Innerkirchliche Reformansätze: (Frauen, Zölibat, wiederverheiratet Geschiedene, Moral ..)

Der Münsteraner Bischof Felix Genn hat die Katholisch Integrierte Gemeinde (KIG) in seinem Bistum abgeschafft. Auch die Bischöfe vom München, Paderborn und Augsburg haben die umstrittene Gruppe in ihren Diözesen aufgelöst. Vor rund zwei Jahren hatte Kardinal Reinhard Marx den Schritt für seine Erzdiözese München und Freising bekanntgegeben, nachdem Prüfer Erkenntnisse über schwerwiegende Missstände gewonnen hatten. Ehemalige Mitglieder schilderten geistliche Manipulationen in einem System psychischer und finanzieller Abhängigkeit. Es habe überzogene Gehorsamsforderungen, undurchsichtiges wirtschaftliches Handeln, kompromisslose Ausgrenzung von Kritikern sowie eine „unkontrollierte Machtausübung im Namen des Heiligen Geistes" gegeben. Die KIG wies dies als „böswillige Verleumdung" zurück. (domradio.de v. 4. 19.)

Ganz im Zeichen eines personellen und auch programmatischen Neuaufbruchs ist der Semesterstart an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien (KTFW) gestanden: Die Religionspädagogin Andrea Lehner-Hartmann ist seit 1. Oktober neue Dekanin der KTFW. Ziel des neuen Leitungsteams sei eine „Profilschärfung“ und eine stärkere „Öffnung der Fakultät“, kündigte sie gegenüber Kathpress an. Die Fakultät sei „interdisziplinär orientiert“ und auch interkonfessionell sowie religionswissenschaftlich „stark aufgestellt“, dies „gelte es weiter zu stärken“. Die Komplexität der heutigen Themen verlange eine verstärkte Zusammenarbeit „auch über die Fakultätsgrenzen hinweg“, zeigte sich die Dekanin überzeugt. Derzeit studieren an der KTFW rund 1.000 Studierende aus mehr als 30 Ländern. (kap v. 4. 10.)

Der frühere Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz und emeritierte Freiburger Erzbischof, Robert Zollitsch, hat sich für „gravierende Fehler" seines Umgangs mit Missbrauchsfällen entschuldigt. Er wendet sich auf seiner Homepage in einem neunminütigen Video direkt an die Betroffenen: Er argumentiert, er sei als Verantwortlicher stets eingebunden gewesen in ein „System, das im Umgang mit sexualisierter Gewalt von einer gewachsenen und einvernehmlich getragenen Kultur des Schweigens und der Verschwiegenheit nach außen, des Korpsgeistes und des Selbstschutzes" geprägt gewesen sei. Er übernehme die persönliche und moralische Verantwortung. Das Erzbistum wurde von der Veröffentlichung überrascht. Der Betroffenenbeirat im Erzbistum Freiburg erklärte, es müsse sich jetzt zeigen, ob Zollitsch die ausgedrückte Reue ernst meine. Jetzt müsse er sich dafür engagieren, dass die Aufarbeitung schneller vorankomme. Bemerkenswert nannte Matthias Katsch von der Betroffenen-Organisation „Eckiger Tisch" das Video. Die klare persönliche Übernahme von Verantwortung sei bei kirchlichen Amtsträgern selten. Zollitsch war von 2008 bis 2014 Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. (www.sueddeutsche.de, vn u. v. Medien v. 6. 10.)

„Pure Angstmacherei“ ortet in den „Salzburger Nachrichten“ die Generaloberin der Oberzeller Franziskanerinnen Sr. Katharina Ganz in der „Aufregung“ um mehr Demokratie in der römisch-katholischen Kirche. „Natürlich wird immer wieder gesagt, die Kirche sei keine Demokratie. Sie muss aber demokratiefähig werden. […] Wenn die Kirche in unserem Kulturkreis keine echte Beteiligung und Mitbestimmung herstellt, marginalisiert sie sich immer mehr. […] Die Menschen sind gewohnt, dass sie aktiv mitbestimmen können. Es zählen das bessere Argument und die bessere Einsicht. Eine rein machtbasierte Basta-Politik aufgrund der Weihegewalt wird dem nicht gerecht.“ Aktuell werde so getan, als ob die hierarchische Verfassung „unauflöslich in die DNA der katholischen Kirche eingeschrieben“ sei. Hier gelte es jedoch Evangelium und Kirchengeschichte auseinanderzuhalten. „Die Hierarchie ist eine historisch gewachsene Größe. Die muss man hinterfragen dürfen.“ Sie selbst sei als Generaloberin letztverantwortlich für ihre franziskanische Gemeinschaft. „Aber in unseren Kapiteln fassen die Schwestern gemeinsam Beschlüsse, die ich dann umzusetzen habe.“ Alles, was jetzt bei Synodalen Prozessen und den Beratungen von Laien und Bischöfen in der Kirche geschehe, sei „Frucht des Zweiten Vatikanums, die jetzt wirksam wird. […] Wir sind mit Papst Franziskus dabei, dem Zweiten Vatikanum zum Durchbruch zu verhelfen.“ Ein nächstes Konzil, das auch Themen wie Frauenweihe, Pflichtzölibat oder Sexualmoral auf weltkirchlicher Ebene behandeln könnte, sieht Ganz „in den nächsten 10 bis 20 Jahren“ - und zwar „mit einer spürbaren Beteiligung von Laien“. (kap u. vn v. 9. 10.)

