später mit seinen insgesamt 15 gegenreformatorischen „notae“ reagierte. Daher seien die „notae ecclesiae“ keine „feststehende Größe, […] sondern waren (und sind) gebunden an das jeweilige Kirchen- und Glaubensverständnis.“ Andrea Riedl ist seit 2020 Fachbereichsleiterin für Kirchengeschichte an der Technischen Universität Dresden und Beraterin der Ökumene-Kommission der Deutschen Bischofskonferenz. (vn v. 19. 6.)

Das vatikanische Arbeitspapier zur Weltsynode entspricht den Erfahrungen, die man bei kirchlichen Reformdebatten in Deutschland und in anderen Ländern und Kontinenten gemacht habe. Das erklärten die Bischöfe Georg Bätzing (Limburg), Bertram Meier (Augsburg) und Franz-Josef Overbeck (Essen) in Bonn. Sie warben dafür, bei der Weltsynode nicht nur über Synodalität zu reden, sondern auch über Inhalte. Im „Instrumentum Laboris“ gebe es einen Reichtum an verschiedenen Verstehens- und Herangehensweisen sowie unterschiedliche Diskussionsstände und ortskirchliche Besonderheiten. „Aber es gibt auch eine Vielzahl von Fragestellungen, Anliegen und Problemen, die in nahezu allen Ortskirchen auf je eigene Weise geteilt werden." Auch wenn die Synode Wert darauf lege, sich mit dem „Wie" von Synodalität zu befassen, sollten die weltweit aufkommenden Themen und Fragen keinesfalls aus dem Blick geraten, betonen Bätzing, Meier und Overbeck. Beispielhaft nennen sie eine stärkere Beteiligung der Frauen, Überlegungen zur Zukunft des Priesterberufs oder eine Weiterentwicklung der Sexuallehre. „Diese Themen sind drängend und können von einer synodalen Kirche nicht mehr sehr lange aufgeschoben werden." Bei der Weltsynode haben erstmals auch nicht geweihte Katholikinnen und Katholiken Stimmrecht, das bisher nur Bischöfen und Ordensoberen vorbehalten war. (kna u. vn v. 21. 6.)

Im Rahmen der Welt-Bischofssynode im Oktober in Rom muss darüber gesprochen werden, „wie der Glaube gelebt werden kann, damit er für die Menschen der Welt von heute verständlich ist“. Alle Fragen müssten auf den Tisch kommen, kein Thema ausgeschlossen und alle Stimmen gehört werden. Diese Erwartungen hat jetzt Frère Alois (Löser), der Prior der Gemeinschaft von Taizé, im Interview mit der Kirchzeitung der Diözese Graz-Seckau geäußert. Ferner sei es wichtig, sich weiterhin von den Schätzen der orthodoxen Kirchen bereichern zu lassen. Papst Franziskus hat die ökumenische Gemeinschaft von Taizé eingeladen, unmittelbar vor Beginn der Synode ein Treffen von Jugendlichen in Rom und ein ökumenisches Abendgebet auf dem Petersplatz zu organisieren. Dieses wird unter dem Motto „Together -Gathering of God's People” am 30. September stattfinden. „Es freut uns natürlich sehr, dass auch dem Papst der ökumenische Aspekt des Treffens so sehr am Herzen liegt“. Bei der Frage nach der Synodalität der Kirche geht es für Frère Alois auch um die Strukturen in den Kirchen und um die Frage, wie Verantwortung geteilt werden kann. „Wie kann die theologische Tatsache, dass alle Getauften die Gemeinschaft der Kirche mittragen, im Leben der Kirche und in ihren Strukturen Ausdruck finden?“, so der Prior. Taizé, ein Dorf in Burgund, ist seit Jahrzehnten ein Treffpunkt für Tausende Jugendliche aus aller Welt. (kap u. vn v. 23. 6.)

„Synodalität und Primat im zweiten Jahrtausend und heute“: Zu diesem Thema haben römisch-katholische und orthodoxe Theologen Anfang Juni ein Grundlagenpapier verabschiedet. Die Professorin Theresia Hainthaler gehört der „Internationalen Kommission für den Theologischen Dialog zwischen der Römisch-katholischen Kirche und der Orthodoxen Kirche“ an und wertet das als „sehr wichtigen Schritt“. Das Dokument biete einen Durchgang durch die Kirchengeschichte, fokussiert auf Synodalität und Primat, so Hainthaler gegenüber der Stiftung „pro oriente“. Dabei würden viele „Hintergründe der Entwicklung klar“, und das trage hoffentlich „zum gegenseitigen Verständnis“ bei. Die Dialogkommission hält in dem Konsensdokument fest, dass die Kirche weder als Pyramide verstanden werden könne, in der ein Primas von der Spitze aus regiert, noch als eine Föderation autarker Kirchen. Die historische Untersuchung der Synodalität und des Primats im zweiten Jahrtausend habe gezeigt, „dass beide Ansichten unangemessen sind“. Ebenso sei klar geworden, dass für römisch-katholische Christinnen und Christen Synodalität nicht ausschließlich im Sinne von Beratung zu verstehen sei, und für Orthodoxe der Primat mehr sei als nur ein Ehrentitel. Synodalität und Primat müssten aus theologischer Sicht als „miteinander verbundene, komplementäre und untrennbare Wirklichkeiten“ gesehen werden. Hainthaler bedauerte auch, dass die Kirchen von Antiochien, Moskau, Serbien und Bulgarien keine Vertreter nach Alexandria entsandt hatten. Nach dem Thema Synodalität und Primat werde sich die Kommission nun dem Dokument „Towards Christian Unity“ zuwenden. Das Dokument dazu liege in einer umfassenden Erstfassung schon seit 2018 vor. Darin würden die Früchte gesammelt, die der ökumenische Dialog bisher vorzuweisen hat, die noch offenen Fragen benannt, die der Einheit entgegenstehen, sowie Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt. Der Koordinationsausschuss werde 2024 diesen Entwurf der Vollversammlung vorlegen. Dieser offizielle katholisch-orthodoxe Dialog begann 1980. Inklusive Alexandria haben bisher 15 Vollversammlungen stattgefunden, die je 30 römisch-katholische und orthodoxe Mitglieder hat. Den Vorsitz teilen sich Kardinal Kurt Koch, Präfekt des Dikasteriums zur Förderung der Einheit der Christen, und Metropolit Job (Getcha) von Pisidien vom Ökumenischen Patriarchat. Sieben Konsensdokumente konnten bisher veröffentlicht werden. (vn v. 23. 6.)

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) fordert mehr Mitbestimmung von Laien in kirchlichen Finanzfragen. „Das Entscheidungsmonopol der Bischöfe über die Kirchensteuer muss beendet werden. Bischöfe haben die Machtkarte ausgespielt. Daraus müssen Konsequenzen gezogen werden“, heißt es in einem in Berlin verabschiedeten Beschluss des ZdK-Hauptausschusses. Das Gremium reagierte damit auf eine Entscheidung von vier Bischöfen, die vorgesehenen Mittel für den geplanten „Synodalen Ausschuss“ nicht freizugeben. Dieser soll den Reformprozess fortführen. Die vier Bischöfe sind: Gregor Maria Hanke (Eichstätt), Stefan Oster (Passau), Rudolf Voderholzer (Regensburg) und Kardinal Rainer Maria Woelki (Köln). Die Präsidentin des ZdK, Irme Stetter-Karp, erklärte: Das „kann uns von Reformen nicht abhalten.“ Der Reformprozess soll über einen Zwischenschritt („Synodaler Ausschuss“) 2026 in einen dauerhaften „Synodalen Rat“ münden. In diesem Gremium sollen Bischöfe und Laien gemeinsam beraten und entscheiden. Der Vatikan hat Vorbehalte gegenüber der Einrichtung eines „Synodalen Rates“ angemeldet. (kna u. vn v. 24. 6.)

Der Wiener Dogmatiker Jan-Heiner Tück wirbt für eine Öffnung der Priesterweihe für verheiratete Männer. „Für Regionen, die besonders drastisch vom Priestermangel betroffen sind, könnte die Öffnung für verheiratete Männer ein Segen sein“, wenn es sich dabei um Männer handle, „die sich in Ehe, Familie und Beruf bereits bewährt haben, pastoral sensibel und theologisch gebildet sind“. Die Ehelosigkeit sei kein Dogma, sondern eine rechtliche Vorschrift der Kirche, die der Paps ändern könnte, schreibt Tück in einem Gastbeitrag für das Portal katholisch.de. Papst Franziskus habe zuletzt selbst auf die Möglichkeit einer Aufhebung des Pflichtzölibats hingewiesen. Dass er diese jedoch bislang nicht umsetzen wolle, führt der Dogmatiker auch auf ein psychologisches Motiv zurück: „Für einen optionalen Zölibat einzutreten hiesse, nachträglich einzuräumen, dass die Zölibatsfrage doch nicht so entscheidend für die Berufung zum Priestertum sein kann.“ Tück warnte davor, dass durch den zunehmenden Priestermangel die bereits Geweihten immer grössere Gemeinden versorgen und mehr Pflichten ausführen müssten. „Das führt zu Überforderung, Frustration und Vereinsamung, mitunter auch zu Alkoholismus und Pornographie-Konsum.“ Zudem ziehe die zölibatäre Lebensform eher Priesteramtskandidaten an, „die eigenwillig und unreif wirken, auch wenn kausale Zusammenhänge zwischen Zölibat und sexuellem Missbrauch wissenschaftlich nicht erwiesen sind“. (kath.ch v. 25. 6.)