LaientheologInnen erhalten in der Diözese Rottenburg-Stuttgart die Erlaubnis zum Taufen. Den Anstoß dazu gab ein Frauenforum, das vom Diözesanrat im April 2021 organisiert worden war. Im Frühherbst 2023 finden dann in Gottesdiensten die Beauftragungen durch die Diözesanleitung statt. Grundlage der Neuregelung ist ein Dekret von Bischof Gebhard Fürst. Als Bischof hat er vom Kirchenrecht her die Möglichkeit, die Taufhandlung auch an Menschen zu übertragen, die nicht das Weiheamt innehaben, erläuterte Weihbischof Matthäus Karrer. (www.sueddeutsche.de v. 13. 10.)

Papst Franziskus hat in einer Videobotschaft an die asiatischen Bischofskonferenzen für mehr Respekt gegenüber einzelnen Kirchen geworben. Besonderen Fokus legte er dabei auf die Kirche in Asien: „Lassen Sie die Laien ihre Taufe und ihre Rolle als Laien wahrnehmen und respektieren Sie die Einzigartigkeit der einzelnen Kirchen", sagte er in einer Videobotschaft an die Föderation der Asiatischen Bischofskonferenzen (FABC). Die Kirche sei universell, indem sie die Besonderheiten der einzelnen Kirchen respektiere. Der Papst lobte die Rolle von Regionalkonferenzen: Es sei wichtig, dass es regelmäßige Treffen gebe. Die Grundfrage laute dabei: Was sagt der Geist den Kirchen in Asien? Bereits bei ihrer Gründung sei die FABC dazu aufgerufen gewesen, „die Kirche der Armen, die Kirche der jungen Menschen und eine Kirche im Dialog mit asiatischen Mitbürgern anderer Glaubensrichtungen zu sein", so der Papst. Die FABC ist ein Zusammenschluss von zwei Dutzend Bischofskonferenzen in Süd-, Südost-, Ost- und Zentralasien. Präsident ist seit 2019 Kardinal Charles Bo, Erzbischof von Yangon (Myanmar). Dort befindet sich auch der FABC-Hauptsitz. (vn v. 12. 10; domradio.de v. 13. 10.)

Der Trierer Bischof Stephan Ackermann hat sich klar für eine Änderung der kirchlichen Sexualmoral in Bezug auf queere Menschen ausgesprochen. Sie müssten von Anfang an als schöpfungsgewollt in der Kirche mit dazugehören. „Das ist ein Zeichen der Zeit, wo man sagen muss, da muss sich Theologie entsprechend verändern", sagte er bei einer SWR-Podiumsdiskussion. Es dürfe nicht sein, dass sich Menschen als „Schadensfall der Schöpfung" empfänden. „Da braucht es eine klare Veränderung". Zuletzt hatten sich die Bischöfe von Aachen und Mainz, Helmut Dieser und Peter Kohlgraf, ähnlich geäußert. „Homosexualität ist keine Panne Gottes, sondern gottgewollt im selben Maß wie die Schöpfung selbst", erklärte Dieser. Kohlgraf betonte: „Niemand ist ein Schadensfall der Schöpfung, alle sind geliebt, Gott hat sie alle so gewollt." Ackermann würdigte den beim Reformprozess „Synodaler Weg“ diskutierten Grundlagentext zur Sexualmoral als sehr gutes Papier. „Ich bin der Überzeugung, dass es Reformen geben wird". Die römisch-katholische Kirche habe in der Vergangenheit bereits gezeigt, dass sie reformierbar sei - allerdings leider auch „zum Preis von Spaltungen. Da würde ich hoffen, dass uns das nicht wieder geschieht." Reform brauche wohl einen längeren Atem. (domradio.de v. 13. 10.)