Im Bistum Münster sollen Laien mehr Mitbestimmung erhalten. Für Frank Möllmann, Moderator des Münsteraner Diözesanrats, ist klar, dass es ein Konfliktmanagement geben muss. Hier Auszüge seines Interviews über den geplanten „Synodalen Rat“: „Vom Grundsatz her ist die Idee aus dem ‚Synodalen Weg‘ entstanden. Da wird ja auch auf nationaler Ebene in einem Synodalen Ausschuss beraten und konzipiert, wie so ein Synodaler Rat aussehen könnte, der die Bischofskonferenz berät und mitentscheidet. Es ist die Empfehlung an alle Bistümer ergangen, das auch auf diözesaner Ebene so einzurichten. Unser Diözesankomitee im Bistum Münster hat diese Anregung relativ schnell aufgenommen und formuliert, wie es sich das vorstellen könnte. […] Aus Sicht des Vatikans oder der entsprechenden Stellen dort, ist es immer schwierig, wenn die Entscheidungsgewalt der Bischöfe oder im Zweifelsfall des Papstes, beschnitten wird. Wenn etwa ein Synodaler Rat den Bischof mehrheitlich überstimmen könnte und sich so mit seiner Entscheidung über den Bischof stellen kann, hat der Vatikan Schwierigkeiten damit. Da gilt es genau zu schauen. Wie kann ein Synodaler Rat so funktionieren, dass die Autorität des Bischofs nicht untergraben wird, er aber gleichzeitig mit dem Bischof zusammen die Entscheidungen trifft und so eine Beteiligung der Laien an diesen Entscheidungen möglich wird? […] Es muss eindeutig ein Konfliktmanagement in den Überlegungen zum Synodalen Rat implementiert sein. Sonst kann es nicht funktionieren. […] Ich kann gut verstehen, dass man ungern einen Flickenteppich von verschiedenen Regelungen in den einzelnen Diözesen in Deutschland haben möchte. Aber es wäre mein Wunsch, dass wir jemanden hätten, der da mit gutem Mut vorangeht und versucht, auch auf der Ebene der Bischofskonferenz die anderen [noch vier ablehnenden (P. W.)] Bischöfe mitzuziehen.“ (domradio.de v. 26. 6.)

In der Würzburger Marienkapelle ist an die Opfer der Gewalttat in der Würzburger Innenstadt vor zwei Jahren gedacht worden. Am 25. Juni 2021 hatte ein mit einem Messer bewaffneter Mann drei Frauen getötet und viele weitere Menschen verletzt. Die Gedenkfeier organisierten das römisch-katholische und evangelische Dekanat. Der Gottesdienst begann mit einem fünfminütigen Gedenken, zu dem die Glocken der Marienkapelle läuteten. Dieser Tag sei für viele Menschen in Würzburg erfüllt mit großer Trauer, sagte Pfarrerin Angelika Wagner von der Gemeinschaft Sant' Egidio in ihrer Ansprache. „Für jene, die einen lieben Menschen verloren haben. […] Wir können diese Trauer nicht nehmen, wir wollen und werden aber auch nicht zulassen, dass die Trauer missbraucht wird für Propaganda, für die Errichtung neuer Gräben und für faschistische Hassreden.” (kap u. vn v. 26. 6.)

Die vatikanische Verweigerung des „Nihil Obstat" zur Wahl des Brixner Moraltheologen Martin Lintner zum neuen Dekan der Brixner Philosophisch-Theologischen Hochschule zieht weite Proteste nach sich: So veröffentlichten die Lehrenden der Hochschule eine Erklärung, in der sie die Entscheidung des Dikasteriums für Kultur und Bildung als nicht nachvollziehbar und intransparent zurückwiesen. Immerhin hatte Bischof Ivo Muser als Magnus Cancellarius der Hochschule die Wahl Lintners gutgeheißen: „Wir können die Entscheidung nicht nachvollziehen und bedauern, dass uns die Gründe nicht transparent kommuniziert wurden". Weitaus schärfer fällt die Kritik dreier Fachvereinigungen aus: So erklärten die Internationale Vereinigung für Moraltheologie und Sozialethik, die Arbeitsgemeinschaft Moraltheologie und die Arbeitsgemeinschaft Christliche Sozialethik gemeinsam, dass die Entscheidung der Vatikanbehörde fachlich nicht nachvollziehbar sei und man darin nichts anderes als eine „kuriale Machtdemonstration" sehe. Lintner habe fraglos „Verdienste als Vermittler zwischen wissenschaftlichem Diskurs, konkreten Lebenserfahrungen und gesellschaftlichen Debatten, zwischen Theologie und kirchlicher Lehre, Tradition und notwendiger Innovation", Zudem widerspreche das Dikasterium mit seiner Entscheidung der eigenen Lehre in Form der Apostolischen Konstitution „Veritatis gaudium" über die kirchlichen Universitäten und Fakultäten von 2017. Das Vorgehen der Vatikanbehörde missachte die Freiheit der Wissenschaft und beschädige einmal mehr massiv das Ansehen der Theologie im Gesamt der Wissenschaften. Unter den Unterzeichnern ist auch der Linzer Moraltheologe Prof. Michael Rosenberger. Lintner ist Priester und Mitglied des Servitenordens. (kap v. 28. 6.)

Der emeritierte Tübinger Dogmatiker Bernd Jochen Hilberath, früherer Leiter des Instituts für Ökumenische Theologie, setzt sich im Interview mit der KNA für die Weiterentwicklung der Gemeinden ein: „Mich belastet, dass theologische Argumente bei den kirchlich Mächtigen bis heute letztlich nicht zählen. Zu den aktuellen Reizthemen gibt es seit Jahrzehnten Argumente zuhauf, aber es heißt immer wieder: Wir müssen noch mal schauen, wir müssen Rücksicht auf die Weltkirche nehmen. […] Der Widerstand gegen Aufklärung und Französische Revolution und die Zuspitzung der Wahrheits- und Rechtskonzeption, wonach letztlich allein der Papst entscheidet, was wahr und Gesetz ist, belasten bis heute. Wir Dogmenhistoriker würden uns freuen, wenn es das Erste Vatikanische Konzil nie gegeben hätte. […] Kirchenrechtler sagen, die im Recht festgehaltene Lehre sei der Maßstab. Dogmatiker sagen, die Lehre muss weiterentwickelt werden, das Recht hat dem Leben zu folgen. Die Tradition zeigt, dass es einen großen Spielraum gab und gibt, die Lehre fortzuschreiben. […] Die Zukunft der Kirche liegt in den Gemeinden, die sich selbstständig entwickeln und im Sinne Jesu lebendig ihren Weg gehen. Ansonsten entwickelt sich die Kirche zum Folkloreverein mit Fürstin Gloria von Thurn und Taxis zur Pflege irgendwelcher Traditionen. Theologisch bearbeitet werden muss die Frage von Macht und Glaube, von Demokratie und Kirchenverfassung. Die innerkirchliche Abwehr von Demokratie beruht auf einem Zerrbild. (kna u. domradio.de v. 29. 6.)

Im Bestreben um die Stärkung von Frauen in der römisch-katholischen Kirche bleibt weiterhin viel zu tun. „Geschlechtergerechtigkeit braucht weiterhin viel an Einsatz", so das Leitungsteam der Katholischen Frauenbewegung in Österreich (kfbö) rund um die Vorsitzende der Frauenbewegung Angelika Ritter-Grepl in einer Aussendung. Die Österreichische Bischofskonferenz hat die Wiederwahl des Leitungsteams bestätigt: Angelika Ritter-Grepl als Vorsitzende sowie Anna Raab und Lydia Lieskonig als Stellvertretende Vorsitzende. Der Mehrerauer Abt Vinzenz Wohlwend und Barbara Velik-Frank werden weiter als Geistliche Assistenten der Frauenbewegung fungieren. Geschlechtergerechtigkeit und Gleichstellung der Frauen in Gesellschaft und Kirche bleiben laut Ritter-Grepl weiterhin eines der Hauptanliegen der kfbö. Die Einbeziehung der kfb in den Synodalen Prozess bis hinein in die Mitarbeit im nationalen Synodenteam garantiere „die Berücksichtigung unserer Anliegen von Gleichstellung und Gleichberechtigung nicht nur in der Kirche Österreichs, sondern auch in der Weltkirche". Weiter Themen waren u. a. das Engagement von ehrenamtlichen Laien, die gerechte Verteilung der Care-Arbeit und die hohe Zahl von Femiziden. (kap v. 30. 6.)

Der Wiener Dogmatiker Prof. Jan-Heiner Tück tritt für den Frauendiakonat ein: Wichtig wäre es, den Papst mit Nachdruck zu bitten, das Amt des Diakonats für Frauen zu öffnen. Ein solcher Vorstoß wäre „umso sinnvoller", als Papst Franziskus 2020 eine Kommission zur Prüfung des Diakonats eingesetzt hatte und ja auch bereits die Ämter von Lektoren und Kommunionhelfern offiziell für Frauen geöffnet hat. „Seine entschiedene Unentschiedenheit in Sachen Frauendiakonat müsste er überdenken, wenn die Bischöfe mit einem klaren Votum an ihn heranträten. […] Eine solche Öffnung wäre nicht nur ein Signal für die Stellung der Frau in der Kirche. Sie würde auch das Sensorium für die sakramentale Dimension der Kirche schärfen. (kap v. 30. 6.)

Die Beteiligung von Frauen in der Kirche ist nach Ansicht der Präsidentin des Katholischen Deutschen Frauenbundes, Maria Flachsbarth, eine der zentralen Zukunftsfragen der römisch-katholischen Kirche. „Es gibt unzählige Frauen in den Gemeinden und Orden, die der christlichen Botschaft ein Gesicht geben, die aber von der Kirche strukturell diskriminiert werden, indem sie von vielen Aufgaben und Ämtern nur aufgrund ihres Frauseins ausgeschlossen sind", sagte sie dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Die Menschen treten aus der Kirche aus, weil sie die große Diskrepanz zwischen dem sehen, was Jesus Christus als Lehre verkündet hat, und dem, wie diese Lehre heute zum Teil gelebt wird". Der Reformprozess „Synodaler Weg“ habe viele Reformanliegen diskutiert, und auch Beschlüsse gefasst - mit Zwei-Drittel-Mehrheit der Bischöfe. Nun sehe es so aus, als würde der Reformprozess, der Synodalität in Deutschland dauerhaft etablieren soll, durch das Veto von vier konservativen Bischöfen aufgehalten. „Daran sieht man, wie überholt dieses hierarchische System in der katholischen Kirche ist", sagte sie. Es könne nicht sein, dass sich vier Bischöfe nicht an Zwei-Drittel-Mehrheiten, die nach intensivem Zuhören, Beraten und Beten entstanden seien, gebunden fühlten und alles torpedierten. „Wir werden immer und immer wieder diese Reformen einfordern - aus dem Geist des Evangeliums. Die unverletzliche Würde eines jeden Menschen, Männern wie Frauen, binärer wie nicht-binärer Menschen, das werden wir einfordern", sagte sie. (domradio.de v. 30. 6.)

Für die Wahl eines neuen Osnabrücker Bischofs haben sich die neun Domkapitulare des Bistums mit neun Nicht-Klerikern über mögliche Kandidaten beraten. Auf dieser Grundlage wird das Domkapitel, ein Priestergremium der Bischofskirche, eine Vorschlagsliste nach Rom senden. Damit ist die erste Phase des mehrteiligen Wahlvorgangs abgeschlossen. Der langjährige Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode war im März zurückgetreten. Mit der Einbeziehung von Laien in das Wahlverfahren folgt das Bistum einem neuen Modell, das im Herbst im benachbarten Erzbistum Paderborn entwickelt wurde. Hintergrund ist ein Beschluss des Reformprojektes „Synodaler Weg“, nach dem außer den für die Bischofswahl zuständigen Domkapitularen auch weitere Personen am Verfahren beteiligt werden sollen. Beim letzten Zusammentreffen wurden die Vorschläge aller Beteiligten vorgestellt und einander abgewogen. Die Kandidatenvorschläge, die das Domkapitel über den Papst-Botschafter in Berlin, Erzbischof Nikola, nach Rom schickt, sowie weitere Listen von Bischöfen werden im Vatikan gesichtet. Die Kirchenleitung in Rom erstellt dann selbst eine Dreierliste. Aus dieser wählt das Domkapitel den neuen Bischof. (domradio.de v. 30. 6.)